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Ich beginne auch diese Notiz mit einer Rekapitulation. 93. Notiz: Geld ist dazu da, die ökonomischen Möglichkeiten und deren Grenzen anzuzeigen. 94.: Dies kann nur gelingen, wenn Gesellschaftsgeld und Individualgeld nicht dasselbe sind und wenn das erste über das zweite dominiert. Unter „Gesellschaftsgeld“ verstehen wir die in Anwendung befindliche Recheneinheit von Geld. So legte der archaische Staat, der sie in Form von Edelmetall oder Sklaven bei sich aufbewahrte, zugleich die Preise tauschfähiger Güter fest, zahlbar im davon verschiedenen Individualgeld, und bestimmte das Wertverhältnis zwischen beiden Geldarten. 95. Notiz: Geld muss zwar materialisiert sein, hat aber verschiedene Seiten, die n i c h t a l l e materialisiert sein müssen, weil nicht alle dazu da sind, Tausch und Zahlung unmittelbar zu ermöglichen. So muss Individualgeld mindestens teilweise Geldding sein, Gesellschaftsgeld aber nicht.
Wenn wir auf den Diskurs achten, in dem sich Gesellschaftsgeld artikuliert, stellen wir fest, es ist immer zuerst A n t w o r t g e l d . Auch wo es sich hinter Aussagen versteckt: einer Rechnungsführung, die scheinbar nur Fakten, in Zahlen gebracht, verkündet. Denn was sind Aussagen, vom Himmel gefallen sind sie nicht. Sie sind Antworten auf Fragen. Daher stellt sich immer die Frage, warum ist so geantwortet worden und nicht anders? Warum ist so g e f r a g t worden und nicht anders? Und von wem? Es walten aber in verschiedenen Gesellschaften verschiedene Diskurse. Entsprechend verschieden fällt die Artikulation der jeweiligen Antwort aus. So haben wir einer vorstaatlichen Gesellschaft beim Klassifizieren zugeschaut, archaischen Staaten bei der Rechnungsführung mit materieller Recheneinheit, dem Realsozialismus bei der immateriellen Rechnungsführung. Zur Anderen Gesellschaft kommen wir noch. Sie hat ein Antwortgeld, das sich, erstmals in der ökonomischen Geschichte, als solches auch zeigt: weil die ökonomische Entscheidung, deren Niederschlag es ist, nicht mehr bloß vom Staat gefällt wird, sondern erstmals von allen in allgemeinen Wahlen.
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Bevor ich das erörtere, sehe ich mich zu einem letzten Aufschub genötigt. Nach Geld neuen Typs zu suchen, ist ja heute nichts Besonderes mehr. Es gibt bereits Vorschläge, und wer dann trotzdem noch weiterfragt, muss dafür sorgen, dass sein Versuch nicht mit anderen Versuchen verwechselt wird. Inzwischen gibt es selbst im IWF Leute, die nach alternativem Geld suchen. Mit deren Position will ich mich hier auseinandersetzen. Sie verlangen etwas, das in den öffentlichen Debatten als „Vollgeld“ figuriert, und weil ihre Idee vernünftig, ja zwingend ist, haben sie auch hierzulande Gesinnungsgenossen. Es geht darum, den (Geschäfts-) Banken die Möglichkeit der Geldschöpfung abzuschneiden. Nur der Staat soll Geld schöpfen können.
Wodurch können Banken Geld schöpfen? Dadurch, dass sie Kredite vergeben. Denn einen Kredit vergeben heißt dem Kreditnehmer eine Sichteinlage einräumen, ein Konto der kreditierenden Bank, von dem er jederzeit Geld abheben oder überweisen kann. Wegen dieser Eigenschaft, „liquide“ zu sein, werden Sichteinlagen selbst unmittelbar als Geld angesehen, neu geschaffenes Geld, „Bankgeld“; so von Hans Christoph Binswanger, dem Schweizer Ökonom, der die Ökosteuer erfunden hat. Will man nun erreichen, dass alles Geld Staatsgeld ist, muss man dafür sorgen, dass der Staat und nicht die Banken die Sichteinlagen kontrolliert.
Mit „der Staat“ ist natürlich nicht die Exekutive gemeint, sondern die von ihr unabhängige Zentralbank. Im Vorschlag, den wir diskutieren, ist von Staatsgeld auch nicht die Rede, weil das die falsche Assoziation weckt, „der Staat“ könne beliebig die Notenpresse anwerfen, sondern eben von „Vollgeld“. Vollgeld ist dasselbe wie Geld, Geld im vollen Wortsinn, und dieses wird von der Zentralbank ausgegeben. Warum dann aber der Ausdruck „Vollgeld“, ist er nicht tautologisch? Nein, denn es gibt heute auch Geld, das streng genommen keins ist, sondern nur w i e Geld f u n k t i o n i e r t . Das sind die Sichteinlagen: Giral“geld“, mit dem ich alles tun kann, was Geldfunktionen hergeben – tauschen, zahlen, aufbewahren -, während ich es in Wahrheit nicht h a b e , sondern nur meine Forderung an die Bank habe, mir Geld auszuhändigen, wirkliches Geld, „Vollgeld“, w e n n ich es verlange. Sollte die Bank in diesem Moment pleite gegangen sein, habe ich gar nichts, Geld sowieso nicht und auch keine Forderung mehr, die etwas anderes wäre als ein Fetzen Papier.
Dieser Gesichtspunkt, dass Sichtguthaben doch kein unmittelbares Geld sind, wird von Josef Huber betont, der in Halle lehrt. Und hier bekommt man eine Ahnung davon, wie kraus nicht nur die kapitalistische Ökonomie ist, sondern auch die sich mit ihr befassende Wissenschaft. Für Binswanger sind Sichtguthaben Geld, für Huber nicht. Sie haben beide recht, weil ihre Aussagen auf verschiedene Fragen antworten. Ist es nicht fatal, dass ein Grundbegriff wie „Geld“ so verschieden verwendet wird? Es ist jedenfalls bezeichnend. Für uns ist in diesem Zusammenhang wichtig, auf w e l c h e verschiedenen Fragen geantwortet wird: Binswanger will wissen, ob etwas als Geld funktioniert, und da Sichteinlagen, wie gesagt, „liquide“ sind, bejaht er die Frage; für Huber ist der Geldbegriff vom staatlichen Geldregal untrennbar, darum kann er Bankgeld nicht als Geld anerkennen.
Natürlich muss besonders Hubers Position unser Interesse wecken, da es scheinen könnte, als sei das staatliche Geldregal schon etwas wie Gesellschaftsgeld (verkürzt auf Staatsgeld) in den Sinn, wie ich den Ausdruck gebraucht habe. Wir werden sehen, dem ist nicht so. Ungeachtet dessen unterstütze ich den Vollgeld-Vorschlag. Man kann ja gar nicht anders. Besonders die von Huber vorgeschlagene Umsetzung leuchtet ein (vgl. Reform der Geldschöpfung – Wiederherstellung des staatlichen Geldregals durch Vollgeld, in: Zeitschrift für Sozialökonomie Nr. 142, September 2004, S. 13 bis 21, auch online verfügbar): Es soll ganz einfach von einem Tag zum andern jede Sichteinlage in Zentralbankgeld verwandelt werden. Dann könnte die Bank, bei der ich sie halte, nicht mehr über sie verfügen. Die Sichteinlage hätte aufgehört, Bestandteil der Bankbilanz zu sein. Die Bank würde sie nur noch verwalten, ähnlich wie sie heute Wertpapierdepots verwaltet. Die Sichteinlage als m e i n Geld hätte aufgehört, Grundlage für Kredite d e r B a n k zu sein. So weit, so gut!
Aber wenn nun gesagt wird, so könne verhindert werden, dass die Kredite und daher die Geldmenge immerzu wachsen und es zur ständig expandierenden, alle „Grenzen des Wachstums“ übersteigenden Ökonomie kommt, dann sage ich, d a s ist falsch. Da weckt nun Binswangers Position unser besonderes Interesse. Binswanger b e h a u p t e t nämlich nicht einmal, er wolle mit dem Vollgeld das unendliche Wachstum stoppen. Allein daran, dass e r den Vollgeld-Vorschlag unterstützt, sehen wir, Vollgeld ist g a r n i c h t d a z u d a , den Wachstumszwang zu brechen. Binswanger weiß von diesem Zwang. Er nimmt ihn ausdrücklich hin. Nur „übertriebenes“ Wachstum soll ausgeschlossen sein. Nach seiner Rechnung ist ein Minimalwachstum von ungefähr 1,8 Prozent absolut unvermeidlich. Der Sinn der Einführung von Vollgeld soll nur darin liegen, dass es der Zentralbank möglich wird, das Wachstum bei diesen 1,8 Prozent zu begrenzen.
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Fatal wäre es, wenn Binswanger recht hätte, denn auch dieses Wachstum, obwohl in sich selbst begrenzt, würde immer noch, als unendliches, alle ä u ß e r e n Grenzen zwangsläufig ü b e r s t e i g e n , die einen früher, die andern später, und unter ihnen ganz bestimmt auch alle Grenzen ökologischer Verträglichkeit. Da kann uns auch kein „Vollgeld“ trösten, weil es d a r a n nichts ändert. Es hat nicht die Eigenschaft, die wir dem Gesellschaftsgeld der Anderen Gesellschaft zuschreiben: dass es mit der ökonomischen Möglichkeit auch deren Grenze bezeichnet. Doch Binswanger hat nicht recht. Sein Denken ist ein Beispiel für die schon von Marx monierte Kurzsichtigkeit, das Geldwesen reformieren zu wollen, ohne vorher die Produktionsweise umgewälzt zu haben. Alle Argumente nämlich, mit denen er zeigen will, dass der Zwang zum Wachstum (also die Kapitallogik) unvermeidlich sei und nur dessen Ausmaß allenfalls beeinflusst werden könne, sind nur dann welche, wenn wir auch von vornherein die Unvermeidlichkeit der Produktionsweise (also des Kapitalismus) unterstellen.
So behauptet er, schon in der Formel G-W-G‘ sei der Wachstumszwang bewiesen (das Folgende nach Die Wachstumsspirale. Geld, Energie und Imagination in der Dynamik des Marktprozesses, 3. Aufl. Marburg 2009). Wer nämlich Kredit aufnehme, tue es in Erwartung eines Gewinns, so dass eben am Ende mehr Geld da sei, sein müsse, emittiert werden müsse, als am Anfang. Mit dieser Behauptung liegt er mit Keynes und Marx auf einer Linie. Auch Marx sagt, Geld sei nur Geld, wenn es ausgegeben werde, und so sei es unvermeidlich, dass „Delta G“, die Differenz von G‘ und G, die nach der Tilgung des Kredits übrig bleibt, für Neuinvestitionen ausgegeben werde. Aber das gilt nur im Kapitalismus. In der Anderen Gesellschaft d a r f mit Geld nicht mehr investiert werden, wenn alle Investitionen, die mit dem Resultat einer ökonomischen Wahl verträglich sind oder sich aus ihm ergeben, bereits getätigt sind.
Es ist dann in der Tat „kein Geld mehr“, aber hier müssen wir präzisieren und zwar über Marx hinaus. Marx legt ja nicht unsere Definition zugrunde, Geld sei dazu da, das ökonomische Mögliche und dessen Grenzen zu bezeichnen. Aus dieser Definition folgt, dass es neben anderen Geldunterschieden, von denen die Rede war, wie dem Unterschied der Geldfunktionen (Tausch, Zahlung, Aufbewahrung) und dem Unterschied von individuellem und Gesellschaftsgeld, noch einen weiteren gibt, den Unterschied von „Möglichkeitsgeld“ und „Unmöglichkeitsgeld“. Ja, wenn es den nicht auch noch gibt, muss er erfunden werden. So groß ist nun mal die K o n f u s i o n des Geldes, dass es so vielfach a u f g e l ö s t werden muss.
Mit dem Ausdruck „Möglichkeitsgeld“ wiederholen wir nur die Definition. Es ist Geld zur Bezeichnung des ökonomisch Möglichen. Zur Bezeichnung aber speziell der Möglichkeitsgrenzen, also des ökonomisch U n möglichen, gibt es ein eigenes, eben das „Unmöglichkeitsgeld“. Seine Eigenschaft ist, dass mit ihm nicht gezahlt werden kann und dies entweder jetzt oder immer. Falls nur jetzt, kann es später in Möglichkeitsgeld zurückverwandelt werden. Es ist daher, obwohl zur Zeit „kein Geld mehr“, doch immer noch Geld. Aber selbst wenn es nie in Möglichkeitsgeld zurückverwandelt wird, bleibt es Geld, wie man ja auch von Krediten spricht, die nicht zurückgezahlt zu werden brauchen. Und selbst dann – wenn es also G‘ oder einem Teil davon zugeschrieben werden muss, dass es Unmöglichkeitsgeld auf immer sei -, hat G‘ seinen guten ökonomischen Sinn, insofern es die Wirtschaftlichkeit von Unternehmen anzeigt, die eher Gewinn als Verlust machen und also kostendeckend produzieren.
W e n n es aber zurückverwandelt wird, von Unmöglichkeits- wieder in Möglichkeitsgeld, fällt das doch nicht, wie man denken könnte, mit dem heute gängigen Begriff der Auflösung einer Ersparnis zusammen. Denn erspartes Geld wird nur f a k t i s c h eine Zeitlang gehalten (weil man auf bessere Bedingungen der Ausgabe wartet), während Unmöglichkeitsgeld u n t e r d e m G e s e t z steht, gehalten werden zu müssen.
Binswanger hat noch andere Argumente, zum Beispiel dieses: Wenn investiert wird, sagt er, entstehen neue Einkommen, die nur für zusätzliche Güter ausgegeben werden können. Diese müssen also schon in der vorigen Periode produziert worden sein. Oder umgekehrt: Wenn investiert wird, entstehen zusätzliche Güter und es muss also in der nächsten Periode neues Einkommen geben, das sie absorbieren kann. Neues Einkommen gibt es aber nur, wenn abermals investiert wird. Das heißt, so scheint es, wenn man einmal investiert, muss man immer investieren. Hier widerlegt er sich aber selbst, da er einräumt, dass das Problem bei einer geldlosen Tauschwirtschaft von „Robinson Crusoes“ auf verschiedenen Inseln nicht auftreten würde: „wenn der Grenznutzen der ausgetauschten Güter, bezogen auf eine Arbeitseinheit, überall gleich ist, besteht keine Veranlassung mehr, den Austausch weiterauszudehnen, also zu expandieren“ (S. 309). Warum ist es denn anders in einer Geldwirtschaft? Es ist in einer k a p i t a l i s t i s c h e n Geldwirtschaft anders, und das liegt gar nicht am Geld, sondern daran, dass ein Systemzwang besteht, Waren a n z u b i e t e n , b e v o r s i e n a c h g e f r a g t w e r d e n , was natürlich auf Expansion hinausläuft, versuchte, meist auch erfolgreiche Expansion.
Wenn der Versuch glückt, müssen diejenigen, die solche Zusatzgüter erwerben wollen, ihrerseits Zusatzgüter herstellen, damit es zum äquivalenten Tausch auf höherer Stufenleiter kommen kann. Ist das geschehen, werden nach (kapitalistischer) Voraussetzung erneut Zusatzgüter angeboten, die nicht nachgefragt waren, und so immer weiter. Man kann sich so einen Prozess genauso gut bei den „Robinson Crusoes“ vorstellen. Das Geld ist nicht schuld. In der Anderen Gesellschaft kommt es aber zu den großen Produktwegen nur „auf Bestellung“ und zwar nicht des Staates, sondern der ganzen Gesellschaft. Sie werden nur beschritten, wenn sie gewählt worden sind, das heißt eben, wenn d i e N a c h f r a g e v o r d e m A n g e b o t klar ist. Vom Geld geht hier keine Eigenwirkung aus, weil ja nur Möglichkeitsgeld, nicht Unmöglichkeitsgeld die Tauschprozesse vermitteln darf. Und auch hier können ebenso gut die Crusoes zur Veranschaulichung dienen: Geld, das zwischen ihren Inseln zirkulieren würde, könnte doch keine unendliche Ausdehnung der Produktion hervorrufen, einfach weil die Körperkräfte aller Crusoes begrenzt sind.
Von dieser Art sind Binswangers Argumente. Um ihm gerecht zu werden, muss man sehen, dass er gegen die herrschende neoklassische Lehre anredet, die den Kapitalprozess als Erreichen ökonomischer Gleichgewichte modelliert, während sie die zwangsläufige Kapitalexpansion, immerhin die Haupteigenschaft des Prozesses, mit Stillschweigen übergeht. Es ist nicht Binswanger anzulasten, dass er die Zwangsläufigkeit hervorhebt, vielmehr sagt er damit, dass die herrschende Lehre es tun müsste.
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Schon heute hängt die Zentralbank, die das staatliche Geldregal wahrnimmt, von Entscheidungen der exekutiven Staatsapparate nicht ab. Man kann sie als Keim einer Vierten Gewalt des Verfassungsstaats ansehen, die wir, mit dem Ausdruck von Huber, als M o n e t a t i v e bezeichnen mögen. Diesen Keim gilt es einerseits zu entfalten, andererseits zu demokratisieren. Die Monetative wäre die Gewalt, in der über das Gesellschaftsgeld und sein Verhältnis zum Individualgeld demokratisch entschieden wird. In der Anderen Gesellschaft entscheiden sich zuerst alle in allgemeinen Wahlen für eins der ökonomischen Programme, die zur Wahl stehen. Aus ihrer Antwort auf die Wahlfrage folgt eine bestimmte Geldmenge, die zur Umsetzung des gewählten Programms gebraucht wird. Die Zentralbank bleibt zuständig, die Geldmenge zu steuern, und ist dazu auch fähig, weil es neben ihrem „Vollgeld“ kein anderes mehr gibt.
Dadurch dass sie nur dasjenige Geld emittiert, das zur Vermittlung des ökonomisch Möglichen in Umlauf sein muss – das ökonomisch Mögliche ist das in den Wahlen Gewählte (unter der Voraussetzung, dass nichts gewählt werden darf, was ökologisch unzuträglich wäre) -, emittiert sie Gesellschaftsgeld. Wir unterscheiden: Die gesamte Geldmenge, die in einer Wahlperiode emittiert wird und sich in Möglichkeits- und Unmöglichkeitsgeld auseinanderlegt, ist Gesellschaftsgeld. So definiert, wird ihr Umfang erst am Ende der Wahlperiode nachträglich bekannt. W ä h r e n d der Periode ist alles im Einklang mit dem Resultat der ökonomischen Wahl emittierte Geld Gesellschaftsgeld.
Wie wird nun vom Gesellschaftsgeld das individuelle Tauschgeld geregelt? Wir waren von Babylonien und damit vom Landverkauf ausgegangen. In der Anderen Gesellschaft fragen wir eher, wie viel das wert ist, was mit dem Land getan wird, denn d a s zu entscheiden interessiert sie: in welcher Proportion Getreide, Biospritpflanzen, Weide für Schlachttiere, Erholungslandschaft, Stadt- und Fabriklandschaft zueinander stehen sollen. Und nun wird man – anders als in Babylonien, auch als im Realsozialismus – nicht etwa versuchen, den Preis solcher Güter irgendwie festzulegen und von irgendwoher abzuleiten. Sondern die Regel lautet: Schlachtvieh zum Beispiel kann beliebig weggetauscht werden, b i s d i e Z a h l n e r r e i c h t i s t , die sich aus dem Resultat der ökonomischen Wahl ergibt, während für das n+1.e Vieh und alle weiteren kein Äquivalent zur Verfügung steht.
Es wird also in einzelne Transaktionen gar nicht eingegriffen, aber sie werden von außen umgrenzt. Die Dominanz des Gesellschaftsgelds über das Individualgeld äußert sich darin, dass G e l d a u f h ö r t , G e l d z u s e i n , sobald die Überschreitung der Außengrenze versucht wird. Nur i n n e r h a l b der Grenzen ist Individualgeld etwas wert, so dass mit ihm gezahlt werden kann. Z u g l e i c h aber ist es W e l t g e l d , das heißt wenn es die Andere Gesellschaft heute schon gäbe, wäre ihr Individualgeld in Dollar konvertierbar.
Zur Begrenzung des Transaktionsraums kommt es von außen durch die ökonomische Wahl. Doch bleibt sie dem Innern nicht äußerlich. Wenn zum Beispiel im Getreidemarkt insgesamt n Euro umgesetzt werden können, dann stellt jede Geldsumme, die in einer Einzeltransaktion umgesetzt wird, x Prozent von n dar – das gilt auch dann, wenn n nicht im Voraus berechnet werden kann. Auch jeder E i n z e l p r e i s , der im Getreidemarkt vorkommt, ist damit von n abhängig, ohne staatlich oder gesellschaftlich festgelegt worden zu sein.