(79) Die neue Dominante

5. Karl Polanyis Beitrag zur Theorie des Marktes / Vierter Teil – Vor der Erörterung von Proportionswahlen: Zugehörige neue, nicht mehr kapitalistische ökonomische Institutionen

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Ich unterschied in der vorigen Notiz drei Diskurse, von denen jeder jeweils aus der Funktionsweise einer bestimmten ökonomischen Gesellschaftsformation entspringt, diese auch artikuliert, durchs Artikulieren zusammenhält und durchs Zusammenhalten allererst möglich macht. In der Reihenfolge ihres historischen Auftretens sind das der  m e t a p h o r i s c h e  D i s k u r s  der Gesellschaften, die sich allein mittels der Strukturen der Verwandtschaft instituieren, der  s u b s u m t i v e  D i s k u r s , durch den sich staatliche Herrschaft geltend macht, und der  A n g l e i c h u n g s d i s k u r s  der Marktmaschine, der zusammen mit dieser in kapitalistischen Gesellschaften dominiert. An vierter Stelle nannte ich den  A n t w o r t d i s k u r s , machte aber noch keine Angaben über seinen institutionellen Ort, außer dass ich postulierte, er werde die Dominante der Ökonomie der Anderen Gesellschaft sein. Von Dominanz spreche ich, weil wir seit der staatlich verfassten Gesellschaft immer alle Diskurse zugleich antreffen, so dass eine Gesellschaft seitdem nicht mehr durch Angabe „ihres Diskurses“, sondern nur des in ihr dominierenden Diskurses charakterisiert werden kann.

Die Überlegung führte ich ein, um für unsere Absicht, die Marktmaschine  u m z u b a u e n , „einen leitenden Gesichtspunkt zu gewinnen“. Dieser Gesichtspunkt liegt also darin,  d a s s  d e r  A n t w o r t d i s k u r s  d o m i n i e r e n  s o l l , zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte. Wir beginnen mit einer terminologischen Klärung und dem Versuch, auch dem Antwortdiskurs einen institutionellen Ort zuzuordnen.

Was wir terminologisch zu klären haben, ist das Verhältnis der Begriffe „Subsumtion“ und „Dominanz“. Es könnte ja scheinen, als würden alle Gesellschaften, in denen mehrere Diskurse vorkommen und einer von ihnen dominiert, eben deshalb vom subsumtiven Diskurs dominiert. Aber Dominanz muss nicht die Form der Unterordnung haben, die wir allein „subsumtiv“ nennen. Das schlagende Beispiel ist die kapitalistische Gesellschaft: In ihr dominiert die Marktmaschine und mit ihr der Angleichungsdiskurs, aber man kann nicht sagen, das Parlament, die Regierung, überhaupt der Staat sei ihr untergeordnet. Es ist im Gegenteil ganz klar, dass die Marktmaschine dem Staat untergeordnet ist, insofern als er dessen Maßnahmen und Gesetzen, handle es sich um Interventionen oder gesetzte Rahmenbedingungen, formell Folge zu leisten hat oder hätte. Diese Unterordnung führt eben n i c h t zur Dominanz des Staates über die Marktmaschine, wie jeder weiß. Die Frage, wie „Dominanz“ überhaupt funktioniert – wir sehen vorerst nur, dass es sie gibt -, erörtere ich in dieser Notiz noch nicht. Klar ist, wie Subsumtion funktioniert. So eben nämlich, dass sie ein Diskurs ist: sich als das, was sie ist, „ausdrücklich“ artikuliert. Ob sie nun als Befehl und Gehorsam, als Anleitung und Folge, als Vorbild und Nachfolge oder ganz schlicht als logische Implikation geschieht („aus p und q folgt p“), man kann sie nicht missverstehen.

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Für die zweite Klärung brauche ich mehr Raum. Ich habe den Ausdruck „Diskurs“ in der vorigen Notiz mit den Worten eingeführt, das sei „eine auf bestimmte Weise codierte Aussagenmenge“, besser hätte ich „Äußerungsmenge“ gesagt, „die mit bestimmten Institutionen verwoben ist“. Mit welcher Art Institutionen der metaphorische, der subsumtive, der Angleichungsdiskurs „verwoben“ ist, wurde erörtert und oben noch einmal in Erinnerung gerufen: der erste hängt mit Verwandtschaft, der zweite mit Staatlichkeit, der dritte mit der Marktmaschine zusammen. Da wir übrigens guten Grund haben, hier von einer „Maschine“ zu sprechen, ist darin schon angedeutet, dass auch ein Zusammenhang mit der Institution Naturwissenschaft besteht. Was nun aber den Antwortdiskurs angeht, so sehen wir bisher nur die Seite seiner Codierung. Von der ist in meinen Notizen häufig die Rede gewesen. Vom Frage-Antwort-Spiel: dass zu seinen möglichen Spielzügen die Zurückweisung der Frage durch die ihr erteilte Antwort gehört; dass, auch wenn die Frage nicht zurückgewiesen wird, stets mehrere Antworten möglich sind, unter denen der Antwortende wählt; dass, alles zusammengenommen, das Fragespiel eine Art ist, mit der Verschiedenheit von Möglichkeit und Wirklichkeit zu operieren. Aber auf welche Institutionen verweist dieses Spiel? Worauf hat es sich in der bisherigen Menschheitsgeschichte gestützt?

Leicht und auf den ersten Blick ist es deshalb nicht zu erkennen, weil es bisher noch nie eine Gesellschaft gegeben hat, in der der Antwortdiskurs die Dominante gewesen ist. Ein Diskurs muss sich seinem Dominantseinkönnen mindestens stark genähert haben, damit er als das, was er ist, sich wenigstens abzeichnet und von da aus der Rückblick auf seine institutionelle Vorgeschichte möglich wird. Dies scheint aber heute der Fall zu sein, denn die Andere Gesellschaft ist zur Tagesaufgabe geworden. Blicken wir also zurück. In der bisherigen Geschichte des Antwortdiskurses gibt es, so scheint mir, ein Ereignis, durch das sie sich in zwei Teile zerlegt: Platons Postulat des Philosophenkönigs.

Dass laut Platon der „Dialektiker“ einer ist, „der zu fragen und zu antworten versteht“, habe ich in der 53. Notiz schon referiert. Diese Bestimmung überträgt sich notwendig auf den Philosophen überhaupt, und nicht nur deshalb, weil es der Dialektiker Sokrates ist, dem Platon die Lehre vom Philosophenkönig in den Mund legt. Sondern auch weil Sokrates bei dieser Gelegenheit fragt, „was wir eigentlich unter Philosophen verstehen“, und antwortet: „Wer […] ohne weiteres bereit ist sich jedes Wissensfaches zu bemächtigen und mit Lust ans Lernen geht  u n d  n i c h t  g e n u g  d a v o n  h a b e n  k a n n “  – wer also nie aufhört, zu fragen, zu antworten und wieder zu fragen -, „den werden wir mit Recht weisheitsliebend (Philosoph) nennen.“ Die wahren Philosophen sind aber diejenigen, „die die Wahrheit zu schauen begierig sind“, und zwar ohne sie erreichen zu können. (Sie können sich ihr allenfalls nähern, da die Wahrheit eine Zukunft ist, von der nur bildlich, als „Idee“, etwas vorscheint.) Gerade dieser nun, der Philosoph, soll  p o l i t i s c h  führen. (Politeia 474 f.)

Das hat er vor und nach Platon niemals getan, jedenfalls nicht auf einfache Weise. Nie wurde einem Philosophen nur deshalb, weil er Philosoph war, die staatliche Befehlsgewalt gegeben. Aber das Interessante ist, dass er es in vermittelter Weise vielleicht doch getan hat, mal sehr spürbar und mal wenigstens ansatzweise. Nicht „der“ Philosoph als einzelne Person, auch nicht der „Philosoph“ unter dieser Bezeichnung; aber dass die Kompetenz des „zu fragen und zu antworten Verstehens“, wenn wir so das  S p i e l  als solches subjektivieren, in den Staat immer gleichsam hineinbefohlen hat, mal mehr, mal weniger, und immer ohne zum Befehlen „berechtigt“ zu sein (oder es gar erzwingen zu können), darf doch gesagt werden.

Vor Platon schon gab es das Nebeneinander von politischer und geistlicher Führung. Das Fragen und Antworten oblag der letzteren. Die Vogelschau zum Beispiel ist älteren Ursprungs als die Antike, in der wir sie vorfinden: Der Priester steckt für den Blick zum Himmel ein Geviert ab, achtet darauf, wie es von Vögeln durchflogen wird, und die Schlüsse, die er daraus zieht, gehen in die politische oder militärische Beschlussfassung ein. Was ich den „Frageraum“ genannt habe, ein übrigens von Althusser entlehnter Begriff, der den Bereich erwarteter möglicher Antworten bezeichnet, entspricht diesem Geviert.

Zur Zeit Platons, ja schon etwas vorher, gab es das Gerichtswesen, die Orestie zeugt davon und auch die Ödipus-Tragödie. Dass es „Sophisten“ gab, deren einer Sokrates war, der Lehrer Platons, hat mit der Existenz des Gerichtswesens viel zu tun, waren sie doch Lehrer der Rhetorik, eines Überredens, das oft eher täuschte als der Wahrheitsfindung diente; gerade damit setzt sich Sokrates auseinander.

Nach Platon kam es in formell christlichen Reichen und Gemeinwesen zu einer Art Trennung in politisch-militärische und von der Kirche ausgeübte hegemoniale Herrschaft. Die Kirche verlor sie im 18. Jahrhundert zunehmend an die Aufklärung. Die Aufklärung nahm das Fragen und Antworten für jedermann in Anspruch, genauso wie vorher im Protestantismus das Priestertum aller Gläubigen proklamiert worden war. Man braucht ja nur Kants Kritik der reinen Vernunft aufzuschlagen, um dort lesen zu können, was das neue Vorbild auszeichnet, den „Naturforscher“: dass er „an die Natur geh[t], zwar um von ihr belehrt zu werden, aber nicht in der Qualität eines Schülers, der sich alles vorsagen lässt, was der Lehrer will, sondern eines bestallten Richters, der die Zeugen nötigt, auf die Fragen zu antworten, die er ihnen vorlegt“ (B XIV). Dies Verfahren wird darauf hinauslaufen, dass ausgerechnet die interessantesten Fragen, etwa ob die Natur einen Anfang habe, als unbeantwortbar zurückgewiesen werden (vgl. A VII f.).

Damit sehen wir zur Genüge, worauf sich der Antwortdiskurs in seiner Vorgeschichte hat stützen können: auf richterliche und Priesterrechte vor allem, dann auch auf die Instituierung des Künstlers und des Philosophen. In der Aufklärungszeit vereinen sich solche verschiedenen Stützpunkte zum auf Wahlen gegründeten Parlamentarismus. Die Parlamente gehen historisch aus Gerichten hervor. In der Vorstellung, dass alle sie wählen können müssen, ist die Lehre vom Priestertum aller Gläubigen säkularisiert. Und was ist eine Wahl? Die  B e a n t w o r t u n g  der  F r a g e , wer, oder welche Partei, gewählt werden soll. Hier kann es schon geradezu scheinen, als sei der Antwortdiskurs längst zur Dominante geworden. Dem ist nicht so: Die stärkere Wirkung geht bis heute von der Marktmaschine aus. Aber die Zeit ist nahe. Denn seitdem es den Parlamentarismus gibt,  s t e l l t  sich die  F r a g e , warum nur in politischen Belangen gewählt wird und nicht auch in ökonomischen. Wo sich eine Frage stellt, wird sich eine Antwort finden.

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Die Andere Gesellschaft gibt nicht nur eine weitere Antwort auf eine weitere Frage, sondern macht den Antwortdiskurs selber zur Dominante. Das heißt vor allem, sie lässt ihn alles bestimmen, auch die Regeln der Ökonomie. Welchen Markt, mit welchen Gütern, es geben soll, wird die Andere Gesellschaft  w ä h l e n . Ich habe das schon häufig betont, will es aber unter dem Aspekt des  U m b a u s  der Markt m a s c h i n e  noch einmal neu formulieren, allerdings erst in der nächsten (80.) Notiz.

Für heute greifen wir das Thema „Trennung von Angebot und Nachfrage“ wieder auf, das in der 71. Notiz schon behandelt wurde. Ja, es gibt doch „Nachfrage“, zeigt das nicht, dass längst schon der Antwortdiskurs auch ökonomisch dominiert? Aber diese „Nachfrage“ verhält sich nicht zu Antworten, sondern zu „Angeboten“. Eine Nachfrage ist eben etwas anderes als eine Frage, es ist eine Frage, der die Beantwortung schon vorausgesetzt ist. Das Angebot ist die fertige Antwort: Der Käufer kann nur „nachfragen“, wie sie im Einzelnen gemeint ist. Mit dem Auto soll er fahren, Öffentlicher Nahverkehr wird nicht ausgebaut. Wie kann ich das bei meinem Gehalt, fragt er zurück, und wählt den billigen oder teuren Wagen. Dies Verhältnis kehrt die Andere Gesellschaft um. Hier antwortet zuerst diese, in allgemeinen Wahlen, und es ist  a n  d e n  U n t e r n e h m e n , „nachzufragen“, wie es im Einzelnen gemeint ist. Damit es ihnen gelingt, gute Interpretationen der Antwort der Gesellschaft „anzubieten“, wird ihnen vor Ort geholfen: Künstler propagieren mögliche Güter, wie es das Bauhaus einst getan hat. Man hat dann die Wahl nicht bloß zwischen zwei wirklichen Gütern, die nebeneinander auf dem Ladentisch liegen, sondern zwischen dem wirklichen und dem möglichen Gut. Man sieht, welche Unternehmen das Mögliche realisieren, welche nicht.

Tatsächlich funktioniert das nur, wenn Angebot und Nachfrage, oder besser eben: Angebot und  F r a g e , getrennt sind. Die Gesellschaft, statt immer schon Sklave des Angebots zu sein, muss in Distanz zum bisher Angebotenen ihre eigene Frage stellen und selbst beantworten können. Dann erst, nach dieser  U n t e r b r e c h u n g  des Marktgeschehens, soll der Markt wieder hinzutreten und aus der Antwort der Gesellschaft etwas machen. Das haben wir bereits erörtert. Ich will noch ergänzen, dass damit eine Neuanordnung der vier Diskurse erfolgt. Jetzt führt der Antwortdiskurs. Die Marktmaschine und ihr Angleichungsdiskurs, den ich auch erst in der nächsten Notiz unter dem Umbaugesichtspunkt näher betrachte, orientiert sich an ihm, verliert aber deshalb nicht die Eigenständigkeit. Im Innern der Unternehmen, auch wenn es Genossenschaften oder, nach Ota Sik, „Mitarbeitergesellschaften“ sind, gibt es die Funktionstrennung von Anleitung – die gewählt sein kann, was nichts ändert – und Ausführung, also den subsumtiven Diskurs. Schließlich: Dass die Unternehmen der gesellschaftlichen Antwort interpretierend „nachfragen“, wie eben gesagt, geschieht in der Form, dass sie versuchsweise etwas anbieten. Diese Kommunikation läuft zum nicht unwesentlichen Teil über Bilder (Werbung, Design), womit der metaphorische Diskurs ins Spiel kommt, anders aber als heute nicht bloß von Unternehmerseite.

So sind alle Diskurse vom Antwortdiskurs dominiert und in ihn „eingebettet“, was sicher zur Folge hat, dass sie auch in sich selber Züge des Antwortdiskurses aufnehmen werden. Anleitung kann wählbar sein. Die Bildlichkeit des Angebots wird Gegenstand der Kommunikation zwischen Unternehmen und Nichtunternehmen, geschieht also im Austausch von Fragen und Antworten. Ob auch ins Angleichungsgeschehen des Marktes Frage-Antwort-Logik eingeht, ist ein Thema, das in der 80. Notiz mitbehandelt werden kann.

Hier aber kommen wir noch einmal auf Polanyi zurück, denn auch er hat die Trennung von Angebot und Nachfrage erörtert. Er findet in ihr ein wesentliches Strukturmerkmal vorkapitalistischer Gesellschaften. „Zwei Marktelemente“, schreibt er, „sollten als spezifisch gelten, nämlich Anbietergruppen und Nachfragegruppen; sind beide vorhanden, sprechen wir von einer Marktsituation.“ Sie werden somit „als separate und spezifische Marktelemente bezeichnet. Hinsichtlich des modernen Marktes wäre dies natürlich unzulässig; hier finden wir ein Preisniveau, auf dem sich Baisse in Hausse verwandelt, und ein anderes Preisniveau, auf dem dieses Wunder in umgekehrter Reihenfolge auftritt. Dies hat dazu geführt, dass viele die Tatsache übersahen, dass Käufer und Verkäufer auf jedem anderen als dem modernen Markttypus getrennt sind. Dies wiederum führte zu einem zweifachen Missverständnis. Erstens erschienen ‚Angebot und Nachfrage‘ als miteinander verbundene Elementarkräfte, während in Wirklichkeit jeder der beiden aus zwei völlig verschiedenen Komponenten bestand, nämlich einer Menge von  G ü t e r n  auf der einen Seite, und einer Anzahl von  P e r s o n e n , die als Käufer und Verkäufer mit diesen Gütern verbunden sind, auf der anderen.“

Personen, die in der mathematisierten Volkswirtschaftslehre ein wenig untergehen. Zum Beispiel, wer fragt Billigjobs unterhalb des Existenzminimums nach, also das Gut Arbeitskraft ohne zureichende Entlohnung, und wer bietet sie an? Wenn nur die Logik der  “ G ü t e r “  und ihrer Preise zählt, ist das egal, denn ein „Gleichgewichtspreis“ kann immer zustande kommen, auch wenn die  P e r s o n e n  verelenden, die an den „Gütern“ ärgerlicherweise noch dranhängen.

„Zweitens erschienen ‚Angebot und Nachfrage‘ als untrennbar wie siamesische Zwillinge, während sie in Wirklichkeit spezifische Personengruppen darstellten, je nachdem, ob sie die zur Verfügung stehenden Güter abgaben oder sie als Bedarf nachfragten. Angebotsgruppen und Nachfragegruppen müssen daher nicht gemeinsam anwesend sein. Wenn, beispielsweise, Kriegsbeute vom siegreichen General an den Meistbieter versteigert wird, dann ist nur eine Nachfragegruppe vorhanden; wenn aber Aufträge aufgrund des niedrigsten Angebots vergeben werden, dann hat man es mit einer Angebotsgruppe zu tun. […] Diese Verschiedenheit der Angebots- und Nachfragegruppen formte die Organisation aller Marktsituationen vor der Moderne.“ (Die Wirtschaft als gerichteter Prozess, in: Ökonomie und Gesellschaft, Frankfurt/Main 1979, S. 219-244, hier S. 241 f.)

Warum soll sie nicht auch die Marktsituation der Anderen Gesellschaft wieder formen? Es ist jedenfalls offenbar nicht verrückt, sich so etwas vorzustellen. Daran, dass Angebots- und Nachfragegruppen „gemeinsam anwesend“ sind, wird sich zwar natürlich nichts ändern. Aber anders als heute werden die „Nach“fragenden ihr Interesse unabhängig vom Angebot bestimmen können, weshalb man sie, oder sie sich selber, dann auch anders nennen werden. Und umgekehrt, der einzelne potentielle Anbieter von Arbeitskraft wird unabhängig von der Nachfrage der Unternehmer entscheiden, ob und unter welchen Bedingungen er  w i r k l i c h  anbietet. Das kann er, weil er sein Grundeinkommen hat.

Auch wegen unserer Theorie der vier Diskurse geben wir Polanyi noch einmal das Wort. Denn vor ihrem Hintergrund fällt es leichter, sein Postulat der  “ E i n b e t t u n g “  des Marktes zu würdigen. Dass darunter nicht verstanden werden muss, es solle wieder einen Staat geben, dem der Markt wieder subsumiert würde, habe ich schon betont. Wie wir jetzt besser sehen, hat Polanyi es aber auch selbst nicht so verstanden. Er formuliert vielmehr, man könne „heute deutlicher erkennen, als dies in der Vergangenheit gelegentlich der Fall gewesen ist, dass der Markt als allgemeines Bezugssystem nicht überwunden werden kann, solange es den Gesellschaftswissenschaften nicht gelingt, ein größeres Bezugssystem zu entwickeln, auf das der Markt als solcher bezogen werden kann“ (S. 244) Das „Bezugssystem“ des Marktes ist der Angleichungsdiskurs, das „größere Bezugssystem“ aber, oder wenn man will  d a s  B e t t , ist der Antwortdiskurs.