Vierter Teil
Vor der Erörterung von Proportionswahlen: Zugehörige neue, nicht mehr kapitalistische ökonomische Institutionen. A. Grundeinkommen, Vergesellschaftete Unternehmen
(Blogeinträge 56 bis 67)
Indem ich diesen Titel vorausschicke, der während des Schreibens nicht drüberstand, markiere ich eine etwas veränderte Gliederung der Blogreihe und mache zugleich klarer, was abgelaufen ist und noch kommen wird. Zunächst zum Begriff „Proportionswahlen“: Bisher hatte ich stattdessen von „Marktwahlen“ oder „ökonomischen Wahlen“ gesprochen und zwischen diesen Begriffen geschwankt, weil ich spürte, dass beide nicht passen. „Marktwahl“ sollte bedeuten „Wahl d e s M a r k t e s – nämlich der Proportionen, in denen die großen Warengruppen zueinander stehn – statt bloß Wahl i m Markt, einem immer schon vorausgesetzten, der durch Staat und Unternehmer und überwiegend durch den Selbstlauf der Verwertung zustande kommt“. Aber diese Bedeutung ergibt sich nicht aus dem Wort, das auch so gemeint sein könnte, dass es den Kauf irgendwelcher Waren, die der Markt anbietet, etwa grüner statt roter Socken, von Parlamentswahlen abgrenzen will.
„Ökonomische Wahlen“ wiederum ist zu allgemein gesprochen. Das ist zwar ein guter Begriff, weil er im Plural steht und so von vornherein sichtbar macht, dass die Socken auf dem Grabbeltisch, die Autos verschiedener Firmen und dergleichen durchaus nicht der einzige Gegenstand von Wahl und Entscheidung sind, den die Konsumenten für sich in Anspruch nehmen könnten und sollten. Sie könnten eben auch über die Marktproportion entscheiden wollen – zum Beispiel: wie viel Privatverkehr, wieviel öffentlicher Verkehr? wieviel Wind-, wieviel Kohlestrom? -, statt dass diese sich aus dem Verwertungs-Selbstlauf und aus verfestigten illegitimen Machtstrukturen ergeben. Aber man muss doch zwischen dem Plural und seinen Bestandteilen unterscheiden. „Ökonomische Wahlen“ sind in der Anderen Gesellschaft erstens die Wahl des Marktes, das heißt seiner Warenproportionen – auf sie vor allem will ich hinaus -, zweitens die Wahl des Individuums i n n e r h a l b des so von ihm selbst mitgewählten Marktes und drittens auch noch, wie sich im Verlauf des Vierten Teils zusätzlich ergeben hat, der Warenästhetik, über die es ebenfalls mitentscheidet. Daneben gibt es noch weitere, zum Teil nur einmalige statt periodische Wahlen, von denen gleich die Rede sein wird.
Alle bisherigen Erörterungen im Vierten Teil bereiten die Erörterung der Proportionswahlen vor, die den Schlusspunkt dieses Teils bilden sollte, den ich seinerseits als letzten eingeplant hatte. Doch nun hat die Vorbereitung solche Ausmaße erreicht, dass ich davon Abstand nehme. Es wird also einen Fünften Teil geben – und er hat schon begonnen, denn die „Zwischenzusammenfassungen“ bilden seine erste Abteilung -, in dem die Proportionswahl als solche allein zur Debatte steht. Eine weitere Veränderung meines ursprünglichen Programms liegt darin, dass der Fünfte Teil selbst wieder einen Schlusspunkt haben wird: eine dritte Abteilung, die sich mit der Frage befasst, wie die Gesellschaft mit Proportionswahlen und zugehörigen neuen ökonomischen Institutionen politisch herbeigeführt werden kann. Diese Frage kann ich sicher nicht zureichend beantworten, doch sie ganz und gar offenzulassen, wie mir bisher vorschwebte, geht auch nicht an.
Ich kann von hier aus zur Zusammenfassung des Vierten Teils überleiten. Der begann nämlich mit der Feststellung, dass die Gesellschaft mit Proportionswahlen zunächst einmal u n a b h ä n g i g von der Frage, wie sie herbeigeführt werden könnte, skizziert werden muss. Denn bevor man etwas herbeizuführen versucht, sollte man mindestens eine V o r s t e l l u n g davon haben, w a s man herbeiführen will. Dies ist deshalb umso dringlicher, weil von uns doch verlangt werden kann, dass wir die pure M ö g l i c h k e i t einer weder mehr kapitalistischen noch wieder „realsozialistisch“ verstaatlichten Ökonomie allererst erweisen.
In der Einleitung des Vierten Teils war auch nochmals betont worden, dass die zu skizzierende Proportionswahl sich zwar auf Märkte bezieht, auf Ware und Geld also, diese aber keinen kapitalistischen Charakter mehr haben, eben weil die Beantwortung „der Machtfrage“ im Sinn der Anderen Gesellschaft bereits unterstellt ist. Das habe ich nun schon im Titel untergebracht, weil es doch immer wieder vergessen wird. Es geht im abgeschlossenen Vierten Teil, den ich hier zusammenfasse, genau darum: zu zeigen, wie n i c h t k a p i t a l i s t i s c h e Ware-Geld-Beziehungen aussehen könnten. Abgehandelt werden nacheinander das Grundeinkommen, die Vergesellschafteten Unternehmen, die umgebaute „Marktmaschine“ und das nicht mehr fetischistische Geld.
Der Beginn mit dem Grundeinkommen entspricht dem Beginn der ganzen Blogreihe mit dem solidarischen statt privaten Individuum. In einer Darstellung, die das Individuum zum Angelpunkt macht, kommt zum Ausdruck, dass die Andere Gesellschaft keine Klassengesellschaft mehr ist. Das Individuum der Anderen Gesellschaft ist nicht mehr gezwungen, seine Arbeitskraft zu verkaufen. Es geht auf den Arbeitsmarkt, wie jeder Verkäufer auf seinen Markt geht, nachdem es nämlich zwar entschieden hat, Verkäufer zu sein, sich aber auch anders hätte entscheiden können. Das erlaubt ihm sein Grundeinkommen, mit welchem es bereits, wenn auch auf knapp bemessener Grundlage – deren Höhe in einer ökonomischen Wahl festgelegt wird -, ein würdiges und „schönes“ Leben führen kann. Wir unterstellen dabei, dass seine Neigung zu arbeiten eher groß als klein sein wird, schon weil es eine Qualifikation erworben hat und diese ausleben will, vor allem aber weil es im Zuge der Proportionswahlen über die Gegenstände der Arbeit selbst mitentschieden hat.
Dazu eine historische Parallele: der Handwerker. Musste man ihn zur Arbeit zwingen? Nein, denn er bestimmte ja selbst, was er arbeitete, und hatte das Ethos, „gute“ Arbeit abzuliefern. Das wiederholen wir unter neuen Bedingungen. Da auch das Individuum der Anderen Gesellschaft selbst (mit-) bestimmt, was es arbeitet, indem es sich an der Proportionswahl beteiligt, muss man auch es nicht zur Arbeit zwingen. Wenn es ein Leben als Grundeinkommens-Bezieher statt als fungierender Arbeiter führt, oder wahrscheinlich nur einen Lebensabschnitt so verbringt, dann nicht aus grundsätzlicher Arbeitsunlust.
Dies Individuum ist solidarisch insofern, als es zur Arbeitsaufnahme bereit ist, wenn gesellschaftliche Notwendigkeit es erfordert. Der Fall wird vielleicht niemals eintreten, denn wir setzen voraus, dass eher zu viel als zu wenig Arbeit in der reichen, technisch hochentwickelten Gesellschaft, die es sich leisten kann, Grundeinkommen zu zahlen, vorhanden ist. Theoretisch berücksichtigen müssen wir ihn aber trotzdem, ja müssen ihn geradezu zum Hebel der Erörterung machen (womit ich Karl-Ernst Lohmann folge: Begrenzen statt Lindern. Eine ökonomische Phantasie, in kultuRRevolution 59 [2010]) und also sagen, dass es ein schlechthin „bedingungsloses“ Grundeinkommen natürlich nicht geben kann. Dem k o n k r e t e n I n d i v i d u u m zwar, das es haben will, wird es bedingungslos gegeben. Doch ebenso unbedingt wahr ist, dass es genügend D u r c h s c h n i t t s i n d i v i d u e n geben muss, von denen die notwendige Arbeit ausgeführt wird, aus der unter anderm die Grundeinkommen entspringen.
Überhaupt ist es so, dass sich die ganze Ökonomie einer Gesellschaft, und das gilt natürlich auch für die Andere, a l s e i n B e d i n g u n g s g e f ü g e darstellt, dem die Grundeinkommen nicht gegenüberstehn, sondern in das sie sich einordnen. Es ist ein Hauptsinn der Kapitel über das Grundeinkommen, dass sie auf dieses Gefüge aufmerksam machen sollen. So muss man, wenn man die Höhe eines Grundeinkommens bestimmt, auch gleich einen Mindestlohn festsetzen, der hinreichend viel höher ist, damit auch von daher ein Anreiz zur Arbeitsaufnahme besteht. Der nochmal höhere Durchschnittslohn wiederum darf einen Mindestgewinn der Unternehmen nicht unmöglich machen, den sie zum Überleben brauchen.
Damit aber festgestellt werden kann, worin der besteht, dürfen sie keine ökonomischen Geheimnisse vor der Gesellschaft haben. Ökonomische Geheimnistuerei, wie sie heute gängig ist, hat ja ohnehin keinen vernünftigen Sinn, da Ökonomie nicht zur Intimsphäre gehört, sondern sich allein durch ihre gesellschaftliche Dienstleistung rechtfertigt. Die Gesellschaft muss auch deshalb über das ökonomische Gebaren der Unternehmen genauestens informiert sein, weil im Fall, dass sie einmal mehr Arbeit braucht als gerade angeboten wird – wie gesagt ein sehr hypothetischer Fall, den wir dennoch berücksichtigen müssen -, erst einmal die Unternehmen aufgerufen sind, den Lohn zu erhöhen. Wenn sie dann nämlich sagen, die Lohnerhöhungsmarge sei erschöpft, muss das nachprüfbar sein.
Weiter: Wenn die Ökonomie derart unter dem „Glasnost-Prinzip“ steht, müssen wir uns d i e K o n k u r r e n z der Unternehmen ganz anders denken als sie heute geschieht, nämlich etwa wie zwischen Fußballmannschaften, die ja auch keine Geheimnisse voreinander haben. Letzteres wird später in den Kapiteln über die „Marktmaschine“ erörtert.
Und schließlich noch: Wenn es Mindestgrenzen des Unternehmensgewinns gibt, dann auch Höchstgrenzen. Was über diese hinausgeht, muss nicht „enteignet“, wohl aber stillgelegt werden, solange eine Reinvestition solchen Gewinns ein „Wachstum“ anfeuert, das von der Gesellschaft nicht gewollt wird. Dies wird später in den Kapiteln über das umgebaute Geld ausgeführt. Grenzen des Wachstums zu haben, statt dass der Selbstzwang des Kapitals, ins Unendliche zu streben, weiterläuft, ist ja überhaupt unser Grundanliegen, und auch dies gehört zum Thema „ökonomische Wahlen“. Man müsste solche Grenzen zwar eigentlich nicht wählen, denn sie stehen fest. Es ist wissenschaftlich bekannt, wieviel „Umweltraum“ einer Gesellschaft zur Verfügung steht und dass seine Überschreitung zur Zerstörung des Planeten führt. Doch während wir sonst das Wort, ökonomische Freiheit sei „Einsicht in die Notwendigkeit“, nicht so stehen lassen würden, ist es hier einmal am Platz. Es muss eine Wahl geben, eine „Urwahl“, haben wir gesagt, in der die Gesellschaft sich zu dieser Notwendigkeit, die wirklich eine ist, ausdrücklich und freiwillig bekennt.
Und fügen wir nur hinzu, dass auch alles andere, was im Vierten Teil ausgeführt wird, auf der freiwilligen Zustimmung aller Beteiligten beruht und andernfalls unmöglich wäre. Wie Grundeinkommens-Bezieher bereit sein müssen, notfalls zu arbeiten, so Unternehmer, sich von der Proportionswahl bestimmen zu lassen, und Konsumenten, diese Wahl zu veranstalten. Auch Letztes versteht sich ja, wie man h e u t e sieht, nicht von selbst. Noch fehlen in unserm Tableau die fungierenden Arbeiter. Wozu müssen sie bereit sein? Dazu kommen wir jetzt, indem wir vom Thema „Grundeinkommen“ zum Thema „Vergesellschaftete Unternehmen“ übergehen. Ich will vorher noch auf eine wichtige neue Veröffentlichung aufmerksam machen: Ronald Blaschke, Werner Rätz (Hg.), Teil der Lösung. Plädoyer für ein bedingungsloses Grundeinkommen, Zürich 2013.
In den Kapiteln über Vergesellschaftete Unternehmen haben wir uns von Ota Sik leiten lassen, dem führenden Prager Reformer 1968, der Unternehmen im Eigentum der Arbeiter entwirft (Humane Wirtschaftsdemokratie. Ein dritter Weg, Hamburg 1979). Er nennt sie „Mitarbeitergesellschaften“. Wenn ich stattdessen von Vergesellschafteten Unternehmen spreche – auch dieser Begriff wird hier erst eingeführt -, dann um die Siksche Konzeption noch auszuweiten. Siks nützlicher Grundgedanke, den wir übernehmen, ist der, dass er die Unternehmen in Arbeiterhand nicht als Genossenschaften denkt, wo jeder Miteigentümer seinen Anteil an der Hauptsumme des Unternehmens beliebig herausziehen kann. („Hauptsumme des Unternehmens“ ist die Übersetzung des Ausdrucks Kapital, wie er vor dem Kapitalismus gebräuchlich war, ohne die Bedeutung schon zu haben, die wir heute mit ihm verbinden, nämlich einer ins Unendliche strebenden Kapitallogik.) Genossenschaften wird es natürlich auch geben. Ja auch Unternehmen im Privatbesitz von Einzelnen oder Familien wird es geben. Und alle bewegen sich im Rahmen des Resultats der letztmaligen Proportionswahl. Von v e r g e s e l l s c h a f t e t e n Unternehmen indes verlangen wir mit Sik, dass ihre Hauptsummen zwar ihren Arbeitern gehören, diese sie aber nicht für Privatzwecke wie etwa die Auszahlung beim Unternehmenswechsel verwenden dürfen. Denn über allem steht die Bedeutung, die sie fürs Funktionieren der Volkswirtschaft haben. Eigentum an einer Sache heißt über sie verfügen können, wenn es sich aber ums Eigentum an der Hauptsumme eines Unternehmens handelt, und zumal eines solchen, dann ist ökonomisch funktionales Verfügen erforderlich.
Auch die Methode, wie Arbeiter zu solchem Eigentum gelangen, übernehmen wir von Sik: Von der Gesellschaft wird eine Steuer auf das zunächst noch private Unternehmen erhoben, die im Lauf einiger Jahre dazu führt, dass genügend Geld zum Kauf des Unternehmens akkumuliert ist. Dieses Geld überlässt die Gesellschaft den Arbeitern des Unternehmens, die es also kaufen können. Natürlich sieht man hier besonders deutlich, dass in der ganzen Gesellschaft erst „die Machtfrage“ geklärt sein muss, bevor dergleichen geschehen kann. Man denkt ja gleich ans Kommunistische Manifest, wo vorgesehen ist, dass eine revolutionäre Arbeiterregierung steuerpolitisch aktiv wird und allmählich alles Kapital an sich reißt. Andererseits ist, was Sik vorschlägt, nicht einmal grundgesetzwidrig, besonders dann nicht, wenn die Gesellschaft Steuern solcher Art n u r A k t i e n g e s e l l s c h a f t e n auferlegt. Diese können nämlich ohnehin schon heute „feindlich übernommen“ werden, während es sich hier um eine „freundliche“ Übernahme im Interesse des Unternehmens selbst, nämlich seiner Beschäftigten, und außerdem im Interesse der Gesellschaft handelt.
Tatsächlich gehört das so vergesellschaftete Unternehmen nicht nur seinen Arbeitern, sondern auch der Gesellschaft. Die hat ja den Arbeitern die Aneignung allererst ermöglicht. Daran, dass Eigentum schon heute oft Doppeleigentum insofern ist, als nicht nur der individuelle Eigentümer (zum Beispiel eines Hundes), sondern auch die ganzen Gesellschaft auf es zugreift (indem sie Tierschutz auferlegt), haben wir uns in der Zwischenzusammenfassung I erinnert.
Dass nur Aktiengesellschaften vergesellschaftet werden sollen, man kann auch sagen: zu werden brauchen, ergibt sich aus deren ungeheuer dominanter Rolle in der Volkswirtschaft. Es ist klar, dass gegen alle Aktiengesellschaften zusammengenommen in einer Volkswirtschaft nichts auszurichten ist. Im Übrigen gibt es längst Stimmen aus verschiedenen politischen Lagern, die den guten ökonomischen Sinn von Aktiengesellschaften anzweifeln. Früher hatten sie ihn – als noch nicht der „shareholder value“ an die Stelle aller ökonomischen Vernunft getreten war -, aber heute? Es reicht also, s i e zu vergesellschaften.
Doch nun müssen wir noch angeben, was der Ausdruck „Vergesellschaftung“ besagen soll. Er besagt weder, dass ein Staat sich anmaßt, im Namen der Gesellschaft zu sprechen und zu handeln, noch dass Unternehmen, die nunmehr in Arbeiterhand sind, irgendwelchen Privatinteressen folgen. Noch einmal, Unternehmen, die Privatinteressen folgen, gibt es daneben ja auch. Gegen solche setzt die Gesellschaft ihre Interessen so durch, dass sie ihnen äußere Grenzen setzt. Dafür, dass die Privatunternehmen innerhalb solcher Grenzen, die sich aus einer Proportionswahl ergeben, nach Belieben egoistisch sein können, wird dann aber auch kein Geld an sie umverteilt. Nur die Vergesellschafteten Unternehmen erhalten Geld, den Geldwert ihrer Hauptsummen. Letztes Geld ist wohlgemerkt kein Kredit, sondern, noch einmal, eines, auf das neben den Arbeitern des Unternehmens auch die Gesellschaft zugreift.
„Vergesellschaftung“ bedeutet – und damit gehen wir über Sik hinaus -, dass diese Unternehmen die Steuerung der gesamtgesellschaftlichen Ökonomie durch Proportionswahlen nicht nur erdulden, wie alle es müssen, sondern freiwillig und höchst aktiv für sie eintreten. Eben das ist ihre Gegenleistung für die ihnen überlassene Hauptsumme. Und wie treten sie dafür ein? Nun, es gibt einen kritischen Punkt in der durch Proportionswahlen gesteuerten Ökonomie. Das ist der Übergang von einer Wahlperiode zur nächsten, in dem es vielleicht zur weiträumigen ökonomischen Umstrukturierung kommen muss. Für diese Umstrukturierung treten Vergesellschaftete Unternehmen ein, das heißt ihre Arbeiter sind freiwillig zur Konversion bereit, die darin bestehen wird, dass einige vergesellschaftete Unternehmen sich verkleinern, andere größer werden und dass in der Folge einige Arbeiter ihren Arbeitsplatz wechseln, einige womöglich Grundeinkommens-Bezieher werden. Wie das im Detail vonstatten gehen kann, verstehen sie übrigens selbst am besten, weshalb wir an dieser Stelle einen Ö k o n o m i s c h e n R a t vorsehen, dem die Abgesandten aller Vergesellschafteten Unternehmen angehören. In ihm wird der Konversionsweg ausgearbeitet und ausverhandelt. Man stelle sich nur einmal vor, die heutige „Energiewende“ könnte so durchgeführt werden, weil Eon, EnBW und so weiter schon vergesellschaftet wären. Sie würden die Wende nicht hintertreiben durch Verteidigung der zerstörerischen Kohleförderung, die zur Sicherung des Stroms, den wir brauchen, schon unnötig geworden ist.
In diesem Modell nehmen also nicht Arbeiter, die von einem Unternehmen zum andern wechseln, ihren Eigentumsanteil mit, wie es bei Genossenschaften der Fall ist, sondern indem allererst d i e U n t e r n e h m e n „wechseln“, das heißt infolge einer Proportionswahl größer oder kleiner werden, ist es d i e G e s e l l s c h a f t , die Teile der Hauptsumme des Unternehmens, das kleiner wird, zur Aufstockung der Hauptsumme des größer werdenden „mitnimmt“. Deshalb und n u r deshalb dürfen wir hier von v e r g e s e l l s c h a f t e t e n Unternehmen sprechen. Arbeiter freilich, die eine solche Perspektive auf die Zukunft unserer Gesellschaft ins Auge fassen, muss es erst einmal geben. Ihre heutige gewerkschaftliche Interessenvertretung ist ja weit entfernt, gesamtgesellschaftlich statt „korporativ“ zu denken, geschweige denn zu handeln, und vollends die SPD tut sich zwar etwas darauf zugute, einmal Arbeiterpartei gewesen zu sein, verteidigt aber in Wahrheit die Kapitallogik mit Klauen und Zähnen. Wie unbekümmert, ja abgebrüht sie darin ist, führt sie uns in der „Energiewende“ als Verteidigerin der Kohleförderung, aber auch etwa in der Verteidigung des Privatautoverkehrs und seines blinden Wachstums jeden Tag von neuem vor.