[Vorbemerkung: Zum Ausbleib von Postings in den letzten zwei Monaten und zum weiteren Verlauf vgl. den neuen Eintrag vom 20. Juli 2011 im Tagebuch.]
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„Nur entweder private Eigentümer von Unternehmen“, schreibt Ota Sik, „oder kollektive Eigentümer mittels ihrer Betriebsleitungen können ökonomisch interessiert und daher maximal verantwortlich über die Anwendung von Investitionsmitteln entscheiden.“ (Humane Wirtschaftsdemokratie. Ein Dritter Weg, Hamburg 1979, S. 399) Das scheint geradezu der Hauptgrund, weshalb er große Unternehmen in Arbeiterhand geben will. Arbeiter als Eigentümer ihrer Betriebe werden ihren individuellen Bedarf in den Kontext des Betriebsbedarfs und damit des gesellschaftlichen Bedarfs stellen. Wenn derart die unmittelbar Produzierenden den gesellschaftlichen Bedarf im Auge haben, ist es der Gesellschaft möglich, ihre Ökonomie störungsfrei planmäßig zu organisieren. Heute zwar, wo es den Gegensatz von Lohn- und Kapitalinteressen gibt, „ist eine Überwindung der kapitalistischen zyklischen Entwicklung mit all ihren Folgen schwer denkbar“ (S. 403 f.). Dann aber, wenn der Lohnempfänger die „Eigentumsbeziehung“ zum Unternehmen aufgebaut hat, wird er sich nicht mehr als Lohnempfänger, sondern eben als Eigentümer fühlen. Daher, auch wenn „ihm der Lohn noch lange näher als der Gewinn stehen wird, wird der Gewinn nicht mehr als sozial fremder Gegensatz zum Lohn angesehen“ (S. 401).
Dass er sich als Eigentümer fühlt, ist umso wichtiger, als er trotzdem auch Lohnempfänger bleibt. Denn wenn gesellschaftliche ökonomische Planung das ist, worauf wir hinauswollen, scheint es so etwas wie eine gesellschaftliche Lohnkonstante geben zu müssen. Siks Vorstellung ist, dass an deren Festlegung Arbeitervertreter (Gewerkschaften) mitwirken. Ist das einmal geschehen, hat sich der einzelne Arbeiter und auch die Summe der Arbeiter in einem Betrieb danach zu richten. Sie haben ja ihre Vertreter selbst gewählt: Indem diese die Lohnkonstante mitbestimmt haben, haben sie selbst sie mitbestimmt. Man sieht schon, Sik entfernt sich nicht allzu weit vom überlieferten realsozialistischen Diskurs. Der nächste Schritt wäre dann wohl, das Streikrecht abzuschaffen?
Das ist zum Glück nicht seine Folgerung. Getreu dem Marxschen Satz, dass es „nie die originellsten Geister sind, welche die absurden Konsequenzen ziehen“, will er hier lieber originell sein und unterstreicht also, dass es eigenständige Interessen „der Entlohnung“ immer geben wird. Wenn das so ist, kann eine freie Gesellschaft ja nicht den Streik verbieten. Aber wünschenswert wäre er freilich nicht. Sik hofft daher, dass er aus freien Stücken unterbleibt, weil er unnötig geworden sein wird: „Natürlich wäre es nicht mehr nötig, diese Interessen gegen fremde Kapitaleigentümer durchzukämpfen. Daher würden sich auch die Formen und Methoden der Interessenwahrung ändern.“ (S. 412)
Er ist damit moralisch salviert. Doch daran, dass seine Position widersprüchlich und letztlich unannehmbar ist, ändert das nichts. Die realsozialistische Sicht legt nahe, dass Arbeiter, die Eigentümer ihres Betriebs sind, das öffentliche Interesse über ihr privates stellen; sie bleibt unverändert. Sie erscheint logisch und begründet deshalb ein Sollen. Hat sie nicht, gerade weil das schon immer so war, den 17. Juni 1953 heraufbeschworen? Damals revoltierten Arbeiter, weil die Arbeitsnorm heraufgesetzt, letztlich also der Lohn vermindert wurde. Da die gesellschaftliche Notwendigkeit dieser staatlichen Maßnahme gar nicht von der Hand zu weisen war, konnte „die Partei“, die sich berechtigt glaubte, für die Gesellschaft zu denken und zu sprechen, den Widerstand der Arbeiter kaum begreifen. Ihr teilten sich die Widerständigen in solche auf, die „noch nicht verstanden“ hatten, denen man daher das Notwendige „geduldig erklären“ musste, und solche, die nicht verstehen w o l l t e n , weil sie wahrscheinlich CIA-Agenten waren.
Wenn man gemein wäre, würde man sagen, die ganze Lehre vom „Eigentum an Produktionsmitteln“, das nicht in Kapitalhand bleiben dürfe, sondern „vergesellschaftet“ werden müsse, habe nur dazu gedient, die Arbeiter der Arbeitsnorm sicherer zu unterwerfen, zu welchem Zweck man ihnen eben die Eigentümerrolle aufhelfen musste. „Wollt ihr etwa, dass ihr dem Kapital gehört? I h r seid die Eigentümer! Aber nun verhaltet euch gefälligst auch so!“ Es ist klar, dass in diesem Diskurs ein Fehler liegt. Nur wo?
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Wir unterscheiden drei Aspekte des Fehlers. Erstens gehen Ökonomie und Juristerei durcheinander. Gerade Marxisten müssten doch wissen, dass die Arbeiter sich juridisch nur befreien, wenn sie sich vor allem ökonomisch befreit haben. Im realsozialistischen Diskurs war aber die juridische Scheinbefreiung an die Stelle der realen ökonomischen Befreiung getreten. Sie bestand darin, dass nun die Arbeiter Eigentümer wurden, während es vorher Kapitaleigentum gegeben habe. Es ist jedoch ein Missverständnis, wenn man meint, das Kapital könne jemandem zueigen sein. Das Kapital ist eine unendliche Bewegung. Da es sich in Unternehmen materialisiert, braucht es gewiss Privateigentümer, eben solche, deren Eigentum die Unternehmen sind. Diese Eigentümer haben aber nicht das Kapital zum Eigentum, sondern nur eine Wegstrecke seiner unendlichen Bewegung. Wenn die Metapher erlaubt ist: Sie reiten auf ihm, wie man auf einem Tiger reitet. Und das heißt letztlich: Sie „gehören“ dem Tiger, statt dass der Tiger ihnen „gehört“.
Wer wem g e h ö r t , ist ein zweideutiges Wort, das sich nicht einfach juridisch verstehen und zuordnen lässt. Im Kapitalismus gehören Unternehmer wie Arbeiter dem Kapital, wenngleich das für die letzteren viel schlimmere Folgen hat. Es hat deshalb schlimmere Folgen, weil daneben, dass sie dem Kapital gehören, ihre Arbeitskraft Eigentum der Unternehmer ist. Wenn sie das abschütteln, indem sie die Unternehmer enteignen, mögen sie ihrerseits Eigentümer geworden sein, Eigentümer ihrer selbst, doch ob sie sich damit auch selbst gehören, ist eine andere Frage. Die Arbeiter des 17. Juni haben sich nicht selbst gehört. Mein Kriterium für diese Feststellung ist übrigens nicht, dass von ihnen verlangt war, sie sollten sich schlechter stellen. So etwas kann dem Freiesten abverlangt sein, es hängt von den Umständen ab. Sondern dass sie die Schlechterstellung nicht selbst g e w ä h l t haben.
Marx unterscheidet sehr deutlich zwischen Eigentum und Gehören. Er betont, dass im Verlauf der kapitalistischen Akkumulationsgeschichte (Geschichte der unendlichen Wertanhäufung) die Privateigentümer a u f h ö r e n , die Kapitalisten zu sein. Dass eine Aktiengesellschaft, sagt er, das Eigentum der Aktienbesitzer ist, macht diese noch nicht zu Kapitalisten. Vielmehr ist der Manager der „fungierende Kapitalist“. (Vgl. MEW 25, S. 401) Ob er Aktien besitzt oder nicht, spielt dafür gar keine Rolle. Der Manager seinerseits gehört dem Kapital, statt dass das Kapital ihm gehört. Das weiß heute jeder, wenn auch in anderer Terminologie. Man sagt heute, er sei gezwungen, kurzfristig statt langfristig zu investieren, und so weiter. Ein Manager im Kapitalismus hat niemals eine W a h l , sondern muss das Verwertungs-Optimum entdecken und tut es mit größerem oder geringerem Erfolg. Sein Prinzip ist tatsächlich TINA, There is no Alternative.
Die Arbeiter in der Anderen Gesellschaft haben eine Wahl. Denn das Kapital als den „Zwang, alles zu tun, was möglich ist“, gibt es ja nicht mehr. Diese Wahl haben sie aber nicht als Eigentümer ihrer Unternehmen. Schon deshalb nicht, weil sie nicht die alleinigen Eigentümer sind, vor allem aber, weil das bloße Eigentümersein sie davor, einer fremden ökonomischen Bewegung zu gehören, gar nicht schützen würde. Eine Wahl können sie, wenn überhaupt, in ihrer Eigenschaft als Arbeiter nur so haben, dass sie ihren Lohn und ihre Arbeitsbedingungen wählen. Dabei ist klar, dass sie nicht nur das Eigentum am jeweiligen Betrieb, sondern auch das Wählenkönnen des Lohns mit der Gesamtgesellschaft teilen. Diese wählt mit und ist der übergeordnete Eigentümer. Entscheidend ist aber, dass die Ökonomie der Anderen Gesellschaft Wahlen überhaupt zulässt, darunter auch diese Wahl des Lohns durch die Arbeiter.
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Zweitens, es wird nicht berücksichtigt, wie grundverschieden ökonomische Funktion und Lebensführung beim Arbeiter einerseits, beim Manager andererseits zusammenhängen. Beim Manager hängen sie so zusammen, dass er seine Lebensführung seiner ökonomischen Funktion unterordnen muss. Das ist sowohl in der jetzigen als auch in der Anderen Gesellschaft der Fall. Seine Funktion ist in beiden Gesellschaften Funktion des Werts. Den hat er in der kapitalistischen Gesellschaft zu steigern, in der Anderen zu bewahren (zu steigern nur dann, oder auch zu vermindern, wenn die Gesellschaft es aus Gründen so entschieden hat). In beiden Gesellschaften soll er so sparsam wie möglich mit dem Wert wirtschaften. Der Wert aber hat eine Eigendynamik, und diese ist es, der er sich letztlich unterordnet. Uns interessiert jetzt nicht mehr die Eigendynamik des kapitalistischen, sich unendlich steigernden Werts, sondern die Eigendynamik eines Werts, von dem die Andere Gesellschaft erwartet, dass er bewahrt wird. (Sie will ihren Reichtum nicht verschleudern.) Es läuft aber, was die Lebensführung des Managers angeht, aufs Gleiche hinaus: Da der Wert ohne Unterbrechung prozessiert als eine Permanenz im Wandel, muss die ihm untergeordnete Lebensführung des Managers ebenso permanent auf ihn bezogen sein.
Was heißt es, dass der Wert permanent prozessiert? Dass er derjenige Reichtum ist, der sich gleich bleibt, wenn eine reiche Sache durch eine andere ersetzt wird. Ökonomie ist beständiges Ersetzen. Zum Beispiel geht das, worin eine Maschine, ein Rohstoff reich sind, in die Maschinenprodukte und aus dem Rohstoff geformten Gestalten ein, so dass sie selbst zwar verschwinden – verschlissen und aufgebraucht werden -, ihr Reichtum aber in neuer Form vorhanden bleibt. Oder es ist organisiert, dass wenn das Brot aufgegessen ist, neues bereit liegt. Oder geregelt, dass wenn ich eine Sache weggebe und eine andere dafür eintausche, mein Reichtum unverändert ist; ich habe nur eine Form desselben durch eine andere ersetzt. All diese Ersetzungsweisen und noch andere sind nichts, was gelegentlich einmal anfällt, sondern das, was in einer unzählbaren Menge einzelner Ersatzprozesse, die teils nebeneinander herlaufen, teils sich durchdringen, ununterbrochen geschieht. So ist der Reichtum der Gesellschaft ständige Bewegung. Wenn sie sich nicht, wie die kapitalistische, anschickt, aufs Unendliche hinauszulaufen, bleibt sie doch Bewegung. Den gesellschaftlichen Reichtum wahren heißt daher etwas Gleichbleibendes in der Bewegung festhalten. Dies Etwas nennen wir den Wert. In den Prozessen bleibt der Wert, das heißt andersherum, der Wert prozessiert.
Er lebt nicht. Weder schläft er, noch macht er Ferien. Wenn es nun die ökonomische Funktion gibt, ihn zu bewahren, dann darf auch der verantwortliche Funktionär im Zweifelsfall nicht schlafen noch Ferien machen. Es kann zum Beispiel notwendig sein, in der Aufbauphase eines Unternehmens auf alle Freizeit zu verzichten. Was die Logik der Wertaufbewahrung gebietet, muss sofort getan werden. Die Lebensführung, die sich daraus ergibt, unterscheidet Manager zwar nicht von Bauern, wohl aber von Arbeitern. Dem Arbeiter ist es nicht aufgegeben, dass der Betrieb, in dem er arbeitet, sein Lebensmittelpunkt sei. Es muss ihm freistehen, ob der Betrieb oder etwas anderes den Schwerpunkt seines Lebens bildet. Im Kapitalismus zwar versuchen „fungierende Kapitalisten“ pausenlos, auch sein Leben dem Wert total unterzuordnen, und oft genug gelingt es ihnen. Im Manchesterkapitalismus haben viele Arbeiter den Maschinenraum kaum jemals verlassen. In der New Economy wiederholten sich solche Zustände cum grano salis. Und der Arbeiter, der sein Handy in den Urlaub mitnimmt, muss auf den Anruf des Chefs gefasst sein. Aber es gibt Gewerkschaften. Sie wehren sich gegen die Kolonisierung und halten sie in Grenzen.
So hängen Lebensführung und ökonomische Funktion beim Arbeiter anders zusammen als beim Manager. Anders gesagt, sein p r i v a t e s I n t e r e s s e ist ein anderes. Man mag es paradox finden, aber wenn jemand Arbeiter ist, ist es gerade nicht selbstverständlich, dass er das Interesse hat, sein Leben der Arbeit unterzuordnen. Der Arbeit, das heißt letztlich den Prozessen der Wertbewahrung. (Es geht hier nur um Arbeit in Betrieben.) Wenn jemand Manager ist, hat er dies Interesse wohl. Und dann kann es in Fragen des Lohns, der Arbeitsbedingungen einen Interessenkonflikt geben. Sollte das nur in der kapitalistischen, nicht aber in der Anderen Gesellschaft der Fall sein? Nein, auch diese braucht den Raum zur Konfliktaustragung. Deren Form wird sich wandeln, da hat Sik recht. Aber Wandlung muss nicht Milderung heißen.
Der Unterschied wird sein, dass Arbeiter, die mehr Lohn verlangen, als das von ihnen selbst gewählte Management für vertretbar hält, über den sachlichen Hintergrund des Vertretbaren und Unvertretbaren genauso gut Bescheid wissen wie das Management und die ganze Gesellschaft. Es wird also offen zu Tage liegen, ob eine Lohnaufstockung nur einen Spielraum ausfüllen würde oder ob der funktional notwendige Minimalgewinn des Unternehmens gefährdet wäre oder ob gar die Lohnaufstockung eine Veränderung volkswirtschaftlicher Proportionen, das heißt des von der Gesellschaft gewählten ökonomischen Plans zur Folge hätte. Je nachdem, ob das eine, andere oder dritte der Fall ist, wird die Gesellschaft sich in den Konflikt entweder gar nicht einmischen, dann ist die Chance der Arbeiter groß, sich durchzusetzen, oder mal die eine, mal die andere Seite unterstützen, dann wird meistens die unterstützte Seite obsiegen.
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Es bleibt die Vorstellung zu diskutieren, dass ein ökonomischer Plan, der wirklich störungsfrei funktionieren soll, eine Lohnkonstante enthalten müsse. Diese Konstante scheint sogar noch notwendiger zu werden, wenn eine Ökonomie voneinander unabhängiger Unternehmen zu planen ist. Eine solche Ökonomie setzt sich aus so vielen Prozessen zusammen und deren Verhältnis zueinander verändert sich ständig so sehr, dass die Planung im Gegenzug einer Größe bedarf, die sich gerade nicht verändert. Das wäre die Lohnkonstante, besser gesagt das in sich differenzierte und in engen Grenzen auch variable, im Ganzen aber (pro Periode) unveränderliche Lohnsystem. So hat Keynes argumentiert (vgl. Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes, 10. Aufl. Berlin 2006, S. 319), aber auch der polnische kommunistische Ökonom Oskar Lange. Dessen Ansatz sei hier in Erinnerung gerufen.
Lange geht von zwei Prämissen aus. Erstens, in einer sozialistischen Gesellschaft kommt die Einkommenshöhe nicht als Restgröße aller anderen Größen zustande, wie es im Kapitalismus der Fall ist. Da muss „das Wachstum“ des Kapitals gelingen, und es wird so viel Lohn gezahlt, wie damit verträglich ist. Sondern sie ist umgekehrt die Ausgangsgröße, der man alle anderen Größen anpasst. Lange formuliert es so: „Da die Produktionsfaktoren mit Ausnahme der Arbeitskraft Gemeineigentum sind, sind die Einkommen der Konsumenten vom Eigentum an diesen Faktoren abgelöst“, und die „gesellschaftliche Organisation wird durch die Prinzipien der Einkommensbildung bestimmt, für die man sich entschieden hat“.
Zweitens, man entscheidet sich für eine im Prinzip überall g l e i c h e Einkommenshöhe, mag diese niedrig oder hoch sein. Deshalb haben alle den gleichen Grundlohn, dem freilich zusätzliche Einkommensbestandteile beigegeben sind. Das überall Gleiche ist der „Anteil des Wirtschaftssubjekts am dem Einkommen […], das aus dem Kapital und den Naturschätzen fließt, die sich im Gemeineigentum der Gesellschaft befinden“. Das Zusätzliche besteht „aus den Entgelten für die erbrachten Arbeitsleistungen“. (Zur ökonomischen Theorie des Sozialismus, in Ökonomisch-theoretische Studien [Hg. H. Jaroslawska], Frankfurt/M. 1977, S. 271 f.)
Lange schreibt, die Einkommensverteilung müsse „so geartet sein, dass derselbe Nachfragepreis, der von verschiedenen Konsumenten geboten wird, für eine gleiche Dringlichkeit der Bedürfnisse steht“. Diese Bedingung werde erfüllt, „wenn alle das gleiche Einkommen haben“. Es muss folglich von der Gesellschaft festgelegt werden. Wenn trotzdem Einkommensunterschiede bleiben, stellen sie nur „Preise dar, die von den Wirtschaftssubjekten für unterschiedliche Arbeitsbedingungen bezahlt werden“. Dann lässt sich nämlich die „Entscheidung für einen Beruf, der […] ein geringeres Geldeinkommen bietet, […] als das Erkaufen von Freizeit, Sicherheit, angenehmer Arbeit usw. zu einem Preis definieren, der gleich der Differenz zwischen dem Geldeinkommen in diesem Beruf und dem Geldeinkommen in anderen Berufen ist“. (S. 291)
Ja, das ist logisch. Wir wenden nur ein, dass das gleiche Einkommen, dessen ökonomischen Sinn Lange so gut erklärt, kein A r b e i t s einkommen sein muss. Der ökonomische Sinn bleibt derselbe, wenn das, was wir G r u n d e i n k o m m e n genannt haben, statt des Arbeitseinkommens die Rolle der volkswirtschaftlichen Konstante spielt. Das finden wir besser und das scheint ebenso möglich zu sein. Alles, was Lange zum gleich bleibenden Arbeitseinkommen schreibt, lässt sich aufs Grundeinkommen übertragen. Infolgedessen muss kein Streit über die Höhe des Arbeitseinkommens die volkswirtschaftliche Planung stören. Wenn die Menschen sich für ein überall gleich hohes Arbeitseinkommen entscheiden wollen, mögen sie es tun. Aber es ist nicht zwingend.
Das heißt, es darf gestritten werden. Nichts spricht dagegen, dass Arbeiter eines Betriebs, dessen Eigentümer sie neben der ihnen noch übergeordneten Gesamtgesellschaft sind, ihren Interessenkonflikt mit dem von ihnen selbst gewählten Management in aller Form austragen. Notfalls auch in der Form des Streiks.