(107) Zwischenzusammenfassung III

Erste Abteilung / Fünfter Teil – Proportionswahlen

Dritter Teil
Wenn Geld, dann Kapital? Eine ökonomische Schlüsselfrage

Die Frage, die im dritten Teil der Blogserie (Einträge 33 bis 55 plus drei „Beilagen“) gestellt wird, lautet nicht: „Was ist Geld im Unterschied zum Kapital?“, sondern: „Ist Kapital im Geld nicht schon impliziert?“ Damit wird aufgenommen, was nicht nur die meisten Marxisten, sondern auch sonst viele Menschen glauben und wofür in der Lehre von Marx ein expliziter Begründungsversuch vorliegt. Sowohl auf marxistischer wie nichtmarxistischer Seite folgt dann, dass die einzige Chance, den Kapitalismus zu überwinden, in der Abschaffung des Geldes liege, vor der man aber entweder aus gutem Grund zurückschreckt oder die als völlig utopisch erscheint – Letztes nun auch wieder fast allen Marxisten, darunter denen, die eine „sozialistische Übergangsgesellschaft“ auf dem Weg zum Kommunismus postulieren beziehungsweise realhistorisch schon ausprobiert haben. Mein Gedanke war, dieser Stolperstein müsse erst einmal aus dem Weg geräumt werden, bevor dann über Geld gleichsam vorurteilsfrei weiterverhandelt werden könne. Der dritte Teil ist daher als immanente Marx- und Marxismuskritik angelegt. Dass er sehr theoretisch ist, theoretisch vertrackt geradezu, lässt sich nicht vermeiden. Ich denke, dass manche Wesentliches vermissen würden, wenn er fehlte, andere aber ihn überspringen können.

Marx‘ Position kann dahin zusammengefasst werden, dass Geld, weil quantitativ, vermehrbar, und weil vermehrbar, zur Vermehrung treibend sei. Das zur Vermehrung Treibende wäre dann ja schon die Kapitallogik. Im Grunde wird die von uns bereits analysierte kapitalistische Diskursfigur, die da lautet „Alles Unendliche, das möglich ist, muss wirklich werden“, aufs Geld angewandt. Faktisch bedeutet das, Marx unterstellt in seiner Analyse eigentlich von vornherein das  k a p i t a l i s t i s c h e  Geld, welches er dann natürlich auch „ableiten“ kann. Was er „ableitet“ und was er voraussetzt, ist dasselbe: Den kapitalistischen Charakter von Geld leitet er nicht aus Geldlichkeit überhaupt, sondern aus kapitalistischer Geldlichkeit ab. Zur Beantwortung unserer Frage, ob auch nichtkapitalistisches Geld denkbar sei, und dies nicht nur vor, sondern auch nach dem Kapitalismus, ist damit natürlich nichts gewonnen.

Wenn wir fragen, wie sich Marx‘ Position herausgebildet hat, stoßen wir auf den paradoxen Umstand, dass er mit der Annahme einer irgendwie unvermeidlichen Wechselimplikation von Geld und Kapital nur anfängt. Man findet sie zuletzt noch in den ersten Teilen der Grundrisse. Den Satz etwa, der als Marxsche Kapitaldefinition angeführt wurde – das Kapital könne den „unendlichen Mehrwert“ nicht unmittelbar erlangen, sei aber die ständige Bewegung, sich ihm anzunähern -, haben wir von dort bezogen, wo also Kapital und Geld noch ziemlich dasselbe sind. Später indes zeigt Marx, dass Geld nur eine von drei Verkörperungen des Kapitals ist. Es gibt nämlich nicht nur Geld-, sondern auch Warenkapital und zudem noch die kapitalistische Anwendung der Arbeit im Produktionsprozess. Es gibt drei „Kreislaufformen“ des Kapitals: neben dem immer zitierten G…G‘ (Kreislauf des Geldkapitals) auch W…W (des Warenkapitals) und P…P (des Produktionskapitals). In der reifen Marxschen Theorie also gilt jener Satz für G, W und P gleichermaßen. Den Schluss, dass nicht allein Arbeit, sondern auch Ware und Geld  n u r  i n  k a p i t a l i s t i s c h e r  A n w e n d u n g  Kapital sind, hat Marx nicht mehr gezogen.

Alles, was möglich ist, muss wirklich werden? Nein. Marx sieht nicht klar, was es bedeutet, dass Geld die Kapitallogik  n u r  möglich macht – das ist ja wichtig genug -, aber weiter nichts. Ermöglichung ist  n i c h t  Implikation. Die Kategorie Möglichkeit entgleitet ihm ja auch sonst, was im Großen hinreichend bekannt ist. Denn nicht ganz zu Unrecht wirft man ihm häufig seinen Geschichtsdeterminismus vor. Es gibt bei ihm tatsächlich eine Tendenz, Geschichte als nach Gesetzen verlaufend zu denken, statt als einen Prozess, der in sich wandelnden Grenzen offen ist und also jederzeit mehrere, wenn auch niemals „alle“ Möglichkeiten des Weitervorangehens oder auch Zurückfallens birgt. (Was bei Marx nur eine Tendenz ist, wird von Stalin an, das heißt im „Marxismus-Leninismus“ zur veritablen Doktrin.)

Dass Geld Kapital nur ermöglicht, ist das Eine. Aber auch dass es schon in sich selber Möglichkeit ist, wird von Marx nicht erfasst. Es ist an dieser Stelle eine gedankliche Innovation vonnöten: In  S p r a c h s p i e l t e r m i n i  ausgedrückt,  i s t  M ö g l i c h k e i t  F r a g e , die auf verschiedene Weise beantwortet und auch zurückgewiesen werden kann. Um zu formulieren, was das Preisschild einer Ware besagt, müsste man es nicht zuletzt auch als Frage auffassen. Wird nämlich als Ware A irgendein Gebrauchswert verkauft und ist Ware B ein Gebrauchswert der Art, dass er im Tausch A gegen B als Geld fungieren kann – so die Marxsche Terminologie -, dann gilt x Ware A -> ? Ware B, will sagen, es ist nicht klar, wie hoch oder niedrig der Verkaufspreis sein wird. Dass sich hier eine Frage stellt und sie erst einmal offen bleibt, lesen wir nicht bei Marx. Und es reicht nicht, den Aspekt später, wie er tut, als Zahlungsfunktion des Geldes nachzutragen. Denn die Zahlung ist ja noch nicht erfolgt, liegt aber doch im Preis, den es sonst gar nicht gäbe, als das Angestrebte. Wir haben es im Preis nicht mit der  A n t w o r t  „Zahlung“, sondern mit der  F r a g e  nach ihr zu tun. W i e geantwortet werden wird, ist eben noch unklar und die Unklarheit gehört zur Sache. Vielleicht muss die Ware schließlich „verramscht“ werden? Oder eine starke Nachfrage führt zu ihrer Verteuerung? Beides und auch der Absatz zum angestrebten Preis ist  m ö g l i c h . Nur eine der drei Varianten wird  w i r k l i c h  werden.

Marx‘ Ausdruck für die „Preisform“ der Ware ist x Ware A = y Ware B. Dieser Ausdruck hält den Ursinn des Tauschens fest, dass man die Ware zwar weggibt, ihren Wert aber behält. Wenn nicht wenigstens die Chance, ja die Wahrscheinlichkeit bestünde, dass man Gleichwertiges eintauscht, würde man gar nicht tauschen. Der Ausdruck ist also nicht etwa verkehrt. Aber eben einseitig. Gesagt werden müsste, dass im Preis der Widerspruch liegt und verdeckt ist, x Ware A sei  s o w o h l  = y Ware B  a l s  a u c h  -> ? Ware B. Der Preis geht vom Warenwert aus, als der Feststellung, was gezahlt werden  m ü s s t e , damit Mehrwert und nicht etwa Wertverlust resultiert, ist aber auch, um es noch einmal zu sagen, die Frage, was gezahlt werden  w i r d .

Weil Marx das nicht erfasst, erfasst er auch nicht, dass  G e l d  nicht die „allgemeine Ware“ ist, wie er sagt – die Ware, in der sich „alle“ Waren zusammenfassen -, sondern vielmehr die  m ö g l i c h e  Ware. Im Geld sind nämlich die  v e r s c h i e d e n e n  Waren virtuell verkörpert, die ich gegen es umtauschen kann. Ich werde doch nicht „alle“ auswählen, sondern nur eine oder einige. Damit lässt sich nicht vereinbaren, dass in x Ware A = y Ware B bereits, wie Marx will, d i e „Keimform des Geldes“ ausgesprochen sei. Es ist nur etwas von der Keimform ausgesprochen, anderes nicht. Marx fügt eben nicht hinzu, dass die wesentliche Eigenschaft des Geldes, das Wählenkönnen zwischen Kaufmöglichkeiten, hier noch fehlt. Erst in seinem nächsten Schritt, wenn er die Betrachtung ausweitet und sagt: z Ware A = u Ware B oder = v Ware c oder = etc., kommt die Möglichkeit, zu wählen, wenigstens implizit ins Spiel. Will man von einer vollständigen Keimform des Geldes sprechen, müsste man sagen, Marx‘ erster und zweiter Schritt zusammen machten sie aus.

Anders gewendet: In x Ware A = y Ware B, dem ersten Schritt, ist Ware B sowohl Repräsentant der Gebrauchswert-Ware A (da sie den gleichen Wert hat) als auch selber wirkliche Gebrauchswert-Ware. Als Repräsentant ist Ware B schon hier das Zeichen einer Möglichkeit – wenn auch nicht der, zwischen Kaufmöglichkeiten wählen zu können -, denn sie  k a n n , muss aber nicht gegen Ware A vertauscht werden. Doch genügt sie sich als die Gebrauchswert-Ware B, die sie ist, auch noch selber. Wie sie repräsentieren kann, kann sie  u n m i t t e l b a r  konsumiert werden. Ist dann aber aus der „Keimform des Geldes“ das wirkliche Geld geworden, verhält es sich anders: Geld, vollentwickeltes Geld, macht den (End-) Konsum möglich,  o h n e  selbst unmittelbar konsumiert werden zu können. „Geldkonsum“ ist sogenannter und bloß mittelbarer Konsum.

Was ist am kapitalistischen Geld, das Marx einzig analysiert, problematisch? Erstens diese Diskrepanz zwischen = y Ware B, die gezahlt werden müsste, damit wirklich beim Wegtauschen der Ware deren Wert A zurückbehalten wird, und -> ? Ware B als einer Frage, deren Beantwortung den Wegtauschenden womöglich ruiniert. So sagt es auch Marx auf seine Weise. Er sagt, es bestehe die Möglichkeit, dass Ware und Geld auseinanderfallen. (Hier spricht er von einer Möglichkeit, ausgerechnet da, wo er weiß, dass sie sich in der Kapitallogik realisieren  m u s s .) Das zweite Problem liegt in der  U n e n d l i c h k e i t  der möglichen Waren – zu den schon hergestellten kommen alle herstellbaren hinzu -, die gegen Geld eingetauscht werden können. Denn diese Unendlichkeit wird nur für möglich  g e h a l t e n . In Wahrheit stößt der Warenverkauf periodisch auf Grenzen des Verkaufbaren. Und das geschieht im Großen. Die Weltwirtschaftskrisen entstehen so. (Da die Kapitallogik vorschreibt, nicht nur das Mögliche, sondern alles  u n e n d l i c h  Mögliche müsse realisiert werden – damit am Ende der „unendliche Mehrwert“ erlangt wird -,  m u s s  es, da hat Marx recht, im Kapitalismus zu solchen Krisen periodisch kommen.)

Die Frage ist damit aufgeworfen, wie von diesem Geld, das nicht Geld an sich, sondern kapitalistisches Geld ist, zu nichtkapitalistischem  ü b e r g e g a n g e n  werden kann. Ich konnte erst viel später eine Antwort vorschlagen. Da es aber schließlich geschah, füge ich sie hier schon ein. Rückwärts nämlich von den letzten Einträgen der Blogreihe her stellt sich das Zusammenfallen von x Ware A = y Ware B mit x Ware A -> ? Ware B in ein und demselben Geld als  I m p l o s i o n  e i n e s  h i s t o r i s c h  f r ü h e r e n  G e l d e s  dar, in dem beide Aspekte noch dinglich getrennt waren. Und zwar war die Frage -> ? Ware B auf der gesamtgesellschaftlichen Ebene beantwortet,  b e v o r  die Individuen in der Absicht tauschten, = y Ware B herauszuschlagen und so den Wert zu behalten. Dahin könnte man, modifiziert natürlich, zurückkehren. Wenn Gesellschaftsgeld und individuelles Tauschgeld, wie ich es genannt habe, in der Anderen Gesellschaft wieder voneinander getrennt sind, treten beide Probleme des implodierten  k a p i t a l i s t i s c h e n  Geldes nicht mehr auf.

Das erste nicht, weil es die ökonomischen Wahlen gibt: Mit der Beantwortung von -> ? Ware B im Großen ist der Ruin derer, die irgendwelche einzelnen A-Waren wegtauschen, nicht mehr wahrscheinlich. Sie kennen ja nun die „Nachfrage“, für die sie produzieren, und können sich von vornherein darauf einstellen. In den Wahlen wird die Frage nach der gesellschaftlich gewollten Proportion der Warenarten beantwortet. Von der Antwort leitet sich das Kreditvolumen ab, zu dem es in einer Wahlperiode kommt. (Man kann und muss es nicht a priori festsetzen, wird aber im Verlauf erkennen, wann es um des Wahlresultats willen erschöpft zu sein hat.) Die Formel der gelingenden Kreditierung ist G = G, wozu noch Zins hinzutritt, das heißt das rückgezahlte G muss dem G-Vorschuss mindestens gleich sein. Auf die gesamtgesellschaftliche Kreditmenge wird aber kein Zins aufgeschlagen, sondern nur bis sie erreicht ist, spielt er bei Einzelkreditierungen seine Rolle. Seine wesentliche Funktion ist da schon, die Gleichung von Rückzahlung und Vorschuss sicherzustellen. Während aber Einzelkreditierungen unter der Formel G-W-G‘ stehen (im Mehrwert G‘ ist Zins enthalten), gilt für die gesamtgesellschaftliche Kreditmenge nur G = G.

Die Antwort der ökonomischen Wahl wird in diese Gleichung G = G übersetzt. Noch einmal, es ist damit ein Rahmen, eine Grenze gesetzt für alle individuellen Kreditierungsvorgänge, bei denen man vom Zins nicht abstrahieren kann, daher auch nicht vom ihm zugrundeliegenden Mehrwert, der in der Produktion erwirtschaftet wird, die aber eben nicht unendlich wiederholt werden können, sondern nur bis zu jener Grenze. Oder anders gewendet, Unendlichkeit kann jetzt nur darin noch liegen, dass sich die Kreditierungs- und auf Mehrwert und Zins zielenden Vorgänge einem Grenzwert, in dem Mehrwert und Zins = 0 wären und den daher niemand anstrebt, unendlich nähern. So ist auch das zweite Problem gelöst, denn zu einer ökonomischen Bewegung, die ins Unendliche geht, was notwendig zu wiederkehrenden Krisen führt, kann es nun nicht mehr kommen.

Marx vernachlässigt den Aspekt -> ? Ware B, weil er nicht sieht, dass dieses Geld ein implodiertes ist, in dem sich zwei ganz verschiedene Dimensionen mischen, nämlich, wie gesagt, eine für den individuellen Tausch gedachte, die allein ins Bewusstsein dringt, und eine gesellschaftsgeldliche, die unsichtbar und damit auch wehrlos ist. Dass es Marx so ergeht, ist noch nachvollziehbar. Doch auch in dem, was er erörtert und betont – der anderen, zweifellos dominanten Seite, der Dimension = y Ware B für sich genommen -, können wir ihm nicht unkritisch folgen. Marx behauptet, es sei absurd, eine Ware A mit einer Ware B gleichzusetzen. Deshalb sei es ebenso absurd, sie gegen Geld, als welches eine Ware B fungieren kann, umzutauschen. Die Absurdität soll darin liegen, dass A und B, die Gebrauchswert-Waren, bestenfalls ein gemeinsames Merkmal hätten – sie seien beide erarbeitet -, was sie aber doch nicht im Ganzen deckungsgleich mache. Eine bestimmte Menge Weizen zum Beispiel sei einer Menge Eisen nicht gleich, ebenso wenig dann einer Menge Goldes als der Deckung eines Geldnotenbetrags. In der Gleichsetzung von Weizen und Gold sei daher letzteres ein „Fetisch“, der sich an die Stelle des wirklich Vergleichbaren setze, eben des Umstands, dass A wie B von Arbeit herrührten.

Was Marx in dieser Überlegung übersieht, ist der nicht bloß physikalische sondern  s p r a c h l i c h e  Charakter des Geldes. Zwar finden wir bei ihm selbst die Formulierung „Sprache der Waren“. Es spricht aber nicht die Geldware, wie er suggeriert – das wäre tatsächlich absurd -, sondern die Gesellschaft mittels ihrer. In der Sprache, wenn sie von Menschen gesprochen wird, ist es nicht absurd, dass zwei Dinge – nicht physikalisch, aber als Sprachdinge – im Ganzen miteinander deckungsgleich gemacht werden, statt dass sie nur ein gemeinsames Merkmal haben. Denken wir an Metaphern: Bei aller Verschiedenheit der Signifikanten „Kamel“ und „Schiff der Wüste“ sind doch deren Signifikate das Gleiche. Deshalb überträgt sich das Ausgesagte des einen Signifikanten in den andern. Und nun ist die Metapher nicht die einzige sprachliche Übertragungsform, sondern die Gleichung, mit etwas anderer Logik, ist auch eine. In der Gleichung werden nicht zwei physikalische Dinge als das Gleiche behauptet, sondern sie sagt von  e i n e m  solchen Ding aus, dass es durch zwei verschiedene sprachliche Ausdrücke artikuliert werden kann.

So auch bei den Waren A und B. Quantitativ repräsentieren sie im Grundsatz gleiche Arbeitszeiten, das heißt dadurch entstehende Kosten, und erscheinen deshalb, wenn im Ganzen gleichgesetzt, als „Arbeitsgallerten“, was man nun auch wieder absurd finden kann. Doch werden sie ja nicht dieses quantitativen Aspekts wegen getauscht, sondern der bestimmt nur, wie der Tausch einvernehmlich durchgeführt werden kann. Getauscht und im Tausch tatsächlich gleichgesetzt werden A und B aber deshalb, weil sich beim Wegtausch das Eigentum des Wegtauschenden erhalten, B also, ökonomisch gesehen – in Gestalt des Werts -,  e i n  und dasselbe Eigentum sein soll wie A. Die Gesellschaft bedient sich also einer Sprache des Eigentumserhalts, und dagegen ist nun gar nichts einzuwenden, von Marx‘ Seite jedenfalls gerade nicht, sagt er doch – ich habe darauf hingewiesen -, dass das individuelle (statt private) Eigentum wiederhergestellt werden solle. Wenn Marx die Gleichsetzung trotzdem pauschal zurückweist, mit der Folge dass nicht nur das kapitalistische, sondern jegliches Geld dem Verdikt anheimfällt, dann weil er seinen eigenen Ansatz nicht konsequent zuendedenkt.

Erinnern wir uns: Sein Kapitalbegriff hat  d r e i  Dimensionen, eine unmittelbar ökonomische, eine staatliche und eine naturwissenschaftliche. Denen entspricht genau, das heißt darin ist genau alles berücksichtigt, was Habermas das Gesellschaftliche nennt: nicht nur Arbeit, sondern „Herrschaft und Sprache zumal“. Das Kapital ist nicht denkbar ohne Naturwissenschaft und die naturwissenschaftliche Sprache ist nun eben Gleichungssprache. Wohl aber ist Naturwissenschaft denkbar ohne Kapital. In der Anderen Gesellschaft wird mit ihr natürlich auch ihre Sprache perpetuieren. Und wenn dann, wie Marx will, das individuelle Eigentum wiederhergestellt ist, warum soll man sich bei dessen Erhalt nicht weiter der naturwissenschaftlichen Sprache bedienen? Der Fetischismus liegt nicht in dieser selbst, sondern darin, dass die Sprache des Fragens und Antwortens in ihr untergeht (-> ? Ware B in = y Ware B), was aber ja nur im Kapitalismus der Fall ist. Danach in der Anderen Gesellschaft wird das Fragen und Antworten vom Gleichsetzen getrennt, wie wir gesehen haben, und das erste dominiert über das zweite: ökonomische Wahlen, die einen Rahmen setzen, über den individuellen Tausch und die damit verbundene Geldverwendung. Zum Fetisch kann Geld dann nicht mehr werden.

Ich habe nur die beiden Hauptpunkte des im dritten Teil Behandelten ausgeführt und brauchte schon dafür viel Raum. Die großen Abschnitte, in denen ich zeige, wie die Marxsche Geldtheorie von zwei Schulen der sogenannten „Neuen Marxlektüre“ verstanden wird – von denen die eine noch Adorno verpflichtet ist, an dessen  n i c h t  u n b e d i n g t e r  Kritik am Tausch sie sich zu ihrem Schaden kein Beispiel nimmt, während die andere eher Luhmanns Denkweise nahesteht und wohl eigentlich auf Sohn-Rethel zurückgeführt werden muss -, lasse ich hier ganz beiseite. Machen wir uns abschließend nur noch klar, dass beide Mängel, die ich Marx „angekreidet“ habe, nur genau den historischen Horizont bezeichnen, in dem er lebte und den er natürlich nicht überschreiten konnte. Er konnte nämlich erstens solche linguistischen Überlegungen nicht anstellen, wie ich sie angestellt habe, weil der „linguistic turn“ erst später kam. Und dass er zweitens keinen klaren Begriff vom Möglichen gewinnen konnte, wird schon allein daraus verständlich, dass es noch im 20. Jahrhundert eines Heidegger bedurfte, dessen Werk um die Kategorie Möglichkeit kreist und der trotz allem, was menschlich, politisch und gerade auch philosophisch gegen ihn eingewandt werden muss, immer noch den philosophischen Horizont bezeichnet, den wir unsrerseits nicht überschreiten können.