(62) Entprivatisierung

3. Die Freiheit der fungierenden Arbeiter / Vierter Teil – Vor der Erörterung von Proportionswahlen: Zugehörige neue, nicht mehr kapitalistische ökonomische Institutionen

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Mit dieser Notiz betreten wir die Welt der Arbeit. Wir tun das, nachdem wir uns im ersten Kapitel mit Bedingungen ihrer Möglichkeit befasst haben. In zwei Perspektiven haben wir sie erörtert, ausführlich der individuellen, andeutend nur, aber wie ich hoffe deutlich, der gesellschaftlichen.

Es ist nämlich so: In gesellschaftlicher Perspektive  m u s s  gearbeitet werden, wenn auch mit zunehmender Produktivität der Arbeit immer weniger. Aber das ist kein totaler Zwang, denn die Gesellschaft kann wählen, ob dies erarbeitet werden soll oder das. Da wir unterstellen, dass es keine Arbeit mehr gibt, die man nur deshalb leistet, weil irgendeiner Profitmaximierungslogik, Kapitallogik gefolgt werden müsste – Kapital gibt es ja gar nicht mehr -, hat die wählende Gesellschaft sich keine andere Frage vorzulegen als die, was ihr  a l s  “ g u t e “  A r b e i t  g i l t , Arbeit mit „gutem“ Nutzen und Ziel, im übrigen auch unter guten Durchführungsbedingungen. Sie wählt hierzu nicht „unter den möglichen Arbeiten aus“, sondern unter den möglichen „guten“ Arbeiten.

In individueller Perspektive haben wir betont, dass  n i c h t  gearbeitet werden muss. Auch wer nicht arbeitet, kann von einem nicht ganz kleinen Grundeinkommen würdig leben. Ich habe aber auch unterstrichen, dass dies Nichtarbeitenmüssen zugleich und vor allem ein  A r b e i t e n k ö n n e n  ist. Das Individuum hat ja Gründe, arbeiten zu  w o l l e n  – und zwar gut arbeiten, das heißt unter guten Bedingungen für einen „guten“ Nutzen -, zum Beispiel den, dass es qualifiziert ist und seine Qualifikation einbringen und ausleben will. Da es, wenn es nicht schon sowieso arbeitet, Grundeinkommens-Bezieher ist,  k a n n  es sich die  “ g u t e “  Arbeit aussuchen, statt wie heute in vielen Fällen gezwungen zu sein, die „erstbeste“, also eine schlechte Arbeit anzunehmen.

Die vorhandene Gesellschaft legitimiert sich durch den Schein, die Bedingung der Möglichkeit gesellschaftlicher Arbeit liege darin, dass sie Zwang auf die Individuen ausübt – jenen stummen Zwang der Verhältnisse, der uns wie Schlachtvieh auf den Arbeitsmarkt treibt, wo wir dann noch froh sind, nicht unsere Haut, sondern nur die Arbeitskraft verkaufen zu müssen. Ohne Zwang, so scheint es ideologisch, würde niemand oder würden zu wenige arbeiten. Immerhin: Selbst so ist anerkannt, dass der wirklichen Arbeit die Bedingung ihrer Möglichkeit vorausgeht. Kapitalapologeten gefallen sich nun eben in der Paradoxie, das, was möglich mache, sei der Zwang! Wir setzen dagegen, dass Möglichkeit ein anderes Wort für  W a h l f r e i h e i t  ist und diese die Konstitution einer Arbeitswelt, in der  w i r k l i c h  “ g u t “  gearbeitet wird, viel besser ermöglicht.

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Mit der Fundierung von Arbeit durch gesellschaftliche wie individuelle Wahlfreiheit haben wir einen Teil dessen, was Kapitallogik konstituiert, bereits durchkreuzt. Denn wie ich früher ausführlich erörtert habe, ist Kapitallogik insgesamt zwanghaft, sie ist „der Zwang, alles zu tun, was möglich ist“ (so die Überschrift der 26. Notiz).

Aber nur einen Teil haben wir durchkreuzt, die subjektive Seite und auch von ihr nur einen Teil. Nicht die objektive, von ihr noch gar nichts. Denn jetzt erst untersuchen wir, was ein nichtkapitalistisches, vielmehr „vergesellschaftetes“  U n t e r n e h m e n  wäre.

Dabei fassen wir „Vergesellschaftung“ im Sinn der früheren Klärungen auf. Eine Gesellschaft, die sich als Assoziation freier Individuen sieht, wird, wenn sie „vergesellschaftet“, nicht die individuelle Freiheit und damit sich selbst aufheben. Vergesellschaftung heißt nicht Ent i n d i v i d u i e r u n g , sondern Ent p r i v a t i s i e r u n g . Es geht nur genau um diese. Ein „vergesellschaftetes“ Unternehmen ist ganz einfach eines, das entprivatisiert ist, was, wenn wir dem Wortsinn folgen, bedeutet, dass es sich  n i c h t  a b s o n d e r t , vielmehr seinen gesellschaftlichen Part spielt; weil das schon alles ist, was wir verlangen dürfen, ist im übrigen klar, dass es seinen Part  i n  F r e i h e i t  spielt. Es muss sich nicht als Marionette eines gesellschaftlichen Plans verhalten. Es weiß nur eben, was die Gesellschaft von ihm erwartet, und wird der Erwartung gerecht. Abgesehen davon bewegt es sich in Freiräumen.

Das ist ein Postulat; ob wir es auch füllen können, muss sich nun herausstellen.

Wir knüpfen wieder an vorliegende Literatur an, die „fortschrittlich“ erscheint in der von uns herausgearbeiteten Perspektive. Das ist diesmal das Werk Ota Siks, des Reformers und führenden Ökonomen im Prager Frühling, der, als die Panzer der Warschauer Pakt-Staaten einfielen, in den Westen fliehen musste und dort sein Hauptwerk schrieb: Humane Wirtschaftsdemokratie. Ein Dritter Weg, Hamburg 1979. Ich greife an dieser Stelle nur  e i n e n  Thesenkomplex heraus – später noch einen zweiten -, es ist der, den Sik unter den unpassenden Begriff „neutralisiertes Kapital“ stellt. Die Sozialistische Partei der Schweiz erinnerte sich seiner im letzten Jahr. Dass sie ihn in ihr Parteiprogramm schrieb, fiel sogar der FAZ auf und veranlasste sie zu einem kleinen bösartigen Kommentar. Was hätte sie erst geschrieben, wenn er auch im „Programmentwurf“ der deutschen Linkspartei stünde.

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Der Ausdruck „neutralisiertes Kapital“ ist deshalb unpassend, weil, was Sik so bezeichnet, gar kein Kapital mehr ist; alle spezifischen Kapitalmerkmale fehlen. Da ist nichts, was sich von Ausbeutung nährt, da ist auch keine Strategie, den „unendlichen Mehrwert“ zu erlangen. Vielleicht will Sik es selbst sagen, denn „neutralisiertes Kapital“ könnte so aufgefasst werden, wie man von einem „neutralisierten“, also ausgeschalteten Feind spricht, der dann als solcher nicht mehr mitspielt. Ich bin mir indes nicht sicher. Vordergründig führt Sik den Begriff nur ein, um ein Unternehmen zu definieren, das zwar den dort beschäftigten Arbeitern gehört, aber dennoch keine Genossenschaft ist.

Er unterscheidet: Das Eigentum einer Genossenschaft gehört in der Weise allen Genossen, dass jeder seinen Anteil hat und ihn auch beim Ausscheiden behält, er ihm dann also ausgezahlt werden muss. Dies „Recht, das Kapital unter sich aufzuteilen“, steht der von Sik so genannten „Mitarbeitergesellschaft“  n i c h t  zu: Sie „bildet nur die Interessenbasis für eine rechtlich (statuarisch) bestimmte Verwaltung des Kapitals durch ein gewähltes Gremium“ (Humane Wirtschaftsdemokratie, S. 404).

Sik will eine neue Eigentumsform einführen. Die Arbeiter sollen wissen, dass sie die Eigentümer sind, zugleich aber soll das Eigentum ökonomisch gut funktionieren und das heißt vor allem, es soll bewahrt werden. Auch soll der „spekulative Firmenwechsel“ ausgeschlossen sein, der in einer genossenschaftlich organisierten Gesellschaft einreißen könnte, wenn ein Arbeiter weiß, dass eine andere Firma mehr „Kapital“ hat als die, in der er noch wirkt, und er also, wenn er wechseln und dort ausscheiden würde, mehr ausgezahlt bekäme, als wenn er bleibt und hier ausscheidet. Davon aber, dass die Arbeiter sich als Eigentümer wissen, verspricht sich Sik eine bessere Arbeitsmotivation. „Durch die Neutralisierung des Kapitals wurde eine Form gefunden, die eine Kapitalentfremdung der Lohnempfänger zu überwinden vermag und dennoch nicht mit der erforderlichen Mobilität der Arbeitskräfte in Konflikt kommt.“ (S. 404 f.)

Wenn das sein Ziel ist, ist es ja recht bescheiden. Aber es steckt mehr in der Sache. Er selbst ordnet die Mitarbeitergesellschaft wie überhaupt jedes Unternehmen – auch private gibt es noch weiter – Produktionsplänen unter, die von der Gesamtgesellschaft in Abstimmungen aus jeweils mehreren Varianten ausgewählt worden sind. (Natürlich ist das der zweite Thesenkomplex, den ich später herausgreifen will.) Insoweit ist jedes Unternehmen „vergesellschaftet“ und die Mitarbeitergesellschaft ist es in zugespitzter Weise. Denn Arbeiter, denen das Unternehmen gehört, in dem sie arbeiten, werden sie es nicht als gesellschaftliches Eigentum auffassen? Sik sagt das nicht ausdrücklich, weil er überhaupt recht unklar schreibt, aber man wird doch annehmen dürfen, dass er, der sich auf die marxistische Tradition beruft, in Arbeitern ökonomische Sachwalter und Repräsentanten der Gesellschaft sieht. Das Eigentum von Arbeitern ist dann eo ipso gesellschaftliches Eigentum. Schon vom Eigentum heutiger Unternehmer würde man das übrigens sagen können, wenn sie wirklich die bloßen Dienstleister der Gesellschaft, der „Kunden“ wären, als die sie sich hinstellen. Sie sind aber nicht nur Unternehmer, sondern auch Kapitalisten und im Zweifelsfall mehr dieses als jenes.

Was Sik nicht ausdrücklich sagt, sagen wir an seiner Stelle: Durch das, was er „neutralisiertes Kapital“ nennt, ist eine Form gefunden, mit der Eigentum, das Arbeitern gehört, an diese  d e s h a l b  nicht verteilt wird, weil es noch mehr als ihnen  d e r  G e s e l l s c h a f t  gehört. Die Gesellschaft wird doch das, was ihr gehört, nicht an Arbeiter eines bestimmten Unternehmens austeilen. Man kann es sich so klar machen, dass sie das „Kapital“ an dies Unternehmen nur ausleiht. Sie leiht es aus und kann es auch wieder zurückfordern, um es anders auszuleihen. Solches wird geschehen, wenn sie ihren Produktionsplan ändert. Damit ist eine neue ökonomische Form und sind neue Eigentumsverhältnisse entstanden.

Betrachten wir zunächst die Eigentumsverhältnisse. Was kann es heißen, dass ein Unternehmen zugleich den dort beschäftigten Arbeitern und der ganzen Gesellschaft gehört? Um antworten zu können, muss man vorher eine andere Frage stellen: Was ist überhaupt „Eigentum“? Eigentum ist Zugriffsrecht. Wenn ich Eigentümer einer Sache bin oder soweit ich es bin, darf ich beliebig auf sie zugreifen, wozu auch gehört, dass ich anderen den eingeschränkten Zugriff gestatten kann. So gesehen liegt darin, dass etwas den Arbeitern eines Unternehmens und zugleich der ganzen Gesellschaft gehört, keinerlei Paradoxie. Die Gesellschaft ist der oberste Eigentümer. Sie hat den Zugriff und delegiert ihn an die Arbeiter der Unternehmen. Diese Arbeiter haben nun den eingeschränkten Zugriff auf das ihnen geliehene „neutralisierte Kapital“ ihres Unternehmens. Sie sind Eigentümer, aber nicht die obersten. Die Einschränkung ihres Zugriffs liegt darin, dass die Gesellschaft ihnen zwar „Kapital“ zur Verfügung stellt, es aber später zurückfordern kann.

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Das von der Gesellschaft nur zeitweise verliehene „Kapital“ ist auch deshalb keins mehr, weil die Art, in der es reproduziert wird, sich von Kapitalreproduktion gründlich unterscheidet. Um den Unterschied zu erfassen, brauchen wir erst einmal für Siks unpassenden Ausdruck „Kapital“ einen besseren. Ich will vorerst, versuchsweise, mit den Begriffen „gesellschaftliche Wertsumme“ und „betriebliche Hauptsumme“ operieren. Sie entsprechen dem Paar „Kapital im allgemeinen“ und „Einzelkapital“ und sollen deren Funktionsäquivalente in der Anderen Gesellschaft bezeichnen. Diese verleiht also einen Teil der „gesellschaftlichen Wertsumme“ an einen Betrieb, für den es die „Hauptsumme“ wird. Stellen wir nun die Reproduktionsweisen gegenüber.

Das Kapital, um mit ihm anzufangen, reproduziert sich so, dass es vernichtet und ersetzt, wobei der Ersatz höher ist als das Ersetzte. Er wird seinerseits vernichtet und vom noch Höheren ersetzt, und so immer weiter ins Unendliche. Das ist Kapitallogik, „exekutiert“ im Konkurrenzkampf der Einzelkapitale: Deren Eigentümer wollen sich so erhalten, wie sie sind und allenfalls in engen Grenzen der Veränderbarkeit noch werden können; sie suchen deshalb zwischen erfolgreicher Besitzstandswahrung und aufgezwungener Kapitalvernichtung den Mittelweg. Der kann nur darin bestehen, dass sie ihren Besitz möglichst mehren, er ist dann auch bei teilweiser Kapitalvernichtung gewahrt. Weil aber alle Einzelkapitale so operieren, durchkreuzen sich die Mittelwege und führen periodisch zu den größeren Vernichtungsorgien, den Wirtschaftskrisen.

Das Problem einer so auf Besitzstandswahrung erpichten Gesellschaft ist der gravierende Mangel an Flexibilität. Man soll zwar nicht sagen, sie sei nun gar nicht zum Umrüsten der Produktion fähig. Das ist sie durchaus in der oder jener Branche. Aber es dauert 30 Jahre und setzt Katastrophen wie die von Fukushima voraus, oder gleich einen richtigen Krieg. Der Reproduktionsweg der Anderen Gesellschaft ist weit überlegen. Sie reproduziert die gesellschaftliche Wertsumme durch Umstrukturierung. Dabei wird der Besitz weder vernichtet noch so bewahrt, wie er ist. Und das Umrüsten geht viel schneller. Jedesmal, wenn die Andere Gesellschaft gewählt hat, analysiert sie theoretisch und praktisch die Elemente der vorhandenen Produktion und setzt sie neu zusammen.

Sie ist damit dem Kapital nicht nur ökonomisch überlegen, sondern auch intellektuell; das eine bedingt das andere. Denn wie man leicht sieht, ist der Logik der Kapitalreproduktion eine primitive Vorstellung von Identität und Kontinuität eingeschrieben. Das Kapital stellt sich hin wie eine Frage, die nicht zurückgewiesen werden darf. Das ist der Schein. Das Kapital scheint eine Frage zu beantworten, etwa: wie man AKWs oder Autofirmen möglichst lang reproduziert. Aber wenn das wirklich eine Frage wäre, müsste wir sie zurückweisen dürfen. Wir würden ja anders fragen: ob eine andere Produktionsstruktur nicht besser wäre. Das Kapital ist in Wahrheit ein Befehl. Der Reproduktionsbefehl des Kapitals gilt einem nahezu unveränderlichen Besitzstand: einer Wertquantität, die unbedingt erhalten bleiben und im übrigen noch vermehrt werden soll, was nun leider einschließt, dass auch die qualitativen Wertsubstrate, AKWs oder Autos, möglichst lang dieselben bleiben müssen. Das Kapital hat diese quantitativ-qualitativen Wertdinge „ganz oder gar nicht“, wie einen Ichleib. Und einen solchen kann man nicht umstrukturieren. Man kann ihn nicht zerteilen, ohne dass er stirbt.

Halten wir das nebenbei fest: Eigentum wird wie ein lebendiger Körper gedacht. Es ist kein Wunder im Umkreis von Privateigentum. In der Perspektive des Privatmenschen steht der eigene Körper Modell für Eigentum überhaupt. Unsere Rechtsgeschichte hat alles „Körperschafts“recht, das schon so heißt, und auch alles öffentliche Recht aus dem antiken römischen Privatrecht entwickelt, das vor allem Eigentumsfragen behandelte und wenigstens an der Körpervorstellung, als fictio iuris, auch dann noch festhielt, wenn ein überprivater Sachverhalt zu kodifizieren war. Auf diesem Umweg sehen wir, dass unsere Zurückweisung einer Kapitallogik, die meint, man könne die Hauptsumme nur wahren, wenn man sie nicht zerteile, nur eine weitere Dimension von  E n t p r i v a t i s i e r u n g  ist, die wir hier sowieso betreiben.

Die Andere Gesellschaft reproduziert sich nicht mehr auf dem Privatweg. Sie macht es raffinierter. Sie weiß, dass und wie eine Sache mit sich selbst gleich bleibt, auch wenn sie mit sich bricht. Jeder vernünftige Mensch wird ab und an mit sich brechen, wenn allzuviel Unvernunft der Lebensführung sich angehäuft hat; hört er deshalb aber auf, derselbe Mensch zu sein? Mit seinem Körper hat das meist nichts zu tun, oder wenigstens macht es den Körper nicht leidend, im Gegenteil. Auch die Gesellschaft muss mit sich brechen können. Von irgendwelchen Leuten, die eine primitive Vorstellung von Identität und Kontinuität haben, kann sie sich nicht abhalten lassen. Intellektuell gesehen liegt hier auch gar kein Problem vor.

Nur das Kapital steht vor einer unlösbaren Aufgabe: weil es ein Befehl ist, der sich als Frage tarnt. Wenn wir, statt dem Befehl zu folgen, der Frage widersprechen, ist es als Kapital vernichtet. Fragezurückweisung heißt ja, man nennt eine Frage konfus und fordert, sie möge in ihre mehreren Einzelfragen, die sich jetzt noch überlagern, zerlegt werden, damit diese unabhängig voneinander beantwortet werden können. Wenn solches dem Einzelkapital zustößt, heißt das, es wird in seine Eingeweide und „Filetstücke“ zerlegt und zum grausigen Mahl von Kannibalen.

Andere haben keine Schwierigkeiten damit. Es gehört zum Alltag. „Wann fängt die Nachtvorstellung an?“ „Fragen Sie erst mal, ob es überhaupt eine gibt.“ Ich bin nicht vernichtet, wenn ich das zu hören bekomme. Ich  w i l l , dass man mir so antwortet. Ebenso die Andere Gesellschaft. Sie weiß, dass eine Frage-Antwort-Kette auch über Frage-Zurückweisungen hinweg mit sich identisch bleibt. Denn wenn ich einer Frage antworte, in ihr steckten mehrere Fragen, dann haben diese sich aus dem Sinn eben meiner Antwort erschlossen, das heißt der Zusammenhang ist stringent geblieben. Er hat sich nur umgekehrt: Nicht mehr werden Antworten aus der Frage, sondern Fragen aus der Antwort abgeleitet.

Weil die Andere Gesellschaft sich in  S i n n zusammenhängen bewegt, statt als Körper erscheinen zu wollen, kann sie die Fragerichtung umkehren. Das Kapital freilich wird präsentiert, als sei es nur Gravitations- und Fallgesetzen verpflichtet. Eine Antwort sich anhören müssen? Sei’s auch von der Gesellschaft? Nein, wo kämen wir denn da hin? Antworten, Sinn überhaupt sind Schall und Rauch – würde das Kapital sagen, wenn es sprechen könnte -, denn „there is no alternative“.

Bevor die Gesellschaft ans Zerteilen und Neukombinieren geht und dabei dieselbe Gesellschaft bleibt, muss sie freilich das Zerteilbare, die gesellschaftliche Wertsumme, erst einmal haben. Laut Sik wäre auch das kein Problem, es würde grundgesetzkonform gelingen; wie, erörtere ich in der nächsten Notiz.