(112) Die Proportionswahl als Bestellung

Zweite Abteilung / 1. Die Proportionswahl ist eine Wahl besonderer Art / Fünfter Teil – Proportionswahlen

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Mit der Frage, wie es sich verstehen lässt, dass eine Proportionswahl die Unternehmen „bindet“, hatte ich die vorige Notiz beschlossen. Der Grundriss der Antwort ist in früheren Notizen mehrfach angeklungen: Mit ihrer Wahl vergeben die Wähler einen Produktionsauftrag. Dass ein solcher dann auch auszuführen ist, ist klar.

Zwar „bestellen“ die Wähler der Anderen Gesellschaft nicht ebenso, wie es heute einzelne Kunden tun, seien das Endkonsumenten, die einen Polsterer beauftragen, oder selbst wieder Unternehmen, die bei andern Unternehmen zum Beispiel Maschinen nachfragen. Auch Autos, höre ich sagen, werden häufig erst montiert, nachdem sie bestellt worden sind. Das Beispiel des Maschinenkaufs durch Unternehmen ist für unser Modell besonders sprechend, weil es schon heute so ist, dass Maschinen ganz überwiegend nur auf Bestellung produziert werden. Daran knüpft sich ja die Idee, in der Anderen Gesellschaft könne es einen Zentralcomputer geben, den alle Käufe von Investitionsgütern zu durchqueren haben, so dass illegale Käufe, solche, die mit dem Resultat der letzten Proportionswahl nicht verträglich sind, gleich auffallen und gestoppt werden können. Hier nun, in der Anderen Gesellschaft, kommt auch ein anderer Typ von „Bestellung“ vor, insofern als mit der Proportionswahl nicht konkrete Produkte, sondern Produktklassen nachgefragt werden. Es findet da keine Wahl einer bestimmten Menge bestimmter einzelner Produkte statt. Weil aber die Proportionswahl darauf hinausläuft, der Produktion von Gütern, die mit dem Wahlresultat verträglich, sonst aber nicht festgelegt sind, bestimmte Grenzen zu setzen, haben wir es jedenfalls mit einer „Bestellung“ im vollen Wortsinn zu tun.

Es ist nicht anders, als wenn die Gestaltung eines Parks in Auftrag gegeben wird, dessen Umfang feststeht und der bestimmten Auflagen genügen, etwa „englisch“ statt „französisch“ sein soll, während alle sonstigen Entscheidungen den Gestaltern obliegen, die ihrerseits dem Zeitgeschmack antworten.

So weit, so gut; aber wenn die Proportionswahl in diesem Sinn eine Produktklassenbestellung ist, bindet sie nicht nur die produzierenden und verkaufenden Unternehmen, sondern auch die Wähler. Was sie gewählt haben, „müssen“ sie dann auch kaufen, sonst hat das ganze Modell keinen Sinn. Es gehört ja zu den Funktionen der Proportionswahl, dass sie große Wirtschaftskrisen unmöglich machen soll, dadurch dass sie die gesellschaftliche Nachfrage langfristig vorausberechenbar macht. Damit die langfristige Nachfrage dem langfristigen Angebot entspricht, würde es nicht reichen, dass dieses gewählt wird, wenn die Wähler ihren Wahlwillen jederzeit revidieren dürften. Sie „zwingen“ sich also, das nicht zu tun. Genauer gesagt es nur in Ausnahmefällen zu tun, die zu bestimmen bleiben. In früheren Notizen wurde gezeigt, dass so ein „Zwang“ sie nicht etwa unfreier macht. Denn der Eingrenzung möglicher Kaufentscheidungen durch ökonomische Proportionen sind sie auch heute unterworfen, und auch heute ändern sich Proportionen nicht von einem Tag auf den andern. Der Unterschied ist nur, dass die Unterwerfung der Endkonsumenten heute vollständig ist, weil die Kapitallogik, die Verwertung alles regiert, während sie in der Anderen Gesellschaft  s e l b s t  entscheiden,  w e l c h e n  Proportionen sie unterworfen sein wollen.

Davon waren wir einmal ausgegangen: Wie sich motorisierter Privatverkehr und Öffentlicher Verkehr zueinander mengenmäßig verhalten, kann heute nicht durch private Kaufentscheidungen beeinflusst werden, deshalb streben wir an, dass dieses Verhältnis von der ganzen Gesellschaft, das heißt in allgemeinen Wahlen gewählt wird. Das Recht, Wörter wie „müssen“ und „Zwang“ in Gänsefüße zu setzen, leite ich denn auch aus dem Vergleich der künftigen mit der heutigen Gesellschaft ab. Sie ganz wegzulassen ginge aber nicht an, denn einen gewissen Zwang, mag er kleiner sein heute, führt auch die allgemeine Wahl trotz ihrer Freiheit herbei. Eben weil sie den Charakter einer Bestellung hat. Wer etwas bestellt, schließt einen  f r e i e n  Vertrag ab, der gleichwohl beide Vertragsparteien  b i n d e t .

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In der vorigen Notiz wurde auch betont, dass die Wähler der Proportionswahl als direkt Handelnde wie in einem Volksentscheid agieren. Es ist nicht so, als wenn ein Staat die Proportionen beeinflussen will, deshalb in sie eingreift, so gut er kann, das heißt mit Einzelmaßnahmen, und dabei vorauszusehen versucht, wie sie sich entwickeln können und zwar möglichst auf das Ziel zu, das er proklamiert. Was dann passiert, sehen wir heute an der „Energiewende“, die ich mir deshalb zu erörtern vornehme: als Beispiel, wie es nicht laufen sollte, und als Gegenbeispiel zu den Folgen von Proportionswahlen. Diese greifen nicht in die Proportionen ein, sondern legen sie direkt fest, indem ihr Resultat anzeigt, was während der Wahlperiode die längerfristige gesellschaftliche Nachfrage sein wird.

Wenn es aber das ist, was wir wollen, dann haben wir zu berücksichtigen, dass „Nachfrage“ so viel wie „kaufkräftige Nachfrage“ bedeutet. Proportionswahlen sind daher allgemeine Wahlen und freie sowieso, doch „allgemeine, freie  u n d  g l e i c h e  Wahlen“, als würde ein Parlament gewählt, sind sie nicht. Denn die Kaufkraft der Wähler ist nicht gleich und soll es nicht sein. Es wird ja ein Grundeinkommen geben und daneben die Möglichkeit, durch Arbeitsaufnahme mehr Geld zu verdienen. Es wird auch so bleiben, dass Unternehmer als Manager ein besonders hohes Einkommen haben – obgleich kein so hohes wie heute, jedenfalls nicht immer und überall; das ist eine Frage für sich, die wir jetzt beiseite lassen -, sofern sie ihrer Aufgabe gerecht werden, Organisatoren der gesellschaftlich gewollten Produktion zu sein. Dass Unternehmer nicht mehr Kapitalisten sind, ist dabei vorausgesetzt.

Es treten also Wähler mit unterschiedlicher Kaufkraft zur Proportionswahl an. Damit diese die gesellschaftliche Nachfrage anzeigt, muss den einen Wählern mehr, den anderen weniger Einfluss auf das Wahlresultat eingeräumt werden. Das heißt offenbar, wir haben es mit einer „Zensuswahl“ zu tun. Man mag erschrecken, weil das Wort historisch belastet ist. Nach einem Augenblick des Nachdenkens wird man sich sagen, dass kein Grund zur Abwehr besteht. Ein Problem liegt aber darin, dass wir uns die Frage einhandeln, wie die unterschiedliche Kaufkraft der Wähler denn festgestellt werden soll und wie es in die Durchführung der Wahl eingehen kann, ohne dass die Wähler im Zuge dessen zu „gläsernen Bürgern“ werden. Auf der „ohne dass“-Bedingung bestehen wir unbedingt, denn auch darin soll die Andere Gesellschaft anders sein als die heutige. Sie nimmt sich an der heute gängigen Praxis, dass Internetunternehmen Einblick in die Kaufgewohnheiten der einzelnen Nutzer nehmen, kein Beispiel.

Als ich Mitte der 1990er Jahre zum ersten Mal über Proportionswahlen nachdachte, die damals noch „Marktwahlen“ hießen – die Zeitschrift Kommune hat das Resultat in drei Folgen veröffentlicht: 9/96, S. 45-50, 10/96, S. 33-38, 11/96, S. 41-46 -, war es mein erster Gedanke, das Gewicht einer Wählerstimme an die Menge der Steuern zu binden, nicht die er zu zahlen hat, sondern die er tatsächlich zahlt. Es war damals schon Tagesgespräch, dass Unternehmer immer weniger Steuern zahlen, und so dachte ich, die Verknüpfung von Steuerzahlung und Wählerstimmengewicht würde eine gerechte Strafe für sie sein. Doch aus vielen Gründen war das viel zu kurz gesprungen. Mein jetziger Vorschlag ist, eine Methode anzuwenden, mit der, in Preisen ausgedrückt, der Gesamtwert aller tatsächlichen Käufe eines Wählers in der vorausgegangenen Wahlperiode ermittelt werden kann. Diese Methode besteht ganz einfach darin, eine Währungsreform durchzuführen: Banknoten werden abgeschafft, an ihre Stelle tritt die elektronische Geldkarte.

Es gibt sie ja schon, man zahlt schon häufig mit ihr. Man braucht sie also nur zu universalisieren. Wer nicht bloß kaufen, sondern auch verkaufen will, und sei es ein fliegender Händler, hat außer der Geldkarte das Abtastgerät für die Geldkarten anderer; darin liegt kein Problem. Was ich mir davon verspreche: Wenn die Geldkarte einmal da ist, kann man ihr mehr Funktionen zuweisen, als sie heute hat. Zwei neue Funktionen werden ihr zugewiesen. Erstens speichert sie kumulativ die Wertsumme aller mit ihr getätigten Endkonsumkäufe. Zweitens wird mit ihr die Proportionswahl durchgeführt. Indem ihr Besitzer oder ihre Besitzerin sie mit dem elektronischen Wahlvorgang verbindet und in ihn einfädelt, wird seine oder ihre Kaufkraft automatisch erfasst, ohne dass irgendwer erfährt, wie hoch sie ist. Nicht einmal der Kartenbesitzer selbst bräuchte sie, angenommen, er will es nicht wissen, zur Kenntnis zu nehmen.

Die Folge ist, dass durch die Mitwahl reicher Bürger keine Ungerechtigkeit entsteht und es zu keiner Verzerrung des Wahlergebnisses kommt. Ob es Reichtumsobergrenzen gibt und nach welcher Vernunft sie errichtet würden, gehört in den Bereich der Frage, von der ich sagte, dass sie hier nicht behandelt werden muss. Es spielt hier gar keine Rolle. Denn jedenfalls werden Einige reicher sein als Andere, und mit ihrem größeren Reichtum werden sie mehr und wertvollere Konsumgüter kaufen. Hier geht es nur darum, dass von der Absicht, das zu tun, ihre Stimmabgabe bei der Proportionswahl geprägt sein wird. Was ihnen als Reichtum zusteht, ist natürlich der Gegenwert dessen, was sie damit kaufen. Das heißt, es steht ihnen dann auch zu, dass es Produzenten gibt, die anbieten, was sie nachfragen. Wofür wir nur zu sorgen haben, ist, dass in ihr Stimmengewicht nicht auch solche Reichtumsanteile eingehen, die für ihren Endkonsum gar nicht eingesetzt werden. Die Rückbindung des Proportionswahlrechts an die Wertsumme der Käufe, die auf ihrer Geldkarte gespeichert ist, erfüllt diese Bedingung.

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So weit die grundsätzliche Lösung. Natürlich ist noch vieles zu bedenken. Zum einen müssen wir uns fragen, ob unsere Methode umgangen und ausgehöhlt werden kann und ob es Mittel gibt, das zu verhindern. Zum andern, ob und wie sich die Wahlbeteiligung auf die Korrektheit der Ermittlung der gesellschaftlichen Nachfrage auswirkt. Um damit zu beginnen, eine Mindestwahlbeteiligung wie heute beim Volksentscheid muss sicher festgelegt werden. Grundsätzlicher gesprochen, wäre natürlich keine Andere Gesellschaft möglich, wenn sie nicht aus Leuten bestünde, die überwiegend mitwählen wollen. Sie wäre in diesem Fall auch unnötig: Wer nicht frei sein will, muss sich eben beherrschen lassen und wird mit Recht beherrscht. Ich gehe also davon aus, dass die wie immer bestimmte Mindestwahlbeteiligung erreicht und überschritten wird, dennoch aber nicht „hundert Prozent“ beträgt. Kann dann das Wahlresultat die gesellschaftliche Nachfrage anzeigen, zu der doch auch die Nachfrage derer gehört, die nicht mitgewählt haben? Offenbar ja, denn die Anzahl der Wähler ist groß genug, um Basis hinreichender statistischer Wahrscheinlichkeit sein zu können.

Es wären noch mehr Überlegungen solcher Art anzustellen. Zum Beispiel, was folgt daraus, dass Wähler, die 18 Jahre alt sind, gegen Ende der Wahlperiode, die vielleicht sieben Jahre beträgt, über Konsumdinge anders denken mögen? Nicht viel, scheint mir, denn 25-Jährige gibt es auch schon zum Wahlzeitpunkt neben den 18-Jährigen und sie wählen mit. Oder: Weiß man denn, wie sich die Preise entwickeln werden? Und die Löhne? Über diese Frage kann nicht hinweggegangen werden, es ist aber zu bedenken, dass sie sich bei einer Proportionswahl etwas anders stellt, so nämlich, dass nur die Preise und Löhne einer Produktklasse im Verhältnis zu einer andern von Bedeutung ist. Wenn dies Verhältnis sich während der Wahlperiode gravierend verschiebt, etwa wegen unerwarteter technischer Erfindungen in einer Branche, kann das sicher ein Grund sein, die Wahlperiode vorzeitig zu beenden und eine Neuwahl anzusetzen. Ansonsten sind Preise und Löhne ein Thema für sich, das nicht nur wegen der Proportionswahlen interessant ist.

Was die Frage denkbarer „Schlupflöcher“ angeht, müsste ausgeschlossen werden können, dass reiche Bürger illegal Waren anbieten, die ihnen andere auf Schwarzmärkten abkaufen. Ich sehe aber nicht, wie das im großen Stil überhaupt möglich sein sollte. Würde im Geltungsbereich der Proportionswahl Illegales produziert, könnte es nicht verheimlicht werden, weil es kein Geschäftsgeheimnis mehr gibt und weil mindestens die Vergesellschafteten Unternehmen, die den starken Kern der Produktionsweise bilden, gar kein Interesse daran haben. Man muss sich auch erinnern, dass die „Schlupflöcher“, die es in der DDR und überhaupt im Realen Sozialismus gab, einen ganz anderen Charakter hatten. Zwar waren da illegale Märkte vorhanden, auf denen wurden aber Materialien zur Produktion und nicht fertige Produkte getauscht. Was produziert wurde, ließ sich natürlich nicht verheimlichen. Zum Tausch von Materialien kam es, weil der vom Staat vorgegeben Plan anders nicht erfüllt werden konnte oder weil man mit zukünftigen unerfüllbaren Plänen rechnete, gegen welche Gefahr die illegale Hortung der Materialien half. Außerdem wurden sie wegen ihrer Seltenheit und Begehrtheit zum illegalen Geld, das mit dem offiziellen konkurrierte. Schon diese Motive und Nöte können in der Anderen Gesellschaft gar nicht auftreten, und die fertigen Produkte lassen sich auch dort nicht verstecken.

Denkbar ist die Zirkulation eines inoffiziellen Geldes neben dem Geldkartengeld. Einen Grund, es illegal zu nennen, gäbe es nicht. Denn das Geldkartengeld wäre frei konvertibel in ausländische Währungen, das heißt Banknoten, und wer wollte, könnte sie im Geltungsbereich der Proportionswahl in Umlauf bringen. Aber was sollte damit gekauft werden? Der Zufluss illegaler Waren würde ja verhindert und für legale kann man genauso gut das Geldkartengeld verwenden. Nicht nur genau so gut, sondern besser, denn nur wer alle Käufe mit dem Geldkartengeld abwickelt, legt bei der nächsten Proportionswahl das volle Gewicht seiner Kaufkraft in die Waagschale. Und davon reden wir hier. Es ist der springende Punkt. Ansonsten wird wirklich dafür gesorgt, dass keine illegalen Produkte auf den Markt kommen. Dazu gehören dann auch Grenzkontrollen, wobei es keinen Unterschied macht, ob ausländische Unternehmen Illegales zu verkaufen versuchen – statt dass sie Waren anbieten, die mit dem Resultat der Proportionswahl verträglich sind – oder ob Unternehmen aus dem Geltungsbereich der Wahl im Ausland produzieren lassen und die illegalen Produkte von dort aus einzuführen versuchen. „Grenzkontrollen“ mag sich nun wieder unfreiheitlich anhören, heißt aber weiter nichts, als dass festgestellt wird, welche Waren die Grenzen überschreiten. Es hat zum Beispiel nichts mit Zöllen zu tun, die ein anderes Thema sind. Es führt nur den Grundsatz weiter aus, dass kein Geschäftsgeheimnis mehr gilt. Für einreisende Personen und ihr „Handgepäck“ bleibt die Praxis, wie sie heute ist, oder wird noch liberaler.

Vorstellbar wäre, dass zum Beispiel ein Autoverkäufer neu produzierte Autos von Leuten über die Grenze bringen lässt, die sich als deren Besitzer ausgeben, während es in Wahrheit Waren sind. Dergleichen gibt es aber auch heute. Dafür ist die Wirtschaftspolizei zuständig. Man hat schon Kriminalfilme solchen Inhalts gesehen. Es bringt nicht gleich die Produktionsweise in Unordnung.

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Ich bin mir gar nicht sicher, ob solche Überlegungen, wie ich sie jetzt angestellt habe, überhaupt vonnöten sind. Vielleicht würde sich das Resultat einer nicht nur freien und allgemeinen, sondern auch gleichen Wahl, in der also jede Stimme gleich viel zählt, vom Resultat einer nach Kaufkraft gewichteten „Zensuswahl“ kaum nennenswert unterscheiden. Ich überblicke das nicht, will nur sagen, so wie hier skizziert ginge es auch. Klar ist übrigens, dass die Einbeziehung der Kaufkraft erst von der zweiten Proportionswahl an möglich ist, da es die erste Wahlperiode braucht, sie überhaupt einmal zu ermitteln. Die erste Proportionswahl kann daher keine „Zensuswahl“ sein.

Für diese spricht aber, dass sie noch andere Vorteile hätte. So wäre die Universalisierung der Geldkarte, zu der man dann übergehen müsste, auf jeden Fall ein gutes Kontrollmittel, von dem nur das Wirtschaftsverbrechen, aber nicht die ökonomische Freiheit eingeschränkt würde. Wichtig ist auch: Wenn die Wähler wissen, dass sie mit ihrer Kaufkraft wählen, geht ihnen der Charakter der Wahl als Bestellung, an die sie auch selbst gebunden sind, mehr unter die Haut. Vor allem ist zu sagen, dass das hier Verhandelte Gegenstand von Forschung sein müsste, die ich im Grunde nur fordern, aber nicht selbst ausführen kann. Was ich vorschlage, soll fast nur die Möglichkeit solcher Forschung illustrieren. Damit sage ich auch, dass mir bewusst ist, dass die obigen Überlegungen unvollständig sind.

Eins aber scheint evident zu sein: Nicht nur diese Überlegungen, sondern die Proportionswahl als solche und überhaupt, und daneben auch anderes, sind an Computerprogramme und ihre ausgiebige Nutzung durch alle Beteiligten gebunden. Darüber nachzudenken, auch philosophisch sogar, warum das eigentlich so ist und was es impliziert, dürfte ergiebig sein. Fast ist man versucht zu fragen, wie Marx die Vergesellschaftung der Produktion zu einer Zeit vorschlagen konnte, in der es den PC noch nicht gab. Dann aber auch, was eine „Piratenpartei“ dazu bringt, die Vergesellschaftung der Produktion  n i c h t  vorzuschlagen,  o b w o h l  es den PC gibt und er ihr wichtig ist.

Auf jeden Fall ist hier der Ort, an Rudolf Bahro zu erinnern. Der schrieb schon 1977: „Heute, wo das Problem der allgemeinen Volksversammlung von der quantitativ-technischen Seite durch die modernen Computer und Massenkommunikationsmittel gelöst ist, könnten prinzipiell alle Individuen regelmäßig an der Entscheidung über die Neuwertverteilung, an der Festlegung der Perspektiven der Gesellschaft, an den Willensakten der Prognose teilnehmen. Noch sind die Computer und Massenkommunikationsmittel gerade das perfekteste Organ, um sie davon auszuschließen […].“ (Die Alternative. Zur Kritik des real existierenden Sozialismus, Köln Frankfurt/M., S. 357)