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Im vorigen Eintrag, wo es um die Preisbildung nach Proportionswahlen ging, hatte ich Anlass, die Ökonomie der Anderen Gesellschaft mit derjenigen der DDR zu vergleichen. Von ihr kann doch immerhin gelernt werden, worauf bei der kritischen Preisbeobachtung zu achten ist. Denn das wurde dort im Detail aufgelistet und hat damit, dass man die Preise auch festsetzte, an sich gar nichts zu tun. In der Anderen Gesellschaft werden Preise nicht festgesetzt, sondern entwickeln sich frei. Wenn sie beobachtet werden, dann um Unfreiheit zu verhindern oder zu beseitigen. Will sagen, es wird für unmanipulierte Marktpreise gesorgt: die sich aus dem Zusammentreffen der seriösen Kosten- und Gewinnberechnung aller Beteiligten spontan ergeben. Das gelingt, weil es keine Geschäftsgeheimnisse mehr gibt. Heute will ich die Andere Gesellschaft mit der Bundesrepublik vergleichen. Dazu eignet sich die sogenannte Energiewende. Das Erste, was ins Auge fällt, ist gerade die Preisbildung.
Als Alternative zur Nutzung der Atomenergie war die Energiewende von einer großen Bevölkerungsmehrheit begrüßt worden. Ein Umbau solcher Größenordnung wirft aber Kosten auf und es fragt sich nicht nur, wer sie tragen soll, sondern auch, ob sie durchsichtig berechnet werden. Während Letzteres nicht der Fall war und ist, stiegen und steigen die Strompreise. Das hat dazu geführt, dass bei einer Umfrage vor der Bundestagswahl 2013 42 Prozent der Befragten den Satz hinnahmen und unterschrieben, sie seien „die Verlierer der Energiewende“. Natürlich lag eine suggestive Fragestellung zugrunde – als werde die Energiewende um des ökonomischen und nicht eines ganz andern Gewinns willen veranstaltet. Dennoch stellt sich die Frage der gerechten Lastenverteilung in allem Ernst. Wie sie bei der genannten Wahl formuliert wurde, war bezeichnend. Das ganze Wahljahr über trommelte eine gewisse Presse, das Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG), beschlossen 2000, sei für die Preisentwicklung verantwortlich und müsse deshalb zurückgenommen werden. Es auf den Weg gebracht zu haben, wird als Leistung der Grünen angesehen. Deren Stimmenanteil ging daher drastisch zurück.
Hätten wir schon die Andere Gesellschaft, wären drei Dinge anders gelaufen. Erstens gehören die Fragen, um die es im EEG geht, zu denen, die nicht durch Parlamentswahlen und daraus hervorgegangene Staatsregierungen, sondern durch gesellschaftliche ökonomische Wahlen beantwortet würden. Das EEG sollte ja bewirken, dass der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch bis zum Jahr N von damals x auf dann y Prozent ansteigt. Genau diese Art Entscheidungen sehen wir für die Proportionswahl vor. Aus gutem Grund, wie man doch sieht. Wenn nämlich die Proportionswahl von der Parlamentswahl getrennt ist, treten gewisse Vermengungen nicht mehr auf – zum Beispiel dass die Grünen als Partei, die eine bestimmte Proportion vorschlägt, sich auch mit einem Pädophilieproblem vergangener Zeit herumschlagen müssen, das natürlich genau im Wahlkampf aus der Versenkung auftaucht.
Wenn getrennt von der Parlamentswahl eine ökonomische Wahl stattfindet, weiß die wählende Gesellschaft vorher, welche Kosten beim Umbau anfallen. Das ist das Zweite. Die mutmaßliche Kostenentwicklung, die zu einer Planvariante gehört, ist im jeweiligen Wahlprogramm angegeben. Nicht nur übrigens, damit Geringverdienende ihre Stimme gegen allzu ehrgeizige Umbaupläne abgeben können, sondern auch umgekehrt deshalb, weil dieselben Wähler vielleicht willens sind, für eine bessere Wahl etwas draufzuzahlen. Zum Beispiel bekommen heute die Erzeuger von Meereswind einen Festpreis von 14 Cent pro Kilowattstunde. „Festpreis“ bedeutet für sie wie für alle Erzeuger irgendeiner erneuerbaren Energie, dass ihr Erzeugnis immer zuerst in die Energienetze fließt, also immer verkauft wird und zwar zum festgelegten Preis auf 20 Jahre. Dieser Preis ist höher oder niedriger je nach Investitionskosten der Anlagen, die für die Gewinnung einer Energieart gebraucht werden. Im Fall der Erzeuger von Meereswind sind die Kosten ziemlich hoch, sie stehen damit gegen andere Erzeugergruppen schlecht da. Es heißt nun, der Preis könne durch Anwendung einer schon entwickelten Technologie auf 10 Cent gesenkt werden.
Das bedeutet erst einmal noch mehr Investitionskosten, später jedoch die Senkung. Dann liegt der Preis nur noch ein Cent über der billigsten Energieart. Nun handelt es sich aber bei dieser Technologie um Schwachwindturbinen, für die man sehr hohe Türme bauen müsste. Das Landschaftsbild würde beeinträchtigt. Andererseits sprechen für den Meereswind dessen Kontinuierlichkeit und Stärke. Wer hier an der Entscheidung teilnimmt, muss nicht die Kostenfrage zum obersten Kriterium machen, auch nicht das Landschaftsbild. Vielleicht ist ihm die größere Winddichte wichtiger. Aber immer weiß er auch, wie sich die Planvarianten im Kostenvergleich ausnehmen.
Dabei muss es gar nicht (nur) um Kosten gehen, die vom Stromverbraucher zu tragen sind. Das ist das Dritte. Denn es gäbe einen Umbaufonds, in den alle Unternehmen eingezahlt hätten – in Voraussicht, dass die nächste Proportionswahl zur Verschiebung der Nachfragen führen, den Unternehmen also einen Umbau abverlangen könnte – und der jetzt eben in Anspruch genommen würde. Wie stark, kann alle Wähler der Proportionswahl interessieren, es geht ja, auch wenn der Fonds sie nicht unmittelbar betrifft, um i h r e Ökonomie, und so entscheiden sie auch darüber in erster Instanz. Sie tun es, indem sie die Kostenfrage bei der Proportionswahl mitbedenken.
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Mit dem EEG war geregelt worden, dass der Festpreis auch dann ausgezahlt wird, wenn er über dem Marktpreis liegt; die Differenz wird in Gestalt einer „Umlage“ auf den Strompreis aufgeschlagen. Dass diese Umlage rasant gestiegen ist, hat geschickten Demagogen zur Panikmache genügt: 0,2 Cent pro Kilowattstunde im Jahr der Einführung, betrug sie 2009 beim Regierungsantritt der schwarz-gelben Koalition 2 Cent, 2013 5,3 Cent und für 2014 konnten im Wahlkampf über 6 Prozent vorausgesagt werden. Aber was war daran so erschreckend? Die Zahlen spiegelten den Erfolg der von der rot-grünen Regierung in Gang gesetzten Energiewende wider. Je mehr in erneuerbare Energien investiert wurde, desto höher wurde die Umlage. Und tatsächlich werden heute schon 25 Prozent des verbrauchten Stroms aus erneuerbarer Energie erzeugt. Das hatten die Urheber des EEG im Traum nicht erhofft. Die Gesamtkapazität allein der Windanlagen, die in Deutschland schon gebaut wurden, ist höher als diejenige von 30 Atomkraftwerken.
Teuer bezahlt? Nein, keineswegs. Die Umlage macht 14 Prozent des Strompreises aus – das ist nicht nichts, aber noch weniger alles. Netzentgelte machen 20 Prozent aus, Steuern 24 Prozent. Woraus schon einmal hervorgeht, dass der sogenannte Festpreis kein Fall von Preisfestsetzung wie in der DDR ist. So wenig wie die Steuern mit ihrem deutlich höheren Anteil es sind. Noch höher ist nur der Anteil dessen, was in Statistiken unter „Stromerzeugung und Vertrieb“ figuriert – 33 Prozent! Hierin steckt der unbekannte Profitanteil der Konzerne, und wir staunen: In den letzten zehn Jahren stieg der Strompreis für Haushaltskunden um 11,5 Cent pro Kilowattstunde, die EEG-Umlage nur um 4,9 Cent. Wie kann das sein? Es war folgerichtig, dass die Linkspartei im Bundestagswahlkampf staatliche Preiskontrollen forderte. Und wenn die Grünen vorschlugen, die Konzerne sollten zur Weitergabe billiger Preise gezwungen werden, konnten sie nur dasselbe im Sinn haben. Sie wiesen darauf hin, dass der Marktpreis, das ist der sogenannte Nettostrompreis, den die Leipziger Strombörse ermittelt, sehr tief liegt und zwar gerade deshalb, weil immer mehr Strom aus erneuerbarer Energie erzeugt wird – die großen Konzerne denken trotzdem nicht daran, den Strom zu verbilligen.
Wir sprechen von den bekannten Monopolisten E.ON, EnBW, RWE und Vattenfall, die den Strommarkt zu 80 Prozent beherrschen und, statt dass sie konkurrieren, den Markt in Einflusszonen zerlegt haben. Sie können die Preise gestalten wie sie wollen, niemand darf ihnen in die Karten gucken und wenn sie überhöhte Gewinne abzweigen, können sie noch gleichzeitig behaupten lassen, der ökologische Rettungsversuch sei das Problem. So ein Verhalten ist in der Anderen Gesellschaft nicht mehr möglich. Abgesehen davon, dass Gebilde solcher Größenordnung in Vergesellschaftete Unternehmen umgewandelt sein werden (108. Notiz), wird auch kein Stromhändler, egal ob groß oder klein, seine Preise noch im Geheimen aushecken dürfen. Wie er rechnet, liegt offen zutage, und wieviel Gewinn er höchstens machen kann, ist festgelegt.
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Preishemmende oder -treibende Wirkung geht auch davon aus, ob eine Energiewende mehr geplant oder mehr ungeplant verläuft. Die, die wir erleben, gehört offenbar zur zweiten Sorte. Dass man ihr das nicht vorwerfen kann, ist klar. Sie war ein neuer Weg und es war gut, dass er so schnell wie möglich beschritten wurde. Ein „Masterplan“ hätte sowieso nicht durchgesetzt werden können. Aber wir können fragen, wie dieselbe Wende in der schon verfassten Anderen Gesellschaft ablaufen würde. Das Durchsetzen jedenfalls würde nicht schwierig sein.
Eine rot-grüne Regierung gab es, die einerseits das Ziel einer bestimmten Quote erneuerbarer Energie nach soundsoviel Jahren formulierte und andererseits als Methode, es zu erreichen, die Festpreiszusage machte. Wie nun aber, wenn das Ziel von einer Folgeregierung über Bord geworfen wird? So geschieht es ja jetzt. Die Erzeuger erneuerbarer Energie haben immer mehr Marktanteile gewonnen, Kohleproduzenten entsprechend verloren. Genau um das zu erreichen, war das EEG geschaffen worden. Statt nun den Erfolg zu begrüßen, sorgt sich die neueste Regierung um die Kohleproduzenten und setzt ein bescheideneres Umbauziel. Denen fühlt sie sich verpflichtet. Da können die Kohleproduzenten auch Druck ausüben. Bei einer Proportionswahl können sie es nicht. Deren Ergebnis ist bindend, bis die Wähler selbst es revidieren.
Nicht mehr wird wie heute der Anschein erweckt werden können, als setze man immerzu einen Plan durch, zum Beispiel eine sogenannte Energiewende, während in Wahrheit mal dies, mal das durchgesetzt wird, mal das Zurückdrängen der Kohle, dann wieder deren Förderung, wobei das Logo immer alles deckt und zudeckt – die Energie hört ja nie auf, sich irgendwie „zu wenden“. Diese Konfusion besteht nicht erst, seit es das EEG gibt. Dass ein Gesetz über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien bereits am 1. 1. 1991 in Kraft trat, ist heute etwas in Vergessenheit geraten. Und doch hat das EEG diesen Vorläufer. Dabei hat die Regierung Helmut Kohl mit Angela Merkel, der damaligen Bundesumweltministerin, keineswegs schon beabsichtigt, auf Atomenergie zu verzichten. Deshalb ging man auch nicht so weit zu behaupten, eine Energiewende finde statt. Man sagte nur, es gebe einen „Energiemix“, der aus ökologischen Gründen verändert werde, hin zu mehr erneuerbarer Energie, die den Atomstrom ergänzen sollte.
Wer heute von der Energiewende spricht, hat zwar die Abwendung vom Atomstrom und dessen Ersatz aus erneuerbaren Quellen im Auge. Was aber faktisch geschieht, ist immer noch nichts anderes, als dass die Größenverhältnisse eines „Energiemixes“ mal in die eine, mal in die andere Richtung modifiziert werden. Wie man es 1991 für ökologisch progressiv halten sollte, dass erneuerbare Energien gefördert wurden, obwohl gleichzeitig auch die Atomverstromung weiterlief, so sollen wir heute glauben, der ökologische Umbau finde statt und er sei es, der Energiewende genannt werde; dabei „wendet“ sich der Umbau momentan zur Kohle hin – zur Antiökologie. Eine Politik profitiert vom erotischen Klang der Wörter. Die „Wende“ erinnert an erfreuliche Ereignisse in der DDR 1989. (Freilich auch an Wendehälse!) „Energiemix“ gehört der Urlaubssphäre an, man assoziiert Getränke wie Campari Orange oder Cuba Libre.
Gerade hier, wo sich abzeichnet, worum es wirklich geht, wird Unklarheit geradezu systematisch erzeugt. Was ist denn ein Energiemix, wenn nicht das proportionale Verhältnis der Energiearten zueinander? Über dieses zu entscheiden nimmt die Politik in Anspruch – man fragt sich dann doch, warum das nicht bedeutet, dass die Gesellschaft es entscheidet. Die Gesellschaft, die 1991 deutlich und dauerhaft die Nutzung von Atomenergie abgelehnt hat, aber nicht gefragt wurde. Heute wird sie nicht gefragt, ob sie Kohleverstromung will.
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Natürlich stellt sich auch die Frage, ob ein vorab formulierter „Masterplan“ überhaupt sinnvoll gewesen wäre. Spielt nicht bei solchen Mammutprojekten die Erfahrung, die man erst bei der Ausführung gewinnt, eine ausschlaggebende Rolle? Ja, das mag wohl im Allgemeinen so sein. Aber gerade die Energiewende zeigt Züge, über die eine Entscheidung vorab möglich und erleichternd gewesen wäre.
Man wird doch nicht sagen, es sei Schicksal, dass die Ausweitung des Marktanteils von Wind- und Solarstrom schon eine kritische Schwelle überschreitet, über die Art der dafür gebrauchten Stromnetze aber noch keine Einigkeit besteht, weshalb ja ihr Bau, der nicht wartet, weder hinreichend noch angemessen sein kann. Was werden da für Kosten gehäuft, die nicht notwendig entstehen mussten. Zwei Hauptfragen technischer Natur lassen sich unterscheiden, und ich will sie etwas ausführen, nur um deutlich zu machen, dass es eben doch Dinge gibt, die man hätte planen können. In der Anderen Gesellschaft wäre es so gelaufen, dass man zuerst in einer Proportionswahl die Anteile der verschiedenen Energiearten festgelegt hätte. Die Umsetzung des gewählten Ziels, ständige Steigerung des Stromanteils aus erneuerbaren Energien, hätte die beiden technischen Hauptfragen aufgeworfen, von denen gleich die Rede sein wird. Zu ihrer Beantwortung wäre der ökonomische Rat zusammengetreten, wo die Produzenten selber sich auf den gemeinsamen Hauptweg einigen und ihn der Gesellschaft vorlegen (Hinweise dazu in der 61. und 65. Notiz ). Die Politik hat ein Auge auf sie, damit sie den besten und auch kostengünstigsten Weg beschreiten. Sofern Interessen der Bürger durch den gefundenen Weg tangiert sind, werden diese von neuem befragt. Die Bürger interessiert zum Beispiel, ob Stromtrassen über- oder unterirdisch verlaufen.
Um welche technischen Fragen handelt es sich? Zum einen ist umstritten, ob die neue Netzstruktur mehr zentralisiert sein oder mehr lokalen Charakter haben soll. Dass die vorhandene zentralisiert ist, hängt mit ihrer Herkunft aus der Zeit des Atomstroms und der offiziellen Strommonopole zusammen, die es ja eben faktisch immer noch gibt. Wenn Wind und Sonnenkraft genutzt werden, liegt wegen der unterschiedlichen lokalen Bedingungen eine dezentrale Struktur insofern näher, als an wind- oder sonnenbegünstigten Orten die spontane Bereitschaft, zur neuen Energienutzung überzugehen, recht groß sein wird und davon eine sich ausbreitende Energiewende „von unten“ ausgehen kann. Grüne und Linkspartei setzen aus diesem Grund auf die dezentrale Struktur und auch die SPD tut es wenigstens in ihrem Wahlprogramm für die Bundesebene. Wenn es ums Handeln geht, wird man freilich nur ihre Kommunalpolitiker mitziehen sehen, während sie schon im Bundesland Hamburg, einem Stadtstaat, als Regierungspartei mit den Energiekonzernen zusammenarbeiten will und mithin für zentralisierte Stromnetze plädiert.
Bei der zweiten Hauptfrage handelt es sich um die neue Notwendigkeit, erzeugten Strom fallweise mal fließen zu lassen, mal zurückzuhalten und also zu speichern, sowie ihn vom Speicherort aus in fallweise verschiedene Richtungen fließen zu lassen. Denn Wind und Sonnenkraft fallen in bestimmten Gegenden mehr an als in anderen, zudem unterscheidet sich ihre Stärke nach Tagen und Jahreszeiten. Deshalb ist in bestimmten Zeiten und Gegenden mehr da, als gebraucht wird, in andern Gegenden aber mal weniger, mal genug. Man braucht also, um Strom fallweise mal zu speichern und mal fließen zu lassen, und zwar mal dahin, mal dorthin, eine flexible Speichertechnologie. Diese ist noch gar nicht entwickelt, obwohl es die beschriebene Problemlage schon gibt.
Zwei Beispiele. In der Prignitz wird regelmäßig mehr Strom erzeugt als verbraucht werden kann, dort läuft denn auch ein speichertechnologisches Pilotprojekt. Es wird von einem der großen Konzerne betrieben und ist an den zentralisierten Netzen orientiert: Man will das vorhandene Stromnetz mit dem vorhandenen Gasnetz, das große ungenutzte Speicherkapazität hat, verbinden und in dieses die Wind- und Solarenergie erst einmal einspeisen. Solange es diese Speicherkapazität nicht gibt, kommt es vor, dass überschüssiger Strom ans Ausland abgegeben werden muss, wofür man dann noch bezahlt, statt bezahlt zu werden. Auch so entstehen Kosten, die den Strompreis erhöhen. „Eine bessere Balance von Angebot und Nachfrage könnte den Ausbau des Stromnetzes eine Nummer kleiner ausfallen lassen und helfen, Kosten zu sparen“, stellt ein Zeitungsbericht über das Prignitz-Projekt fest. Das andere Beispiel ist Schwäbisch-Hall. Dieser Ort ist in ein dezentrales Stromnetz eingebunden, und das genügt. Er betreibt für sich selbst und die angeschlossenen Kommunen ein einziges konventionelles Kraftwerk, das hinreichend viel Notstrom für alle Beteiligten speichert. Es gibt also Orte, die keinen Notstrom von auswärts brauchen. Und es gibt andere, die das Prignitz-Projekt gebrauchen können. Man bräuchte den Überblick, dann ließe sich die benötigte Kapazität eines Überlandnetzes feststellen.
Beide Fragen hätten längst eindeutig entschieden sein können, und zwar von der Gesellschaft. Sie könnten auch heute zur gesellschaftlichen ökonomischen Wahl gestellt werden. Das geschieht aber nicht. Noch einmal, es geht nicht darum, den trial-and-error-Charakter eines Umbaus von der Größenordnung der Energiewende grundsätzlich zu bestreiten. Aber zum einen kann der unvermeidlichen Unsicherheit der Versuche ein Rahmen vorgegeben sein. Zum andern kann geregelt sein, dass es eben die Gesellschaft ist und nicht die Regierung in Engführung mit vier großen Konzernen, die den Rahmen ändert, nachdem sie ihn selbst gesetzt hat. Wenn die Gesellschaft erst glaubt, der Anteil der aus Biogas zu gewinnenden Energie könne ausgeweitet werden, dann entdeckt, dass Biogas auf Kosten der Nahrungsgewinnung geht, und den Anteil daher wieder senkt, ist das nachvollziehbar und gut. Wenn aber nur speziell die Konzerne entdecken, dass ihnen die Kohlefelle wegschwimmen, und sie die Macht haben, für eine „Energiewende“ zu sorgen, die ihnen den Pelz nicht nass macht, ist das weniger gut.