(83) Schwarmintelligenz

6. Umbau der Marktmaschine: Die Einbettung in Wahlen und Verhandlungen / Vierter Teil – Vor der Erörterung von Proportionswahlen: Zugehörige neue, nicht mehr kapitalistische ökonomische Institutionen

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In der vorigen Notiz skizzierte ich teils mit Marx, teils mit dem etablierten Wirtschaftshistoriker Werner Plumpe den Mechanismus schwerer Wirtschaftskrisen. Das geschah in der Perspektive der generellen Behauptung, dass die Ökonomie der Anderen Gesellschaft solchen Krisen nicht mehr ausgesetzt ist, während sie sich weiter der „Marktmaschine“ bedient, aber einer erneuerten und erstmals funktionsfähigen. Die Frage stellte sich daher so: Warum ist die Maschine  h e u t e  als  k a p i t a l i s t i s c h e  den Krisen vollkommen wehrlos ausgesetzt? Weil sie sich durch nichts als das  P r e i s s i g n a l  steuert, war meine Antwort.

Der Preis soll signalisieren können, ob die Nachfrage nach einer Ware größer ist als das Angebot oder umgekehrt. Wenn er größer ist, wird der Preis zunächst steigen, zugleich aber wird infolgedessen mehr produziert werden, der größeren Nachfrage also das größere Angebot gegenübertreten, wodurch der Preis wieder sinkt. Er wird sich da einpendeln, sagt man, wo das „Lager“ der Ware „leergeräumt“ und zugleich der Kaufbedarf „gesättigt“ ist. Er wird dann Gleichgewichtspreis genannt. Nun gibt es aber die Situation, dass der Preis steigt, Ware nachproduziert wird und dennoch der Preis weiter steigt: weil die Ware nicht von der Art ist, dass sie in einem Schlag produziert werden kann, und deshalb auch die Nachfrage längere Zeit unbefriedigt bleibt. Egal welche „Finanzprodukte“ die Krise noch zusätzlich anheizen, ist das vom frühen 19. Jahrhundert bis heute der Hauptmechanismus. Wenn zum Beispiel die USA sich ein Eisenbahnnetz zulegen, die Infrastruktur Südamerikas aufzubauen oder heute das Versprechen einzulösen ist, jeder Bürger der USA müsse im eigenen Haus wohnen können, tritt diese Situation ein.

Der Preis steigt und steigt. Irgendwann steigt er zu sehr. Aber ein  P r e i s s i g n a l , von dem  d a s  angezeigt würde, gibt es nicht und kann es nicht geben. Es kommt nur eins, das sagt:  J e t z t  breche die Krise aus. Das ist, wenn der Preis zu sinken anfängt. Er sinkt nicht zur Zeit der Sättigung der Nachfrage, sondern sobald ruchbar wird, dass sie längst überschritten wurde.

Kann man diesen Geburtsfehler der Marktmaschine, der immerhin ihren zentralen Steuerungsmechanismus widerlegt, „reparieren“? Wenn wir genauer betrachten, was falsch läuft, zeichnen sich schon Umrisse der Antwort ab. Dabei ist der vielberedete Essay von Joseph Vogl, Das Gespenst des Kapitals, Zürich 2010, eine große Hilfe. Nicht unbedingt da, wo der Autor mit Luhmann und Dirk Baeker die Krise interpretiert, umso mehr aber da, wo er neuere markttheoretische Befunde knapp und übersichtlich darstellt. Diese Befunde, die gar nicht der Krise gelten, sondern nur das „normale“ kapitalistische Marktgeschehen aufschlüsseln wollen, zeigen faktisch das Bewegungsgesetz auf, das in „normalen“ und Krisenzeiten gleichermaßen wirkt.

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Der Ausgangspunkt ist immer, dass die Marktteilnehmer die Preisentwicklung beobachten. Was geschieht dann? Um zu sehen, was  i n  d e r  K r i s e  geschieht, hätte es gar keiner neuen Forschung bedurft. Das wissen wir längst: Irgendwann beobachten die Marktteilnehmer, dass irgendwo im Marktrevier ein Preis, der lange gestiegen ist, auf einmal sinkt. Daraufhin verlieren  s o f o r t  a l l e  den Glauben, der Preis könne im Ganzen doch noch weiter steigen. Alle, die auf die Preissteigerung bisher spekuliert haben, stehen nun dumm da. Denn die das Spekulieren kreditiert haben, wollen den Kredit  s o f o r t  zurückerhalten, ausgerechnet jetzt, wo viele Schuldner zahlungsunfähig werden. Bankkunden beobachten das und wollen ihrerseits  s o f o r t  ihre Einlagen zurückerhalten, von der Bank, die jene Zahlungsunfähigen kreditiert hat. Daher ist jetzt die Bank in Gefahr, zusammenzubrechen. Und so weiter.

Allerdings hat sich in den letzten Jahren ein neues Paradigma durchgesetzt, Geschehnisse solchen Typs begrifflich zu bündeln: das der Schwarmintelligenz. Marktteilnehmer verhalten sich wie ein Schwarm Vögel. Einer beginnt in eine andere Richtung fliegen, die Nachbarn beobachten es und machen es nach; nicht anders die Nachbarn der Nachbarn; in kürzester Zeit hat der ganze Schwarm die Richtung geändert. Früher sagte man, eine „Kettenreaktion“ habe stattgefunden. Aber die Nachbarn sind ja gar nicht aneinander gekettet. Das ist keine „Flucht in Ketten“. Sondern  f r e i w i l l i g  folgen sie einander, und schon der Erste, der abweicht, tut es  s p o n t a n .

Wie sich jetzt manche erinnern, hätte nach dem Muster des „Schwarms“ schon längst die ganze Gesellschaft erklärt, also alle Soziologie aufgebaut sein können. Denn das ist der soziologische Grundansatz Gabriel Tardes, der ein Zeitgenosse Emile Durkheims war. Vogl lässt den Namen nur ein einziges Mal fallen (S. 157), aber er ist im Grunde zentral für seinen ganzen Bericht. Tarde setzte sich gegen Durkheim nicht durch und geriet deshalb erst einmal lange in Vergessenheit. Er war konsequent von der  i n d i v i d u a l i s i e r t e n  Gesellschaft ausgegangen: hatte zuerst danach gefragt, was das Individuum tut, und geantwortet, es beobachte seine Nachbarn und passe sich ihnen an. Wenn sich alle Individuen so verhalten, verhalten sie sich wie der Schwarm Vögel. Heute würde man sagen, Tarde habe eine „Mikrophysik“ der sozialen Verhältnisse versucht. Durkheim dagegen war von der Institution ausgegangen, hatte ihre Logik studiert und wie sie die Individuen von sich abhängig macht.

Natürlich wird man beide Ansätze brauchen, um  d i  e  G e s e l l s c h a f t  zu erklären, ob sie nun individualisiert ist oder nicht. Aber dass Tardes Ansatz sich besser eignet,  d e n  k a p i t a l i s t i s c h e n  M a r k t  zu beschreiben, der ja seiner Bestimmung nach „dereguliert“ ist – das heißt, er ist eine Institution, in die andere Institutionen so wenig wie möglich „intervenieren“ sollen -, und es in der Zeit vor 2008 immer noch mehr geworden ist, liegt ebenso auf der Hand. Allerdings verhält sich der deregulierte Markt auch wieder ganz anders als der Schwarm Vögel. Denn wenn ein erster Vogel abweicht und die anderen folgen, geschieht beides im Gemeininteresse aller Vögel. Sie bleiben immer zusammen und fressen sich nicht gegenseitig auf. Im kapitalistischen Markt dagegen weicht der erste deshalb ab, weil abzusehen ist, dass viele andere zurückbleiben werden, der Schwarm als Schwarm also zerstört werden wird, und er zu denen gehören will, die davonkommen.

Wer beides zusammenwirft, die Logik des Vogelschwarms und des Marktschwarms, unterliegt dem zentralen Ideologem der kapitalistischen Gesellschaft, das ich in den Notizen 1 bis 13 erörtert habe: dass er  “ i n d i v i d u e l l “  u n d  “ p r i v a t “  nicht unterscheidet. Der Schwarm Vögel ist insofern „individualisiert“, als er keinen ständigen Leiter hat. Vielmehr kann die „Entscheidung“, die Richtungsänderung von jedem beliebigen Vogel verursacht sein. Dieser Vogel „entscheidet“ aber niemals gegen die anderen Vögel. Das tut der „private“, auf Deutsch der abgesonderte Marktteilnehmer.

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Die Phänomenologie der Krise kennt man ohne den Begriff der Schwarmintelligenz, in „normalen“ Zeiten aber will man ihn nicht kennen. Man nimmt eine andere Bewegungsform an: nicht die erst spontane, dann verstärkte Abweichung, sondern das Einpendeln des Gleichgewichts (von Angebot und Nachfrage). Vogl indes erinnert daran, dass diese Annahme schon in den 1960er Jahren von Benoit Mandelbrot, dem großen Mathematiker, dem wir die „fraktale“ Geometrie verdanken, widerlegt worden ist. Am „Beispiel von Einkommensverteilungen und von langfristigen Veränderungen bei Baumwoll- und Wertpapierpreisen“ hat Mandelbrot ein Muster der Preisbewegung beschrieben, „das weniger stetigen Strömen als Strömungsturbulenzen ähnelt“. Er fand heraus, „dass auch bei verlängerten zeitlichen Serien die aufeinanderfolgenden Preisereignisse nicht um einen Mittelwert kreisen“. Sie bilden auch keine Gaußsche Normalverteilung, vielmehr eine so genannte „Pareto-Verteilung, in der wenige große Abweichungen den Effekt der gesamten Verteilungsstruktur bestimmen und zu breit auslaufenden Rändern oder sogenannten fat tails führen“. „Diese Schwankungen […] haben eine selbstähnliche oder ‚fraktale‘ Struktur.“ (S. 143 f.)

Hier ist offenbar von Schwarmintelligenz die Rede. Denn da es sich um „große“ Abweichungen handelt, aber eines „zaudernden“ Systems, dessen Kohärenz sich nur „auf mikroskopischer Ebene“ erschließt, muss der „großen“ Abweichung die  k l e i n e  vorausgegangenen sein (S. 145 f.): „Während sich turbulente Zustände aus makroskopischer Sicht völlig irregulär und chaotisch präsentieren, erweisen sie sich auf mikroskopischer Ebene höchst organisiert. Schließlich hat man es dabei mit Zuständen zu tun, in denen ein System ‚zaudert‘, verschiedene Entwicklungsrichtungen gleichermaßen einschlagen kann und einen Spielraum ungewöhnlicher Wahrscheinlichkeiten eröffnet: Der jeweils nächste Systemzustand bleibt offen und unbestimmt. Prigogine verwies dabei auf das clinamen in der Naturlehre bei Epikur oder Lukrez“. (S. 146) Das clinamen ist die spontane Abbiegung eines ersten Atoms, nachdem zunächst alle Atome gleichmäßig gefallen sind. Nicht nur für Epikur und Lukrez, auch für den jungen Marx in seiner Dissertation war clinamen ein Freiheitsname.

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Wir sind bisher ohne den Rekurs auf eine Sonderrolle des Finanzmarkts auskommen. Das wird in diesem Kapitel auch so bleiben. Bei Mandelbrot folgen die Preisbewegungen  e i n e r  Logik, egal ob es sich um Wertpapiere oder Baumwolle handelt. Das heißt aber nun nicht, dass auf gar keiner Ebene differenziert werden müsste. Denn wenn auch Finanz- oder „Real“ökonomie für unsere Frage keinen Unterschied macht, macht es wohl einen, ob ein Markt  ü b e r s c h a u b a r  oder  u n ü b e r s c h a u b a r  ist. So will Vogl zwar Mandelbrods Resultate zunächst für „inkompatibel mit Konzepten des Gleichgewichts“ halten (S. 145). Aber dann unterscheidet er selbst: „Die Mechanismen von Angebot und Nachfrage gelten nur für einen Bereich, in dem man mit fixen Budgets operiert, nicht dagegen dort, wo Finanzierungsbedingungen und Zukunftserwartungen im Spiel sind.“ (S. 153)

Bereiche, in denen man „mit fixen Budgets operiert“, gibt es ja durchaus. Das sind Märkte, die jenen Mechanismen wenigstens eine Zeitlang folgen, das heißt die um den Gleichgewichtspreis kreisen. Zukunftserwartungen sind zwar  i m m e r  im Spiel. Auch wenn wir uns mit besonderen Finanzierungsbedingungen hier noch nicht befassen, sondern nur allgemein die Möglichkeit des Kreditierens unterstellen, ist das klar. Denn noch der Stadtteilbäcker, der mit gutem Grund voraussieht, dass es mit dem Brötchenkauf so weiter geht wie gewohnt, hegt insofern eine Zukunftserwartung. Irgendwann mag alles anders werden. Vielleicht springt plötzlich der Preis der Rohstoffe und so des Weizens auf dem Weltmarkt, weil Spekulanten sich ihrer bemächtigen. Aber  b i s  d a h i n  überschaut der Bäcker die Zukunft seiner Ökonomie, weil ihn tendenziell ein Gleichgewichtspreis leitet, und hat sein ungefähr „fixes Budget“. Dem können wir eben entnehmen, dass der Begriff des Gleichgewichts, und damit das ganze Konzept der Marktmaschine, nicht schon per se ein Unfug ist.

Die  U n ü b e r s c h a u b a r k e i t , die den Bäcker in Form einer unerwarteten Preisschwankung heimsuchen mag, macht Überschaubarkeit nicht unmöglich, sondern reduziert sie auf einen Zeitraum. Sie rührt von  ü b e r g e o r d n e t e n  Zusammenhängen her. Die Frage ist, ob und wie man  d i e s e  in den Griff bekommt. Eine Antwort wird nahegelegt vom Urteil des Neokeynesianers Hyman P. Minsky. Der unterscheidet so: „Es stimmt […] ganz einfach nicht, dass dann, wenn alle Mitspieler ihre eigenen Interessen verfolgen, die Wirtschaft ins Gleichgewicht gebracht wird“. „Anstatt die Eigenschaften freier Märkte zu bewundern, sollte man akzeptieren, dass das Gebiet effizienter und wünschenswerter freier Märkte begrenzt ist.“ (bei Vogl zitiert S. 162) Das Problem ist doch, dass es im Kapitalismus keine Methode gibt und geben kann, die Grenzen des Gebiets solcher Effizienz zu verteidigen. Irgendwann werden sie überschritten: wenn nicht vom Bäcker im Innern des Gebiets, dann von außen, weil sich im Weltmarkt etwas ändert, oder auch nur im Gesamtzusammenhang der Volkswirtschaft der eigenen Region. Das war schon so, als es all die neuen „Finanzprodukte“, von denen heute so viel die Rede ist, weil sie die Unüberschaubarkeit ins Unerträgliche steigern, noch gar nicht gab.

Wir brauchen ganz einfach eine Methode, die Grenze zu ziehen und zu sichern, die effiziente von ineffizienten Märkten scheidet. Wir haben also zunächst herauszufinden, welche Märkte unter welchen allgemeinen Umständen effizient sind. Dann entscheiden wir, dass es ineffiziente Märkte gar nicht geben darf. Märkte, die sich heute als ineffizient erweisen, ersetzen wir durch einen nichtmarktförmigen Mechanismus, der effizient ist. Worin aber könnte der bestehen? Nun, das wird nahegelegt von derselben Schwarmintelligenz, die heute für Unüberschaubarkeit sorgt und das Chaos der Wirtschaftskrisen verursacht. Es ist ja klar, dass wir so etwas wie Schwarmintelligenz nicht  v o l l s t ä n d i g  verdammen können. Sie führt zwar ins Chaos. Aber wie wir sahen, ist sie auch eine demokratische Entscheidungsform. Das  C h a o s  wird  d e m o k r a t i s c h  herbeigeführt, durch das spontane clinamen eines Ersten und die freiwillige Nachfolge des ganzen Schwarms. Diese Konfusion gilt es aufzulösen: Wir wollen, wenn wir das Chaos verhüten, nicht gleichzeitig die Demokratie verhüten.

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Um zur Auflösung zu gelangen, das heißt um in dieser Notiz wenigstens noch ihren Grundsatz nennen zu können, will ich das Geschehen im Vogelschwarm noch einmal anders betrachten. Er fliegt in diese oder jene Richtung. Darum geht es ihm. Und er tut es nicht zum Spaß. Deshalb, wenn wir ihn schon als Modell und Metapher für den menschlichen „Schwarm“ verwenden, können wir auch sagen: Er  f r a g t  nach der Richtung. Wo wir sehen, dass eine andere Richtung eingeschlagen wird, sehen wir, er hat sich  g e a n t w o r t e t . Diese Antwort kommt so zustande, dass zuerst ein erster Vogel antwortet und die andern Vögel sich anschließen.

Wenn wir es so sehen, ist es praktisch derselbe Mechanismus, der auch das menschliche Fragen und Antworten reguliert. Denn auch die menschliche Antwort ist, wenn man näher hinschaut, ein kumuliertes Gebilde, in dessen Innern es einen ersten Anstoß gegeben haben muss, den der Antwortende nicht durchschauen, ja nicht einmal bemerken, sondern nur vollziehen konnte. Ich hatte in der 36. Notiz schon einmal Anlass, darauf zu sprechen zu kommen. Es ging um Gottfried Kellers Erzählung „Kleider machen Leute“, in der Nettchen, eine junge Frau, sich selbst überrascht, indem sie sehr plötzlich entscheidet, „die Pferde nach Seldwyla statt nach Goldach zu lenken“. Meine Verallgemeinerung war, „dass ich in vielen Fällen erst einmal antworten muss und den Grund danach oder allenfalls gleichzeitig erkenne“.

Gut an so etwas wie Schwarmintelligenz ist also nicht nur, dass sie demokratisch ist, sondern auch, dass sie fragt und antwortet. Aber  w i e  sie das tut, darin liegt das Problem. Beim Vogelschwarm fragt der Erste, der abweicht, im Interesse Aller. Beim Marktschwarm nur im eigenen Privatinteresse, wobei das Interesse Aller geopfert wird. Um diese Perversion zu beseitigen, muss die Frage nach dem Interesse Aller  a l s  s o l c h e  i n s t i t u t i o n a l i s i e r t  und jenem Ersten, der für Alle antwortet, immer schon auferlegt sein. Das wird sozusagen die Synthese von Tarde und Durkheim. Sie steht ökonomisch noch aus, während sie politisch längst da ist. Gibt es nicht Parlamentswahlen? Auch denen liegt der pure Schwarm Individuen zugrunde. Wenn hier Richtungsänderungen, „Politikwechsel“ vorkommen, wird es wenige Einzelne gegeben haben, die zuerst auf die Idee gekommen sind. Aber sie konnten keinen „Erdrutsch“ verursachen, sondern mussten ihre Idee erst einmal zum Parteiprogramm oder zum Element eines solchen umformen. Das heißt, sie mussten zu beweisen versuchen, dass ihre Idee im Interesse Aller liege. Indem Individuen das tun, treten sie in Konkurrenz zu andern Individuen, die dasselbe Gemeinwohl anders artikulieren. Zuletzt stimmen alle Individuen darüber ab: jedes im Privatinteresse, das es aber nur in der Sprache des Gemeinwohls artikulieren kann.

Nach diesem Modell könnten auch die Marktgeschehnisse, die heute unüberschaubar und deshalb krisenträchtig sind, überschaubar gemacht werden. Sie werden nicht im und durch den Markt entschieden, sondern von einer  a n d e r e n  Schwarmintelligenz, derjenigen, die ebenso demokratisch ist, aber nicht um den Preis der Selbstzerstörung: die im Interesse des Schwarms wählt. Die allgemeine Richtung, die von der Gesamtheit der Märkte längerfristig eingeschlagen werden soll, wird in konkurrierenden ökonomischen Programmen vorgeschlagen. Alle im Schwarm stimmen darüber ab. Da das Abstimmungsergebnis dann auch eingehalten wird, ist die längerfristige Entwicklung nicht mehr unüberschaubar, sondern bildet den verlässlichen Rahmen, in dem Märkte effizient sein können. Unter dieser Bedingung kann die Marktmaschine funktionieren. Ich fahre in der nächsten Notiz fort und nehme auch auf Vogl weiter Bezug.