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Ich rekapituliere, was bisher geschah: Führte die 93. Notiz zu der These, dass Geld dazu da ist, die ökonomischen Möglichkeiten u n d d e r e n G r e n z e n anzuzeigen, so wurde in der 94. ergänzt, dass dies nur gelingen kann, wenn G e s e l l s c h a f t s g e l d u n d i n d i v i d u e l l e s G e l d nicht dasselbe sind und wenn das erste über das zweite dominiert, was eben ihre Verschiedenheit voraussetzt. Nur wenn sie verschieden sind, kann dominantes Gesellschaftsgeld die Überschreitung der Möglichkeitsgrenzen signalisieren. Als Nächstes wäre die Frage zu beantworten, die sich am Ende der letzten Notiz ergab: wie solche Dominanz in der Anderen Gesellschaft w i e d e r h e r g e s t e l l t werden kann und wie man erreicht, dass solches Geld, in seiner Verschiedenheit von individuellem Geld, wirklich gesellschaftliches und n i c h t S t a a t s g e l d ist. Ich brauche heute allen Raum zur Vorbereitung, um die Antwort in der nächsten Notiz geben zu können.
Zunächst beseitige ich eine Unklarheit, die mir unterlaufen ist. „Gesellschaftliches Geld“, schrieb ich, „war Edelmetall, das der Staat bei sich lagerte. Bevor Münzen geprägt wurden, war es nicht in Umlauf, sondern man tauschte auf inneren Märkten mit Kaurimuscheln und dergleichen. Das war das individuelle Tauschgeld. Wertvoll war solches Geld nur in seinem errechenbaren Bezug zum gesellschaftlichen Geld.“ Das stimmt im Prinzip, doch habe ich die Verhältnisse Babyloniens und des afrikanischen Königreichs Dahomé miteinander vermischt. Denn dort, wo Gesellschafsgeld Edelmetall war, waren nicht Kaurimuscheln das individuelle Geld, und wo sie es waren, war Edelmetall nicht Gesellschaftsgeld (das Folgende nach Karl Polanyi, Die Semantik der Verwendung von Geld, in: ders., Ökonomie und Gesellschaft, Frankfurt/M. 1979, S. 317-345, hier S. 330-332).
Edelmetall und zwar Silber als Gesellschaftsgeld treffen wir in Babylonien an. Wenn ein Stück Land individuell verkauft wurde, gab es dafür einen staatlich festgesetzten Preis, der in „Schekel“ Silber ausgedrückt, aber nicht gezahlt wurde; individuelle Tausch- und Zahlungsmittel waren Gerste, Öl, Wolle, Datteln, Ziegeln und anderes. Da deren Preis ebenfalls staatlich festgesetzt und in Schekel Silber ausgedrückt war, konnte eine Äquivalenz hergestellt werden zwischen dem Stück Land und einer Reihe von Lebensmitteln, nötigenfalls in Form eines „Sortiments“, über die jedermann verfügte. Nach den Quellen, die uns noch zugänglich sind, beschränkte sich der mit solchen individuellen Zahlungsmitteln betriebene Tausch auf bestimmte Güter, wie eben zum Beispiel Land, und kam es nicht vor, dass Öl, Wolle und so weiter auch gegeneinander getauscht wurden. Das braucht man nicht auf eine staatliche Regelung zurückzuführen, es ist nicht verwunderlich in einer auf Eigenversorgung basierenden bäuerlichen Gesellschaft.
In Dahomé bestand das Gesellschaftsgeld aus Sklaven. Hier war es die Hauptaktivität des Staates, jährlich Krieg zu führen mit dem Ziel der Sklavenbeute. Die Sklaven wurden aber nicht getauscht, es sei denn im Handel mit fremden Souveränen. Ihr Exportpreis wurde in Unzen Goldstaub berechnet, wenn auch nicht ausgezahlt. Inländisch war eine Äquivalenz zwischen Sklaven und Kaurimuscheln staatlich festgesetzt; Letztere dienten als individuelles Tauschmittel. Sie kamen dadurch in Umlauf, dass der König sie jährlich bei einem Fest in die Menge warf, man könnte sagen „ausschüttete“.
Silber oder Sklaven als Gesellschaftsgeld: Das Gemeinsame ist, es handelt sich um sehr wertvolle Dinge – auch der Sklave zählt hier nur als Ding -, so dass eine geringe Menge genügt, sehr viel damit zu bezahlen. Ferner ist gemeinsam, dass die Dinge abgezählt werden können. Sie sind im Fall von Silber oder Gold auch in homogene Teile beliebiger Größe dividierbar, was aber vorläufig nur für die Berechnung ausgenutzt wird, da es noch keine Münzen gibt. Für die Berechnung, also nur virtuell, wären dann wegen ihrer Äquivalenz mit Kaurimuscheln auch Sklaven teilbar: Wenn ein Lebensmittel soundsoviel Muscheln wert ist und ein Sklave x Muscheln, ist das Lebensmittel den xten Teil des Sklaven wert.
Wir sehen im Vergleich von Edelmetall und Sklaven, was das Gesellschaftliche am Gesellschaftsgeld ist, das hier als Staatsgeld in die Geschichte eintritt: weniger der Dingcharakter von Edelmetall oder Sklaven, eher die Festsetzung ihrer Äquivalenz mit individuellem Geld. Das Gesellschaftliche liegt also zunächst in ihrem Charakter als Recheneinheit, den sie nicht von Natur haben, sondern der ihnen staatlich zugeschrieben wird, und dann erst in ihrer Materialität, die für den Zweck, Recheneinheit zu sein, eine gewisse Eignung mitbringen muss.
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So beschrieben, erscheinen diese Geldverhältnisse denen im Realen Sozialismus nicht unähnlich. Eine Reform des kapitalistischen Geldes mit dem Ziel, Gesellschaftsgeld von individuellem Geld zu emanzipieren und über es zu setzen, war hier angestrebt und wurde erreicht. Ganz so, wie ich gefordert habe? Nein, keineswegs. Aber es ist klar, dass jeder derartige Versuch und so auch meiner sich mit dem realsozialistischen Versuch auseinandersetzen muss.
Dabei muss natürlich vorausgeschickt werden, dass der Begriff „Gesellschaftsgeld“ im Realsozialismus nicht akzeptiert worden wäre. Mit Geld, hätte hier jeder gesagt, werde nur individuell getauscht. Daneben und darüber gebe es die gesamtgesellschaftliche Verrechnung ohne Geldcharakter. Auf diese Weise glaubte man dem Marxschen Motiv, Geld überhaupt abschaffen zu wollen, wenigstens ein Stück weit entgegengekommen zu sein. Wir werden sehen, der Einwand ist unbestreitbar richtig, und doch habe auch ich nicht Unrecht, wenn ich dabei bleibe, die realsozialistische Verrechnung „Gesellschaftsgeld“ zu nennen. Denn im entscheidenden Punkt, dass aus ihr die Preise individuellen Geldes abgeleitet wurden, funktionierte sie genauso wie die babylonische Verrechnung.
Um individuelles Geld kam man ja nicht herum, da man die Individuen befähigen musste, zwischen verschiedenen Gütern zu wählen, und dann scheint die Frage müßig, wo das Geld angefangen hat, Geld zu sein: hier erst, wo das Individuum es in der Hand hat, oder da, wo es gesellschaftlich (staatlich) errechnet und verteilt wird. Wie gesagt, das ist nur die eine Seite. Es ist natürlich auch wahr, dass man mit einer bloßen Rechnungseinheit, die nur das Zählen, Summieren, Dividieren und so weiter erlaubt, weder tauschen noch zahlen kann und es dann doch sehr schräg zu sein scheint, ihr den geläufigen Begriff „Geld“ zuzuordnen. Doch der Casus lässt sich auch so formulieren: Indem die realsozialistische Ökonomie ihre Rechnungseinheit nicht mehr mit einem Maßstabding, welchem auch immer, zusammenfallen lässt, gelingt ihr eine in der Geldgeschichte vorher unbekannte Ausdifferenzierung. Und das bedeutet, wir befinden uns immer noch in einer Gelddiskussion.
Ich will nun erst einmal die Vergleichbarkeit mit der babylonischen Verrechnung durch ein paar Zitate aus dem Ökonomischen Lexikon der DDR illustrieren (Berlin 2. Auflage 1969 und ’71). „Das Geld“, lesen wir, „dient der Durchsetzung der wirtschaftlichen Rechnungsführung“ (Bd. I S. 745). „Die Grundforderung der wirtschaftlichen Rechnungsführung wird dann erfüllt und ökonomisch zwingend, wenn die Preise der Erzeugnisse dem gesellschaftlich notwendigen Arbeitsaufwand entsprechen und die Betriebe und Kombinate unter dieser Voraussetzung die Selbstkosten decken“ sowie den staatlich geplanten Gewinn abwerfen (Bd. II S. 524).
Was der gesellschaftlich notwendige – und auch mögliche – Aufwand sei, wird vom Staat erforscht und behauptet. Sicher behauptet er erst, nachdem er untergeordnete Instanzen angehört hat („Demokratischer Zentralismus“), aber letztlich befiehlt er die Arbeitsziele und setzt seine Hypothese vom Arbeits- und Ressourcenaufwand als Wahrheit. Die Preise in Geld zeigen daher nicht an, o b sie dem „Aufwand entsprechen“, sondern werden so „geregelt“, d a s s sie es angeblich tun. Dabei unterscheidet man im Einzelnen zwischen Festpreisen, Höchstpreisen und Vereinbarungspreisen (Bd. II S. 412). Das sind Grade der Preisbindung. Selbst noch die „Preisvereinbarung“ beruht nämlich „auf den von den Preisorganen bestätigten oder vom Herstellerbetrieb eigenverantwortlich festgesetzten Preisen“, wobei auch letztere „die gesetzlichen Preisbestimmungen“ nicht verletzen dürfen (Bd. II S. 436).
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Sogar wenn man davon absieht, dass die Erforschung des notwendigen Arbeitsaufwands für erwünschte Güter der ganzen DDR, ja der Sowjetunion und des Ostblocks von wenigen Forscherzentralen aus nicht verlässlich zu leisten war und dies desto weniger, je mehr sich Produktion und Konsum entfalteten, war die skizzierte Konstruktion gemessen an der Marxschen Werttheorie problematisch. Nach dieser ist ein Aufwand gesellschaftlich notwendig, wenn er auf dem fortgeschrittensten technologischen Niveau oder anders ausgedrückt in größtmöglicher Arbeitsproduktivität erfolgt. Was notwendig ist, kann sich aber letztlich nur auf dem Weltmarkt entscheiden, dem kein Forscherzentrum befehlen kann. Gewiss wäre ein autarker „Sozialismus in einem Block“ denkbar, der seine Bevölkerung aus eigenen Ressourcen gut genug versorgt, dass niemand hungert und alle ein Obdach haben, ein Sozialismus, der auch aus eigener Kraft die Arbeitsproduktivität und in der Folge die Diversifikation der Güter immerzu steigert. Aber so ein System wollte der Realsozialismus aus gutem Grund nicht sein. Vielmehr sollte der Kapitalismus „eingeholt und überholt“ werden.
Aus gutem Grund, denn erstens konnte seiner Bevölkerung das Konsumniveau der führenden kapitalistischen Ländern nicht verborgen bleiben. Das eigene System wurde daran gemessen. Zweitens durfte mindestens im militärischen Sektor des staatlichen Konsums keine technologische Unterlegenheit zugelassen werden. Drittens hängt Beides zusammen: Wenn das technologische Niveau im Militärischen hoch ist, kann es überall hoch sein. Dieser Zusammenhang zeigte sich ex negativo, als der Ostblock den Kalten Krieg verlor. Weil nämlich seine Computertechnik weniger entwickelt war als die des kapitalistischen Westens, gerieten seine Waffensysteme ins Hintertreffen und war es ihm zugleich nicht möglich, den Weg in die faszinierende Internetwelt zu bahnen (vgl. hierzu die 8. Notiz).
Autarke Produktion wurde letztlich dennoch versucht. Denn man bewahrte die einheimische Produktion davor, sich am Weltmarktniveau messen zu müssen, zu welchem Zweck es nötig gewesen wäre, die Produkte in Weltgeld auszupreisen. Weltgeld als Rechnungseinheit blieb draußen vor, weil man ihm nicht befehlen konnte. Zuletzt musste man es aber doch hereinlassen, Stichwort Intershop. Das war dann schon der Anfang vom Ende, denn man hatte mehr hereingelassen als ein Tausch- und Zahlungsmittel, verwendbar in bestimmten Läden: die Anschauung eines kaufkräftigeren Geldes, das in sich selbst auch Rechnungseinheit, überlegenes Gesellschaftsgeld des Westens war.
So geht es nicht. Man kann das Geld nicht aus der Erforschung der zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte und -stunden oder aller vorhandenen „Produktionsfaktoren“ hervorgehen lassen, sondern nur aus dem W e r t dieser Dinge. Der Wert aber stellt sich nicht anders heraus, als dass er durchs Feuer von Angebot und Nachfrage auf dem Weltmarkt gegangen ist. Hier ist Weltgeld das Medium. Also muss man es hereinlassen. Wie früher am Gold, muss sich heute jede Weltregion am Dollar, vielleicht noch am Euro messen.
Es geht ja nicht anders, man muss in Werten rechnen. Spricht nicht selbst Marx vom „Wert“ im Kommunismus, wenigstens noch in Das Kapital, Buch III (das vor Buch I entstand)? Es „bleibt“, sagt er, „nach Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise, aber mit Beibehaltung gesellschaftlicher Produktion, die Wertbestimmung vorherrschend in dem Sinn, dass die Regelung der Arbeitszeit und die Verteilung der gesellschaftlichen Arbeit unter die verschiedenen Produktionsgruppen, endlich die Buchführung hierüber, wesentlicher denn je wird“ (MEW 25, S. 859).
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Während der Realsozialismus vergeblich versuchte, sich vom Weltgeld unabhängig zu machen, lässt die Andere Gesellschaft es herein. Doch wir sind noch nicht so weit, das erörtern zu können, denn erst muss die Konfusion aufgelöst werden, in die wir uns oben verwickelt haben. Gesellschaftsgeld, Individualgeld, Weltgeld – was ist denn überhaupt Geld?
Wenn wir dabei bleiben, den Geldbegriff mindestens daran zu binden, dass von einer zum Tausch und zur Zahlung geeigneten Sache die Rede sein muss, dann ist eine abstrakte Verrechnung, die auf keiner andern Recheneinheit als der Zahl basiert, kein Geld. In diesem Sinn scheint die realsozialistische Ökonomie über kein Gesellschaftsgeld verfügt zu haben. Da sie aber ohne umlaufendes Individualgeld nicht funktioniert hätte und da als dessen Wertschlüssel eben die Verrechnung funktionierte, war diese vom Individualgeld doch nicht zu trennen. Das muss auch begrifflich zum Ausdruck kommen.
Mindestens so, dass wir mit dem Begriffspaar Geld u n d G e l t u n g operieren. Geld ist Individualgeld, dieses aber lässt sich von „Gesellschaftsgeld“ insofern nicht trennen, als Geld nur Geld ist, wenn es gilt.
Weiter. Der Ausdruck „Gesellschaftsgeld“ lässt sich, so scheint es, im Vollsinn nur verwenden, wenn die Geltung an ein Material geknüpft ist, zum Beispiel an Silber. Denn nur dann kann es getauscht und kann mit ihm bezahlt werden. Wo das Material wegfällt wie im Realsozialismus, kann nur von gesellschaftlicher Geltung die Rede sein. Wir sagen, hier sei es die Verrechnung als solche, die, auch wenn ihre Materialität auf Zahlenzeichen reduziert ist, dem Individualgeld das Moment der G e l d g e l t u n g hinzufügt, ohne welches es selbst kein Geld wäre. Diese ist vom Individualgeld wirklich vollkommen verschieden.
Das war es aber ja gerade, weshalb ich den Ausdruck „Gesellschaftsgeld“ eingeführt habe.
Er lässt sich denn auch in h i s t o r i s c h e r Perspektive a u f r e c h t e r h a l t e n : Die Klassifikation tauschbarer Güter in Papua-Neuguinea, die an dingliche Einheiten gebundene Verrechnung in Babylonien oder Dahomé und die entdinglichte Verrechnung im Realsozialismus, sie sind alle insofern Gesellschaftsgeld, als sie dem Individualgeld die Geldgeltung einprägen.
Daher bleibe ich dabei: Statt zu sagen, das sei kein Geld, weil man mit ihm nicht tauschen noch zahlen kann, sage ich, i s o l i e r t e s Gesellschaftsgeld – das weder an ein Material wie Silber, Gold, Sklaven gebunden noch mit Individualgeld verschmolzen ist – sei kein Geld. Und erinnere an das Umgekehrte: I s o l i e r t e s I n d i v i d u a l g e l d , das sich von gesellschaftlicher Geldgeltung abnabeln wollte, w ä r e a u c h k e i n s . Denn auch mit ihm könnte man nicht tauschen noch zahlen.
Zu welchem Schluss kommen wir also? Wir sehen doch einfach, dass es keinen Sinn macht – weder begrifflich noch real -, sämtliche Seiten des Geldes zu einer einzigen Konfusion zusammenzurühren und vor ihr dann, heilig ergriffen, in die Knie zu sinken. Wie es unsere ökonomisch verkorkste Gesellschaft tut. Nein! Individualgeld (zum Zahlen, zum Tauschen) und Gesellschaftsgeld (das die Geldgeltung verleiht) waren getrennt und müssen es wieder werden.
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Am Ende dieser Notiz will ich zwei Dinge, die sich implizit schon geklärt haben, noch einmal deutlich aussprechen und danach eine Ankündigung machen. Erstens, es ist zwar wahr, dass Gesellschaftsgeld nur Geld ist, wenn man es mit Individualgeld zusammenspannt, wie umgekehrt dasselbe gilt. Es ist aber nicht wahr, dass Gesellschaftsgeld ohne materiellen Gehalt – ohne Gold, ohne Silber, ja ohne Notenpapier, Dinge, mit denen man auch tauschen und zahlen kann – kein Geld wäre. Gesellschaftsgeld braucht keine eigene Materialität, da für diese ja schon gesorgt ist. Dadurch, dass Individualgeld, als notwendiges Pendant von Gesellschaftsgeld, nun wirklich immer materialisiert sein muss.
Zweitens, wir haben an den Beispielen gesehen: Eine notwendige Bindung von Gesellschaftsgeld an Individualgeld und umgekehrt kann gedacht werden, ohne dass sie, als wären schon Münzen eingeführt, miteinander verschmolzen sein müssten. Sie sind eben nicht nur notwendig verbunden, sondern auch notwendig getrennt.
Und nun die Ankündigung: Wir haben Gesellschaftsgeld bisher in den Formen Klassifikation, verkörperte Verrechnung und unverkörperte Verrechnung kennengelernt. Diese Formen haben den gemeinsamen Mangel, das Gesellschaftliche als gesellschaftlich statuierte A u s s a g e zu formulieren. Die Tauschklasse oder das Rechenergebnis, sie werden ausgesagt. Leicht hält man sie dann für bloße Tatsachen. Doch was sind Aussagen? Es sind Antworten auf Fragen. Nie kommt eine Aussage aus „Sachzwang“ zustande, sondern sie stellt die Wahl einer Möglichkeit unter mehreren dar, eben die Beantwortung einer Frage.
Gesellschaftsgeld ist daher als A n t w o r t g e l d aufzufassen. Wenn das so ist, haben wir zu untersuchen, wer antwortet, wer die Frage formuliert und wie gefragt wird.
Wir stoßen dann auch darauf, dass sich Gesellschaftsgeld von Individualgeld nicht nur darin unterscheidet, dass das eine dem andern Geltung verleiht, sondern auch darin, dass beide nicht demselben Diskurs anhören (müssen). Dies wird verdeckt, wenn nur von der „Rechnungseinheit“ die Rede ist, denn dann scheint es, als müssten Gesellschafts- und Individualgeld darin übereinstimmen, beide weiter nichts als mathematisch zu sein. Gesellschaftsgeld ist aber im Ganzen kein Feld, in dem Mathematiker und sonstige „Spezialisten“ den Ton angeben, sondern eines der ökonomisch-politischen Entscheidung, werde sie nun aristokratisch oder demokratisch gefällt. Entscheiden ist ein anderes Wort für Antworten.
Diese Gesichtspunkte, zusammen mit dem oben genannten, dass man „das Weltgeld hereinlassen muss“, können uns leiten, wenn wir eine Geldökonomie entwerfen, die sich von der kapitalistischen emanzipiert, ohne in die realsozialistische einzumünden. In der nächsten Notiz will ich das ausführen.