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Nachdem ich über die Ausdifferenzierung des Geldes, die es geben wird, geschrieben habe – es wird individuelles Tauschgeld wie heute und daneben, darauf rahmend bezogen, „Gesellschaftsgeld“ geben -, beginne ich hier ein neues Kapitel. Es handelt vom Tauschgeld, wie wir es heute kennen, dann wie es in der Anderen Gesellschaft im gesellschaftsgeldlichen Rahmen umläuft und sich dadurch modifiziert. Zuerst muss ich vom heutigen Geld sprechen, das rätselhaft genug ist. Müssen wir doch wissen, was das ist, das wir verändern wollen. Was Geld anlangt, ist es tatsächlich leichter, die Veränderung als das zu Verändernde darzustellen.
Dass das heutige Geld sogar seinen ihm gewogenen Theoretikern rätselhaft ist, sieht man aus der ständig wiederkehrenden Floskel, es werde „aus dem Nichts“ geschaffen. Nicht einmal Hans Christoph Binswanger lässt sie aus, der doch e i n e Dimension der Geld“schöpfung“, die unmittelbar monetäre, sehr gut erklären kann. Warum gibt es diese Floskel, mit der man sich nur das Leben schwer macht? Denn jeder, der sie gebraucht, muss zugleich gegen die falsche Vorstellung anschreiben, Geld entstehe dadurch, dass der Staat die Notenpresse anwirft. Ja, wenn das so wäre, entstünde Geld ex nihilo. Und umgekehrt: Wenn Geld ex nihilo entstünde, müsste man annehmen, es komme aus der Notenpresse.
Die Frage wenigstens, wie d i e F l o s k e l entstanden sein dürfte, ist nicht schwer zu beantworten. Viele haben nämlich vorher angenommen, Geld sei Geld wegen der Golddeckung. Manche Marxisten nehmen es bis heute an und sprechen die Annahme offen aus. (Natürlich betrachten sie Geld immer auch als „Arbeitsgallerte“ – wozu unten mehr -, nur genügt ihnen das nicht.) Aber dass sich auch viele „bürgerliche“ Theoretiker von der Idee der Golddeckung (oder der Erinnerung an sie) nicht lösen, mag eben daraus zu entnehmen sein, dass ihnen unser heutiges nicht mehr goldgedecktes Geld als Geld „aus dem Nichts“ erscheint. Bei Binswanger ist es ganz deutlich, er sagt: Geld entstehe „sozusagen“ aus dem Nichts, und fügt einschränkend hinzu, in Wirklichkeit treffe dies nicht ganz zu, denn (!) „Gold spielt als Währungsreserve immer noch eine gewisse Rolle“ (Die Wachstumsspirale, Marburg 3. Aufl. 2009, S. 116).
Dass der Schein trügt, sehen wir schon, wenn wir nur auf der monetären Ebene bleiben. Ja, eigentlich fehlt es sogar am trügenden Schein, denn jeder weiß doch, dass Kredite der Geschäftsbanken und schon das Geld der Zentralbank nur im Tausch gegen „Sicherheiten“ vergeben beziehungsweise emittiert werden. Die Notenpresse wird nur angeworfen, wenn vorher solche „Sicherheiten“ vorgewiesen werden. So bietet die Zentralbank „liquiditätssuchenden Banken in regelmäßigen Abständen an, Wertpapiere zu kaufen“, die nach 14 Tagen zurückgekauft werden müssen, „damit sich die Banken auf diese Weise Geld direkt von der Zentralbank beschaffen können“. Das ist also „eine Art Kredit, der durch den Verkauf von Wertpapieren […] besichert wird“. (Rolf Beike, Johannes Schlütz, Finanznachrichten lesen – verstehen – nutzen, 5. Aufl. Stuttgart 2010, S. 234 f.) Geschäftsbanken, die ihrerseits Kredit vergeben, akzeptieren auch Immobilien, die nach dem Geldwert veranschlagt werden, als „Sicherheit“. Die Logik dabei ist klar: Wenn der Kredit nicht wieder hereinkommt, kann der Gläubiger auf die „Sicherheit“ zugreifen. So gesehen hat er nur weggegeben, was bei ihm bleibt. Er hat im Grunde nichts weggegeben und deshalb ist auch nichts entstanden, nichts Neues jedenfalls.
Das bedeutet, Geld entsteht sehr einfach dann, w e n n e s s c h o n d a i s t . Es ist, als wenn ich sage „Ich will 12“ und man antwortet „Nur gegen 7 + 5“: Indem ich diese „Sicherheit“ gebe, erhalte ich die 12, weil ich sie sowieso schon hatte. Sie sind nicht entstanden in diesem Prozess. Wir ziehen zunächst den Schluss, dass eine Erklärung des Geldes auf der monetären Ebene allein offenbar gar nicht gelingen kann. Was auf dieser Ebene zu sehen ist, ist nur die Logik der Geldfolge und -anschlussfähigkeit als solche. Die zu kennen ist aber auch wichtig. Ich habe schon häufig vom vorhandenen Geld a l s e i n e m “ G l e i c h u n g s g e l d “ gesprochen: Man sieht jetzt, weshalb das ein sinnvoller Begriff ist. Dieses Geld ist (wenn wir vorerst weiter auf der monetären Ebene verbleiben, obwohl sie unzulänglich ist) nicht deshalb wertvoll, weil es aus Gold bestünde oder in Gold umgerechnet werden kann, auch nicht seiner Seltenheit oder Heiligkeit wegen oder weil eine hohe Instanz es autorisiert: Es hat seinen Wert, weil es den gleichen Wert hat wie das, womit es sich gleichsetzt.
Die „Sicherheit“ erreicht zwar nicht ganz und gar den Wert dessen, wofür sie verlangt wird und gegeben werden muss. Zum einen wird das aber selbst wieder in einer Gleichung festgehalten, zum andern geschieht es, weil man annimmt, dass es sich auf einer höheren Ebene doch wieder ausgleicht. In der Gleichung wird es festgehalten, indem man einen „Verschuldungskoeffizienten“ einfügt:
„Die Unternehmen sind nur dann kreditwürdig, wenn sie über genügend Eigenkapital verfügen: Das Eigenkapital stellt aus Sicht der Banken die Garantie für die Kreditvergabe dar. Es wird vereinfachend angenommen, dass das Fremdkapital der Unternehmung in einem festen Verhältnis zu ihrem Eigenkapital steht, wobei der Verschuldungskoeffizient d, d.h. das Verhältnis zwischen dem Fremdkapital und dem Eigenkapital, durch die Geschäftsusancen der Banken entsprechend ihrer Risikopolitik bestimmt wird.“ (Binswanger, a.a.O., S. 335).
Indem man den Koeffizienten einfügt, ist Kredit gleich „Sicherheit“. Im Fall, dass ein Kredit nicht zurückgezahlt werden kann, greift die Bank einerseits auf die „Sicherheit“ zu. Andererseits haben alle Kreditnehmer auch Zinsen zahlen müssen, wodurch sich die Bank, abgesehen davon, dass es ihr vor allem Gewinn bringt, auch gegen Kreditausfälle versichert hat. Das Verhältnis von Kreditausfallwahrscheinlichkeit und erforderlicher Zinsmindesthöhe lässt sich selbst wieder berechnen und als Gleichung formulieren, jedenfalls in Geschäftszeiten außerhalb der Krise.
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Nun müssen wir die monetäre Ebene verlassen, weil die Erklärung, dass „Geld entsteht, weil es schon da ist“, doch nur eine Problemverschiebung ist. Sie ist gut genug zu zeigen, dass unser Geld nicht „aus dem Nichts“ entsteht, auch dass es Gleichungsgeld ist. Aber wenn Geld sich immer wieder nur auf Geld beriefe, hätte es gar keinen Wert. Sonst müsste man sich ja vorstellen können, in einer Gesellschaft, sagen wir auf einer großen Insel, wo man sich durch Beerensammeln ernährt, hätten immer schon auch Geldscheine oder (sonstige) Wertpapiere zirkuliert, von denen jedes sich auf alle andern beruft, und sie wären dann bereits wertvoll. Nein, wir müssen zu erklären versuchen, wie Geld entsteht, das etwas wert ist; mit dem man, wenn man es hat, gut einkaufen kann. Ferner muss der Umstand, dass wir es mit Gleichungsgeld zu tun haben, das heißt mit einer G e l d g l e i c h u n g s k e t t e , wo jede Geldsumme auf andere, die gleichen Wert haben, zurück- oder vorausweist oder beides, in den Erklärungsversuch eingehen. Die Entstehung d i e s e r K e t t e haben wir zu erklären. Dabei wäre es wenig sinnvoll, ihren Anfang zu suchen, denn sie hat keinen auf ihrer eigenen monetären Ebene.
Wir sind auf dem richtigen Weg, wenn wir beachten, dass sie n i c h t u n u n t e r b r o c h e n fortläuft, sondern nur bei Bedarf. Will sagen, dazwischen dass kreditierbares Geld auf eine Bank kommt und diese tatsächlich kreditiert – wozu sie, wie wir sahen, dem Kreditnehmer eine Sichteinlage gewährt und dadurch neues Geld schöpft (vgl. 96. Notiz) -, wie auch zwischen den Malen, wo eine Geschäftsbank Geld von der Zentralbank anfordert, vergeht Zeit. Es wird auf jeden Fall geschehen, deshalb läuft da wirklich eine Gleichung durch, ja eine Kette von Gleichungen; aber wer nur die Situation herausgreift, in dem ein Bankkunde Kredit bekommt oder die Zentralbank um Geld angegangen wird, wird d i r e k t v o r h e r „nichts“ finden, was die Präsenz der Kette verrät.
Das Geld entsteht nicht aus dem Nichts. Wahr ist aber, dass es immer wieder erst auftauchen muss. Es ist wie beim Märchen vom Klapperstorch: Empfängnis und Geburt eines Kindes sind, wenn sie passieren, jedesmal ein neues, einmaliges Ereignis, und doch sind alle Kinder im Teich des Klapperstochs schon da – soll eins geboren werden, wird es von dort geholt. Das Märchen hat einen wahren Kern: Ein Kind, so sehr seine Geburt ein Neuanfang ist, ist insofern nichts Neues, als Kinder m ö g l i c h sind. Entsprechend die Geldschöpfung der Zentral- oder Geschäftsbank. Sie entsteht nur so aus dem Nichts, dass sie aus der Möglichkeit entsteht. Geld entsteht, weil es schon da ist, haben wir gesagt, jetzt sehen wir, dass ein Mittelglied fehlte, denn im Ganzen entsteht Geld 1. deshalb, weil die Entstehung möglich ist, und ist 2. die Entstehung möglich, weil das Geld schon da ist. Aus der Möglichkeit entstehend oder jedenfalls auftauchend, kommt Geld i n s o f e r n aus dem Nichts, als das Mögliche „nichts Wirkliches“ und s o g e s e h e n „nichts“ ist.
Die punktuellen Ereignisse, in denen sich die fortlaufende Geldgleichungskette manifestiert, tauchen also je und je aus dem Nichts der Möglichkeit auf. Aber so wenig die Geldkette einen Geldwert transportieren würde, wenn weiter nichts da wäre als sie, so wenig würde es ihre Ereignisse – das punktuelle Auftauchen von Gleichungsgliedern – mit Wert begaben, wenn die Möglichkeit des Auftauchenkönnens nur wieder in ihrer Ermöglichung durch andere vorausgegangene Geldereignisse läge. Indem ich das sage, gebe ich zu erkennen, dass mich die Geldentstehungstheorie Binswangers wie auch die rudimentäre Theorie, die man aus dem hier schon mehrfach zitierten Buch von David Graeber herauslesen kann (Schulden. Die ersten 5.000 Jahre, Stuttgart 2012), nicht überzeugen. Binswanger will annehmen, das Geld komme aus der Zukunft: Der Kreditgeber könne es generieren, weil der Kreditnehmer es zurückgeben werde. Umgekehrt Graeber, er führt es auf die Vergangenheit zurück – die Kette der Gläubiger bis zu dem Punkt, wo die erste Zentralbank gegründet wurde, weil ein Staat (der britische) sich bei seinen Bürgern verschulden musste. Irgendwie suggeriert er, dass noch in der heutigen Menge kreditierbaren Geldes jene allerersten britischen Zentralbankeinlagen fortgeschrieben seien. Doch wo würden, wenn das so wäre, wiederum diese Einlagen hergekommen? Nein, so kommen wir nicht weiter.
Um die Frage, was es möglich macht, dass Geld „auftauchen“ kann, beantworten zu können, muss man sich einer Zeit erinnern, in der das Gleiten der Geldgleichungskette durch eine Katastrophe total unterbrochen, also wirklich abgebrochen ist und dann doch wieder in Gang gebracht werden kann. Nehmen wir die Einführung der D-Mark nach dem Zweiten Weltkrieg. Alle Bürger bekommen eine gleich große Geldanfangssumme. Dieses Geld kann sich auf kein anderes vorausgegangenes berufen. Es ist aber so auch noch gar nicht entstanden. Erst dadurch entsteht es, dass die Eigentümer von Produktionsmitteln Kredit aufnehmen, um Rohstoff und Arbeitskraft einkaufen zu können, kurz um die Produktion in Gang zu bringen. Mit dem Geld, das die Arbeiter und Arbeiterinnen bekommen, kaufen sie Waren zurück, die sie produziert haben.
So kommt die Geldwirtschaft in Gang. Das Geld kommt in Gang, weil die Produktion in Gang kommt. Und warum bekommen die Eigentümer der Produktionsmittel Kredit? Natürlich nicht weil die geringe Geldanfangssumme, die sie bekommen haben wie alle andern auch, von den Banken als „Sicherheit“ akzeptiert worden wäre, sondern weil sie Eigentümer von Produktionsmitteln sind. Diese sind die „Sicherheit“ für den Kredit. Und so ist Geld auch hier nur entstanden, weil es schon da war. Trotzdem sehen wir jetzt klarer. Denn wenn man auch sagen kann, der Kredit sei auf Basis einer Geldwertabschätzung der Produktionsmittel zustande gekommen, ist doch ebenso wahr, dass die Produktionsmittel als Produktionsmittel in dieser elementaren, wirklich anfänglichen Situation das Einzige sind, was als Gegenwert für eine Geldemission überhaupt zur Verfügung steht.
Produktionsmittel gibt es aber nur, weil sie erarbeitet werden. Sie am wenigsten verleiten zu dem Gedanken, sie könnten „aus dem Nichts“ entstanden sein. Sie sind selbst nur ein Mittelglied; zu sagen, das erste Geld sei vergeben worden, weil es Produktionsmittel gab, heißt l e t z t l i c h sagen, es sei vergeben worden, weil gearbeitet worden war und werden würde, immer schon ohne Anfang und Ende. Wenn wir also sagen, Geld tauche aus etwas auf, das es möglich mache, dann können wir nur die Möglichkeit zu arbeiten meinen. Und wer wollte es bestreiten: Nur solches Geld ist werthaltig, das von der Zentralbank einer Gesellschaft emittiert wird, in der die Arbeitsproduktivität hoch ist.
3
Es war deshalb eine schlagend richtige Idee von Marx, den logischen Urbeginn des kapitalistischen Geldes modellhaft anhand eines einzigen warenförmigen Arbeitsprodukts – „20 Ellen Leinwand“ – darzustellen, dem ein zweites – „1 Rock“ – zur Seite tritt, das schon rudimentäres Geld ist. Es ist insofern Geld, als es sich austauschen lässt, wenn auch vorerst nur, in diesem logisch ausgedachten Modell, gegen eine einzige Ware. Diesem Urgeld (logischen, nicht historischen) geht nun wirklich nichts voraus als jenes warenförmige A r b e i t s produkt. Denn sowohl wenn wir den Rock als Rock nehmen, entsteht er durch Erarbeitung (seine eigene), als auch wenn wir ihn als rudimentäres Geld anerkennen (als dieses Geld entsteht er, weil die Ellen Leinwand erarbeitet wurden). Geld und schon rudimentäres Geld entsteht aus Arbeit. Es m u s s nicht aus Arbeit entstehen, die selbstverständlich auch ohne Geld getan werden kann, aber nur wenn gearbeitet wird, ist Geldentstehung m ö g l i c h .
Wir ziehen aus dieser Einsicht nicht denselben Schluss wie Marx, dass Geld nicht aus Arbeit entstehen s o l l , weil es falschen Schein wecke: In ihm statt in der Arbeit liege, was einer Gesellschaft ökonomisch möglich sei. Vom Geld der Anderen Gesellschaft geht keinen solcher Effekt mehr aus (vgl. 98. Notiz). Wir ziehen stattdessen den Schluss, dass Geld nur aus d e r Arbeit entstehen soll, die a l s A r b e i t möglich ist. Damit sind wir dann doch sehr nahe bei Marx, der sich ja vorgestellt hat, die nachkapitalistische Gesellschaft würde resümieren, wie viel Arbeitskraft zur Verfügung steht, und diese dann in der von ihr gewünschten Proportion auf die verschiedenen Arbeitszweige verteilen (vgl. MEW 23, S. 92 f.). Mein ganzes Projekt läuft darauf hinaus zu zeigen, dass Marx‘ Idee sich auch dann verwirklichen lässt, wenn es individuelle Produktionsmittel-Eigentümer (das sind Privatindividuen, Genossenschaften, Ota Siksche „Mitarbeitergesellschaften“), Warenverkehr u n d a u c h G e l d gibt. Geld in der Hand freier Individuen, auch freier Unternehmen steht der Marxschen Idee nicht entgegen, obwohl er selbst das nicht sehen wollte.
Wer aber, mit Recht, gegen Marx auf diese Freiheit pocht, über Geld und die darin liegenden Wahlmöglichkeiten zu verfügen – dass es wichtigere Freiheiten gibt, ist kein Gegenargument -: muss sich fragen lassen, ob er nicht seinerseits einräumt, dass die als Geld definierte Sache, statt irgendwie eigenmächtig zu sein, nur die vorhandene Arbeitskraft spiegeln sollte. Ob nicht die Grenzen der Arbeit die äußersten Grenzen des Geldes sein müssten.
Den Ausdruck „vorhandene Arbeitskraft“ haben wir zu präzisieren. Er soll bedeuten „die Arbeitskraft, die von der Gesellschaft zur Verfügung gestellt worden ist“. Marx hat nicht ganz so gedacht. Für ihn ist selbstverständlich, dass die Gesellschaft a l l e Arbeitskraft zur Verfügung stellt, die sie hat. Das wundert uns nicht, denn zu seiner Zeit waren auch reichste Gesellschaften nur erst auf dem Weg, sich mit dem Lebensnotwendigen und der von allen gleichermaßen gewünschten Infrastruktur zu versorgen. Heute indes müsste alles damit anfangen, dass die Gesellschaft w ä h l t , zwischen v e r s c h i e d e n e n O p t i o n e n : für welche Produktion sie mehr, weniger oder gar keine Arbeitskraft zur Verfügung stellen will. In reichen Gesellschaften wird sich dann immer ergeben, dass kein Zwang besteht, jederzeit alle Arbeitskraft zu nutzen. Das Geld der Anderen Gesellschaft bildet daher nicht die mögliche Arbeit überhaupt, sondern die von der Wahl e r m ö g l i c h t e Arbeit ab.
Auch Marx indes und die Marxisten sollten etwas einräumen. Es betrifft die andere Seite des Geldes: Geld ist nicht nur „Arbeitsgallerte“, sondern auch M i t t e l d e r W e r t w a h r u n g – eben die Sache, die ich bekomme, weil ich sie schon habe, oder die ich habe, weil ich sie bekomme, obwohl ich sie weggebe. „Das Eigentum des verkauften Gegenstands tritt man immer ab. Aber man gibt nicht den Wert weg“ – schreibt Marx -, sondern erhält ihn „in der Form von Geld“ zurück (MEW 25, S. 357). In dieser Funktion wird Geld g e b r a u c h t , wenn man Wertwahrung und individuelles Eigentum überhaupt will. Marx wollte Beides! Man kann es nicht oft genug wiederholen! Er schreibt, die nachkapitalistische Gesellschaft „stellt nicht das Privateigentum wieder her, wohl aber das individuelle Eigentum“ (MEW 23, S. 791), und weiter: Es „bleibt, nach Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise, aber mit Beibehaltung gesellschaftlicher Produktion, die Wertbestimmung vorherrschend in dem Sinn, dass die Regelung der Arbeitszeit und die Verteilung der gesellschaftlichen Arbeit unter die verschiedenen Produktionsgruppen, endlich die Buchführung hierüber, wesentlicher denn je wird“ (MEW 25, S. 859).
Dann aber ist es doch geradezu nützlich, im Prinzip jedenfalls, dass Geld G l e i c h u n g s geld geworden ist. Wir haben gesehen (oder uns daran erinnert), Geld hat Wert und ist Wert, weil es in Arbeit gründet. Nicht aber nur, dass es Wert h a t , sondern auch, dass es ihn ü b e r t r ä g t , ist wichtig, und B e i d e s zeigt sich und wird optimiert durch seinen Gleichungscharakter. Würde Geld die ökonomischen Möglichkeiten einer Gesellschaft getreu abbilden, so wäre die gleichungsexakte Übertragung genau dieses Möglichen und der Möglichkeitsgrenzen eine gute Sache. Daraus ergibt sich die nächste Frage, mit der ich in der nächsten Notiz weitermache: Wenn die Ökonomie einer Gesellschaft sich über Gleichungsketten zusammenhält, gestiftet von ihrem Gleichungsgeld, was wird dann übertragen? Die ökonomische Ausgangslage der Gesellschaft, artikuliert oder artikulierbar in einer Wertmenge, wäre pauschal zu antworten. Aber was ist diese Ausgangslage? Wir werden nicht dieselbe Antwort erhalten, wenn wir die vorhandene und wenn wir die Andere Gesellschaft betrachten.