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Ich fahre nach langer Pause fort, indem ich ein Detail aufgreife, in der Absicht aber, den Kontext auszuweiten. In der 60. Notiz hatte ich noch weiter die Senkung des Grundeinkommens erörtert, die erforderlich wird, wenn die Gesellschaft einmal über weniger Arbeitskraft verfügt, als sie für den von ihr selbst gewählten Produktionsweg benötigt. „Damit sie vermieden werden kann,“ schrieb ich, „wird sie denen angekündigt, die betroffen wären.“ Ich wiederhole jetzt nicht meine hierzu schon angestellten Überlegungen, versuche aber auch nicht, die Probleme zu lösen, die der Satz aufwirft, sondern benenne sie nur. Dass die Gesellschaft, die sich ein Grundeinkommen zahlt, aus prinzipiell Arbeitswilligen besteht und dass beides: Grundeinkommen und Arbeitswilligkeit, in ein und demselben „Gesellschaftsvertrag“ deklariert wird, ist die Grundvoraussetzung. Wir haben auch gesehen, eine etwa nötig werdende Senkung hätte keinen Bestrafungscharakter, sondern würde nur aufs Zutagetreten eines Engpasses reagieren. Fraglich ist aber, wen sie überhaupt betreffen soll.
Alle oder nur diejenigen, die in der vom Engpass heimgesuchten Branche arbeiten könnten? Nehmen wir an, letzteres. Denen also, die für die Arbeit qualifiziert wären, wird angekündigt, dass ihr Grundeinkommen gesenkt werden müsste, wenn nicht einige von ihnen die Arbeit aufnähmen, zu einem bereits erhöhten Lohn übrigens, der sie locken soll. Damit es keine Bestrafung ist, müsste es Tatsache und ganz durchsichtig sein, dass wenn nicht das Grundeinkommen nur dieser Betroffenen, dann der Fonds, aus dem die Gesellschaft das Grundeinkommen an alle zahlt, verkleinert werden müsste. Die Betroffenen hätten sich dann zu entscheiden, ob sie die Arbeit aufnehmen oder sich mit weniger Grundeinkommen begnügen wollen; es würde ja nicht unter ein vorausgesetztes Minimum fallen.
Eine solche Regelung wäre nicht denkbar, wo es sich um Arbeit für das Lebensnotwendige handelt. Wenn eine Gesellschaft nicht motiviert wäre, das Notwendige zu tun, könnte sie sich auch bei größtem Reichtum kein Grundeinkommen auszahlen. Aber auch wenn sie motiviert ist, wovon wir hier ausgehen, bleiben Probleme. Ob lebensnotwendig oder nicht, die Gesellschaft w ä h l t , sie ist stets frei, sich für das eine gegen das andere zu entscheiden. Was wählt sie? Entweder eine Variante von Notwendigem, zum Beispiel eine Art, die Mobilität zu organisieren. Oder einen Produktweg, der auch unterbleiben könnte, zum Beispiel Aufbauhilfe in Afrika. Es mag nun der Fall eintreten, dass die Gesellschaft mehrheitlich Aufbauhilfe beschließt, gerade diejenigen aber, die sie leisten müssten, in der Wahl überstimmt wurden. Ebenso kann man sich vorstellen, dass die Gesellschaft für mehr Schienen- als Autoverkehr stimmt, diejenigen aber, die bis dahin Autos gebaut haben, sich nicht zur Produktion von Schienenverkehr umschulen lassen wollen. Diese Fälle gehören deshalb in unsere Betrachtung, weil die Gesellschaft, die mit den Produzenten oder gegen sie stimmt, sich aus Produzenten und Nichtproduzenten – Grundeinkommens-Beziehern – zusammensetzt.
Man wird sagen, die in der Auto-Branche Beschäftigten müssen sich dem gesellschaftlichen Votum beugen. Zweifellos müssen sie das. Aber man kann sich nicht das Bild machen, sie seien die Lakaien der Wahl. Sie sind weder Bestechliche, denen alles egal ist, wenn nur der Lohn erhöht wird, noch bloße Befehlsempfänger. Sie sind die wichtigsten Wähler; denn an ihnen hängt es, ob und wie die Wahl umgesetzt wird. Würde die Wahl nicht umgesetzt, könnte es die anderen Wähler, die Grundeinkommens-Bezieher gar nicht geben. Die Beschäftigten haben daher auf eine herausgehobene Gestaltungsrolle Anspruch. Erst recht ist das so, wenn die Gesellschaft Dinge wählt, die über die Reproduktion des Notwendigen hinausgehen. Da kann sie nicht den möglichen Produzenten die Kürzung des Grundeinkommens ankündigen, sondern muss ihnen für den Fall, dass sie nicht mittun wollen, ein Vetorecht gegen die Wahl einräumen.
Diese Überlegung zeigt einfach, dass es unmöglich ist, sich eine Gesellschaft mit Grundeinkommen kohärent vorzustellen, wenn wir nicht auch an die Ausarbeitung neuer Regeln für die Arbeitswelt denken. Ja, man wird neben der Vergesellschaftung, die darin liegt, dass alle Individuen an der Wahl des Produktwegs beteiligt sind, eine weitere speziell für die Arbeitswelt einführen, vielleicht eine Art Rätesystem, in der die Arbeitenden ihre Sicht auf Produktionsbelange zur Geltung bringen. Wenn es so ein System gibt, braucht nicht abgewartet zu werden, ob die Wahl der Gesellschaft umgesetzt wird oder am Widerstand der Ausführenden scheitert, sondern deren Stimme wird schon vor der Wahl gehört, sie zeigt, was möglich ist und was nicht. Die Gesellschaft kann ja nicht das Beliebige wählen, sondern nur das Mögliche. Es gibt neben unmöglichen Rohstoffe auch unmögliche Arbeitsmotivationen (sei’s zeitweise oder dauerhaft).
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Nehmen wir an, ein solcher Rat der Produzenten sei eingerichtet und er habe die gesellschaftliche Wahl nicht bestritten oder modifiziert, sondern sich zueigen gemacht. Doch es fehlten Arbeitskräfte. Nicht genug Grundeinkommens-Bezieher meldeten sich zur Arbeitsaufnahme. Jetzt also erst wird es nötig, diesen möglichen Produzenten die mögliche Senkung des Grundeinkommens anzukündigen. Das setzt natürlich voraus, dass man sie kennt. Die Qualifikationen aller Individuen müssten öffentlich bekannt sein. Ist auch das ein Problem? Heißt es den gläsernen Bürger verlangen? Ich meine nein.
Von den Unternehmen und Unternehmern habe ich schon ausgeführt, dass sie in allem, was sie ökonomisch tun, dem Glasnost-Prinzip unterstellt sind, weil Ökonomie keine Intimsphäre ist, vielmehr ein Dienst der Gesellschaft an sich selber, der die Außenseite von Lebensentwürfen (oder -geworfenheiten in der vorhandenen Gesellschaft) betrifft. U n t e r d e r V o r a u s s e t z u n g , dass die Ökonomie der Unternehmen öffentlich ist, kann und soll es dann auch der Beitrag der Einzelnen zu ihr sein, der tatsächliche und der mögliche. Er ist ja nicht schwer zu erfassen, da es sich nur darum handelt, die Ausbildungszertifikate zu registrieren und gesamtgesellschaftlich zu bündeln. Aber es geht nicht nur darum, eine Qualifikation notfalls abzurufen, die irgendwann erworben wurde, sondern sie muss zum Abrufzeitpunkt das nötige Niveau haben. Da dieses sich steigert, heißt das, die Qualifizierten, die über längere Zeit nur vom Grundeinkommen leben, müssen sich derweil weitergebildet haben.
Ich denke, sie werden die Weiterbildung w o l l e n . Dies führt zur nächsten Kontext-Ausweitung – der Frage, was überhaupt zur Annahme von Arbeitsaufträgen motiviert. Denn ich halte gerade das Qualifiziertsein für ein besonders starkes Motiv.
Häufig wird Arbeitsmotivation mit Max Weber auf ein protestantisches, näher calvinistisches Schuldbewusstsein zurückgeführt: Man arbeitet, um sich nicht sündig fühlen zu müssen, sei’s Gott oder der Gesellschaft gegenüber. Das heißt, man erbringt L e i s t u n g e n , die das aufwiegen sollen, was man verschuldet hat. Diese These ist in den letzten Jahren mit Recht relativiert worden: Es gibt immer mehr Menschen, die keinen andern Zusammenhang herstellen als den, dass sie desto mehr konsumieren können, je mehr sie verdienen. Anfangen müssen wir aber damit, den Leistungsbegriff selber zu differenzieren. Man erbringt Leistungen nicht nur aus Angst wegen einer Schuld, sondern auch aus Freude. Sehr allgemein ausgedrückt wäre das die Freude, seine Kraft entfalten zu können. Nietzsche hätte gesagt, das sei überhaupt die denkbar größte Freude. In unserm Zusammenhang hieße es eben konkret, man hat eine Qualifikation und will sie auch zeigen. Die Kritische Psychologie (Klaus Holzkamp, Ute Osterkamp) spricht hier von „Funktionslust“. Die „Funktionslust“ geht selten so weit, dass die von ihr Ergriffenen einen Widerspruch darin sehen, für ihre Leistung überhaupt eine Gegenleistung zu erhalten, doch selbst solche Fälle soll es gegeben haben. Der Apostel Paulus hat von sich behauptet, er fühle sich zu seiner Tätigkeit als herumreisender Prediger innerlich gedrängt und das sei der Grund, weshalb er von den aufgesuchten Gemeinden nicht, wie heute ein Pastor, entlohnt werden wolle. In der Anderen Gesellschaft müsste diese Einstellung verbreitet sein. Denn es würden viele arbeiten, nur um überhaupt ihre Qualifikation auszuleben; dass sie dafür auch Geld erhalten, wäre weniger wichtig als heute, weil sie das Grundeinkommen auch ohne Arbeit hätten.
Ein weiterer zur Arbeit motivierender Faktor ist bekanntlich der Wunsch, im gesellschaftlichen Zusammenhang erlebbar verankert und so auch, wie man sagt, „anerkannt“ zu sein. Auch hier ist eine Differenzierung wichtig: Die gesellschaftliche Teilhabe qua Mitarbeit kann passiven oder aktiven Charakter haben. Passiv nenne ich sie, wenn sie sich darin erschöpft, nur überhaupt die Freude des Mitarbeitendürfens zu erleben. Aktiv, wenn sie sich auch auf Teilhabe an der Beschlussfassung darüber, was erarbeitet werden soll, erstreckt. Viele Autoren versichern uns, dass der passive Teilhabewunsch in der vorhandenen Gesellschaft sehr stark sei. Sie glauben deshalb, dass „die Arbeitsgesellschaft“ unbedingt erhalten bleiben müsse. Die Andere Gesellschaft ist jedoch keine „Arbeitsgesellschaft“, obwohl in ihr natürlich hinreichend gearbeitet werden muss. Sie ist ja auch keine „Schlafgesellschaft“, obwohl in ihr geschlafen werden muss. Die Arbeit definiert sie nicht, sondern ist nur Mittel zu Zwecken. Dass schon allein das Mittel „Funktionslust“ verschafft, ändert daran nichts. Denn noch größer als die Lust der Mittel wird die Lust der Zwecke sein. Der a k t i v e gesellschaftliche Teilhabewunsch wird dominieren: Viele werden deshalb gern arbeiten, weil sie den Arbeitszweck selbst (mit)bestimmt haben.
Das führt zum letzten und wichtigsten Motivationsfaktor, dem Interesse daran, dass “ g u t e “ Produkte erarbeitet werden. Denn wer den Arbeitszweck bestimmt, wird bezwecken, was nach seinem Urteil gut ist. Es ist die Schwäche und, wie ich sagen möchte, der Skandal aller Theorien, die die vorhandene Arbeitsgesellschaft als Arbeitsgesellschaft verteidigen, dass ihre vermeintliche Arbeitsethik an der Frage vorbei sieht, mit welchem Recht bestimmte Produkte überhaupt produziert werden. Ob Autos oder Kindergärten, Blumensträuße oder Kanonenboote – Hauptsache, es wird gearbeitet! In Wahrheit ist „Arbeit“ kein Wert an sich. Sie ist ebenso widerlich, wie sie grandios ist. Arbeiter, die Atomwaffen mitbauen müssen, sind einem widerlichen Zwang unterworfen. Grandios ist die Arbeit, die für Kindergärten sorgt. Diese Überlegung läuft wieder darauf hinaus, dass die Gesellschaft, die aus prinzipiell Arbeitswilligen besteht, die Arbeitszwecke, also die für „gut“ gehaltenen Arbeitsprodukte selbst wählen können muss.
In der Anderen Gesellschaft gibt es nur zwei Situationen, in denen man auch dann mitarbeitet, wenn man die „Güte“ der Arbeit nicht einsieht: erstens die Situation des Kindes, das der Schulpflicht unterliegt. Es muss akzeptieren, dass es Notwendigkeiten gibt, die wenn nicht von ihm selbst, dann von der Gesellschaft eingesehen werden. Zweitens die Situation derer, die in der gesellschaftlichen Wahl der einzuschlagenden Produktwege sich nicht durchsetzen konnten. Sie sind in der Minderheit und haben dennoch Gründe, finanzielle vielleicht, an einer Arbeit mitzutun, die sie nicht für gut halten. Sie wissen aber, die Gesellschaft hält sie für gut, und können jederzeit für die Veränderung der Mehrheitsverhältnisse kämpfen. Eine dritte Situation gibt es noch, in der man trotz innerer Distanz mitarbeitet, diesmal aber nicht, obwohl man die Arbeits“güte“ nicht einsieht, sondern w e i l man sie einsieht. Das wäre der Fall der Reinigung öffentlicher Toiletten. Wahrscheinlich wird niemand finden, das sei eine tolle Arbeit, aber es ist zweifellos eine „gute“ Arbeit, was ich von der Ingenieurskunst nicht sagen würde, die am Bau des Atom-U-Boots mittut. Zu einer unangenehmen, aber „guten“ Arbeit ist man nicht nur deshalb motiviert, weil sie Geld einbringt, sondern weil man eben weiß, dass sie „gut“ ist.
Ebenso wichtig ist der vierte Fall, mit dem wir erneut zum Thema zurückkehren: dass eine Minderheit n i c h t mitarbeitet, vielmehr sich mit dem Grundeinkommen bescheidet, weil sie die gewählte Arbeit n i c h t „gut“ findet. Diese Option vermissen wir in der vorhandenen Gesellschaft. Sie ist ein Argument für die Andere Gesellschaft. Wir können argumentieren: Eine Gesellschaft mit Grundeinkommen werde gebraucht, w e i l dieses als Stützpunkt und Gewähr der gesellschaftlichen Durchsetzung „guter“ statt beliebiger oder gar böser Arbeit funktioniere.
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Wir haben gesehen, das Grundeinkommen als Projekt der ganzen Gesellschaft stünde im Schnittpunkt zweier Vergesellschaftungsmethoden: der Wahl des Produktionswegs der Gesellschaft durch alle Individuen einerseits, dem Gestaltungs-, teilweise auch Vetorecht derer, die die Produktion ausführen, andererseits. Ich will zuletzt noch zeigen, dass das Grundeinkommen nicht nur im Schnittpunkt von Vergesellschaftungsmethoden steht, sondern schon selbst eine ist.
Dem nähern wir uns, wenn wir den Verdacht entkräften, es solle die vorhandenen Sozialsysteme ersetzen. Das soll es nicht. Es wird dem Individuum gezahlt, ist aber nicht dazu da, das Individuum zu atomisieren. Wir unterstellen zwar, dass Individuen in der Anderen Gesellschaft „solidarische Individualisten“ sind. Damit unterstellen wir aber nicht das Umgekehrte: eine bloß individualistische Solidarität, praktiziert von fallweisen barmherzigen Samaritern. Wir folgern im Gegenteil, dass wer solidarisch ist, Solidar s t r u k t u r e n will. Strukturen gibt es übrigens immer. Wenn man keine neuen schafft, unterliegt man den alten vorhandenen. Dass schon der n i c h t s o l i d a r i s c h e Individualist einem Bündel von Strukturen unterliegt, hat Marx gezeigt: Das Kapital fördert einen Individualismus, der sich frei wähnt, tatsächlich aber gezwungen ist, in der Konkurrenz zu funktionieren und den unendlichen Gewinn zu erstreben. Während diese Strukturen planlos zustande gekommen und in Geltung getreten sind, gibt sich der s o l i d a r i s c h e Individualismus der Anderen Gesellschaft seine Strukturen selber.
Beeindruckende Beiträge zum Thema Solidarstrukturen haben André Gorz und die AG linksnetz geliefert. Sie sind darin einig, gesellschaftliche Solidarstrukturen von Staatsstrukturen zu unterscheiden. Der „Sozialstaat“ ist gewiss eine Errungenschaft, für deren Erhalt wir kämpfen, solange es keine bessere Alternative gibt. Die wird aber gebraucht, weil „Sozialstaat“ Top-down-Bürokratie heißt und Entmündigung einschließt. Die Alternative besteht nicht darin, dass alles, was heute vom Sozialstaat verwaltet wird, nun dem atomisierten Individuum aufgehalst würde. Vielmehr nimmt die Gesellschaft ihre soziale Versorgung weitestgehend in die eigene Hand. Das bedeutet vor allem, soziale Versorgung wird als kommunale Selbstverwaltung organisiert. Die AG linksnetz hat für Gesundheit und Bildung Modelle ausgearbeitet. Was Gesundheit angeht, schlägt sie die „Errichtung […] eines regional/kommunal dezentralisierten Systems von Gesundheitszentren“ vor, „die nicht nur die Aufgabe der medizinischen Versorgung und Pflege, sondern auch von Sozialstationen übernehmen“. Selbstverwaltung heißt Beteiligung „auch der aktuellen und potentiellen Patienten“. Zur Bildung schreibt sie: „Bildung als Infrastruktur würde heißen, die Vereinbarkeit möglichst aller biographischen Verläufe mit der Partizipation an Bildungseinrichtungen sicherzustellen.“
Das Grundeinkommen ist für die AG nichts weiter als eine „Ergänzung zum Ausbau der sozialen Infrastruktur“. Diese, die „Sozialstationen“ der Gesundheit und Bildung, wird nämlich umsonst zur Verfügung gestellt. Für die AG heißt das, sie unterliegt nicht der Logik des Warentauschs. Das zur sozialen Teilhabe befähigte Individuum braucht aber auch Waren. Beim Grundeinkommen, lesen wir, geht es um „die unverzichtbare individuelle Wahlfreiheit beim Konsum“, die sich am besten in der Warenform bewegt, auch in der Anderen Gesellschaft, weil diese, wie wir sahen, noch immer eine Mangelgesellschaft ist.
Ich halte es zwar für einen Trugschluss, wenn die AG meint, Sozialstationen, die kostenlos zur Verfügung gestellt werden, seien damit schon der Warenlogik enthoben. Wenn sie überhaupt errichtet werden, kostet das doch etwas, es wird aus Steuergeldern bezahlt und diese entstammen der Ware-Geld-Beziehung. Wichtig ist aber, dass die AG gezeigt hat, wie man Sozialkosten auf zwei Pole verteilen kann: Teils werden Sozialstationen, teils Grundeinkommen finanziert. So einfach ist das. Je breiter, heißt es deshalb auch, die sonstigen Infrastrukturen ausgebaut sind, „desto weniger Geld wird für das Grundeinkommen gebraucht“.
Dass das Grundeinkommen auch selbst eine soziale Infrastruktur ist, eine „Vergesellschaftungsmethode“ nach meiner obigen Formulierung, hat Gorz verdeutlicht. Wer nämlich ein Grundeinkommen erhält, kann angstfrei spontan produktiv sein. Gorz unterstreicht, dass solche Produktivität Orte braucht, die die Gesellschaft zur Verfügung stellen muss – Orte, an denen sich Assoziationen der Grundeinkommens-Bezieher betätigen können. Die Gesellschaft stellt nicht nur Sozialstationen und Geld für den Warenkauf zur Verfügung, sondern auch diese Orte. Überhaupt leistet sie Hilfe zur spontanen Produktivität, wozu das Obige gehört, dass sie die Weiterbildung organisiert, aber auch, dass sie den Zusammenschluss zu Assoziationen fördert oder erleichtert.
Ich beschließe damit das Kapitel „Grundeinkommen“. Mit der nächsten Notiz betreten wir die Welt der Arbeit.