(58) Ein schöner Lebenszustand

2. Eine Gesellschaft mit Grundeinkommen / Vierter Teil – Vor der Erörterung von Proportionswahlen: Zugehörige neue, nicht mehr kapitalistische ökonomische Institutionen

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In dieser und den nächsten Notizen wird uns noch das Grundeinkommen beschäftigen. Es geht nicht darum, alle Probleme auszuleuchten, die es aufwirft, nur wie es prinzipiell aussieht, welche Rolle es prinzipiell spielt und ob es überhaupt prinzipiell möglich ist, soll untersucht werden. Hier in der 58. Notiz steigen wir in die letztgenannte Frage ein. Wie ich sie stelle, war in der 57. zu lesen: Was geschieht, wenn die Andere Gesellschaft mehr Arbeit anfordern muss, aus welchem Grund auch immer, als die grundeinkommensgesicherten Einzelnen anzubieten bereit sind? Wird man dann sagen, die Idee des Grundeinkommens sei praktisch gescheitert?

In der Frage ist unterstellt, dass die Andere Gesellschaft eine Mangelgesellschaft sein wird wie die vorhandene. Wenn sie es nicht wäre, könnte sie ja einfach alles unter die Menschen verteilen, statt dass diese nur ein Grundeinkommen erhalten. Gemessen an der „Kostenlosigkeit“ aller Güter, die als utopisches Fernziel vorschweben mag, ist die Gesellschaft, in der immerhin Grundgüter „verschenkt“ werden, noch durchaus defizitär, wenn auch zugleich ein großer nächster Schritt nach vorn. Damit das nicht als bloße Behauptung erscheint, will ich zunächst versuchen, die Utopie der „kostenlosen Gesellschaft“ konkreter vor Augen zu stellen. Sie ist der Maßstab, der uns begreifen lässt, woran es der Anderen Gesellschaft mangelt.

Die utopische Gesellschaft wäre von ökonomischen Mängeln vollständig frei. Sie könnte produzieren und konsumieren, was sie wollte; sie hätte die Techniken entwickelt, mit der noch ihre kühnsten Wünsche ökologisch korrekt, das heißt ohne Überschreitung der Grenzen des Umweltraums der Erde, verwirklicht werden können; und sie hätte auf Erden nur ebensolche Gesellschaften neben sich. Die letzte Bedingung zeigt schon für sich genommen,  w i e  reich sie wäre und zu sein hätte. Denn um die Gesellschaften, die heute arm sind, zu „entwickeln“, müsste sehr viel Hilfe vom Norden zum Süden fließen. Das heißt, beim Thema „Schenken“ wäre zuerst hieran zu denken, und dann erst käme der Punkt, dass ich selbst gern mit Grundgütern beschenkt würde – ich, der ich das Glück hatte, in der Nähe Berlins statt in Bangla Desh geboren zu werden. Da unsere Gesellschaften an der Armut des Südens nicht unschuldig sind, stehen sie hier noch mehr in der Pflicht als ihren eigenen Bürgern gegenüber. In der reichsten Gesellschaft ist das freilich kein Thema. Sie gibt ihren Bürgern alles und teilt zugleich mit vollen Händen an den Süden aus.

Die Gesellschaft, in der man alles „verschenken“ könnte, würde nicht nur überfließen vor Gütern (Hilfsleistungen jeder Art immer mitgedacht), sondern wäre auch reich genug, ein wiederum „kostenloses“ System der Buchhaltung unterhalten zu können. Ja, das würde es auch geben. Denn es müsste immer bekannt werden können, von welchen Gütern die Bürger mehr, von welchen sie weniger aus dem Regal genommen haben, damit die Nachproduktion sie immer weiter beliefern kann. Der Wert der Güter würde zwar nicht mehr mit Geld beglichen, aber dennoch  h ä t t e n  sie einen Wert, aus dem einfachen Grund, dass man sie nach der Entnahme durch den Bürger gleichwertig ersetzen und erneut ins Regal stellen muss. Deshalb muss die Entnahme buchhalterisch registriert werden.

Und deshalb habe ich das Wort „kostenlos“ in Gänsefüße gesetzt. Das System des „Verschenkens“ setzt voraus, dass trotzdem der Reichtum der Gesellschaft kontinuierlich gepflegt wird, damit er erhalten bleibt und immer weiter „verschenkt“ werden kann. Wenn wir von der Erhaltung des Reichtums reden, reden wir von der Erhaltung des Werts: dessen, was im Ersatz das Verbrauchte wiederholt, so dass beide eine Gleichung bilden. Ob man nun sagt, der Verbrauch schaffe einen Wertverlust, außer das Verbrauchte werde ersetzt, oder er „koste“ insofern etwas, macht nur den Unterschied, dass im zweiten Fall Geld im Spiel wäre. Im ersten Fall ist das Verbrauchte zwar kostenlos, aber deshalb nicht wertlos. Es hat Wert, weil der Ersatz Arbeit „kostet“ (erforderlich macht) oder „gekostet“ hat im Fall, dass nur noch Maschinen arbeiten.

Dass es nötig ist, auch das Wort „verschenken“ in Gänsefüße zu setzen, ergibt sich daraus, dass selbst die Gesellschaft, die am meisten automatisiert wäre, noch immer das Beiwerk lebendiger Arbeit bräuchte: einmal, weil die Automaten der Pflege und Überwachung bedürfen, und zum andern, weil es gelegentlich auf Grund technischer Fortschritte und sich ändernder Produktbedürfnisse der Gesellschaft zur Umrüstung der Maschinen kommt. Die insoweit stets erforderliche lebendige Arbeit wird aber nach Voraussetzung von durchschnittlich allen beigesteuert, mag auch der Beitrag des Einzelnen gering ausfallen. Wenn dann alle die Maschinenprodukte genießen, sind sie deren Produzenten gewesen, statt dass ihnen etwas „geschenkt“ worden wäre.

Geld wäre in der reichsten Gesellschaft nicht mehr im Spiel. Man muss sich klar machen, was das bedeutet: Es gäbe Güter in solchem Überfluss, dass der einzelne Bürger kein Medium der Wahl zwischen verschiedenen Gütern mehr bräuchte. Man kann nicht sagen, dass die Wahlfunktion heute beim Geld das Wichtigste wäre – viel wichtiger ist, dass es die Kapitalbildung ermöglicht -, wohl aber, dass sie eine der Funktionen ist, mit denen Geld sich noch lange über den Kapitalismus hinaus ganz unentbehrlich macht. Denn so reich, dass sie „alles verschenken“ kann, wird auch die Andere Gesellschaft nicht sein. Zumal „alles“ wie heute eine große Variabilität ähnlicher und doch nicht gleicher Güter bedeuten wird. Vielleicht wird die Variabilität nicht noch wachsen, eher anders sein als heute, groß aber auf jeden Fall. Denn wir reden von einer Gesellschaft der (solidarischen) Individualisten. In der utopischen Gesellschaft können alle das je eigene „Kleid“ oder die Mittel, es zu schneidern, aus dem Regal nehmen, und über diesen Reichtum hinaus, den schon die Andere Gesellschaft hat, können sie es sogar geldlos tun.

Die reichste Gesellschaft! Marx hatte recht: Sie noch weiter ausmalen zu wollen, wäre grundstürzend albern. Lassen wir sie von nun an beiseite. An ihr gemessen ist die Andere Gesellschaft, die mein Gegenstand ist, eine Mangelgesellschaft. Das bedeutet konkret, es muss Geld in ihr geben, schon weil nicht alles beliebig Wünschbare verteilt werden kann. Da die Menge des Verteilbaren aus verschiedenen Gründen begrenzt bleibt, ist es ebenso die Wahlmöglichkeit des durchschnittlichen Individuums, wovon eben das Geld in seinen Händen der Ausdruck ist. Das Geld oder bei Marx der „Zettel“; weshalb wir lieber von Geld reden, erörtern wir später. Wir haben in früheren Notizen die unendliche Vermehrbarkeit erörtert, die dem Geld heute eignet. Das Geld der Anderen Gesellschaft ist nicht unendlich vermehrbar, dafür spielt es umgekehrt wegen seiner Endlichkeit eine wichtige Rolle. Denn dass jeder nur über eine bestimmte, endliche Summe verfügt, wird (weiterhin) bedeuten, er kann nicht unbedingt alles haben, was er will, sondern muss sich unter Umständen für das eine Gut gegen das andere entscheiden.

Wenn aber die Andere Gesellschaft solche Grenzen hat, ist alles in ihr begrenzt, auch das noch so reichliche Grundeinkommen. Die Grenze oder der Mangel kann, wie gesagt, die Gestalt annehmen, dass die Gesellschaft feststellt, sie brauche mehr Arbeit als angeboten wird. Zum Beispiel weil es sie dazu drängt, Bangla Desh beim Bau neuer Deiche zu helfen. Wenn sie nun erkennt, das Grundeinkommen sei die Ursache des mangelnden Arbeitsangebots, was kann sie tun?

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Stante pede in die Beantwortung der Frage hineinzuspringen, ist nicht möglich, weil wir noch nicht wissen,  w i e  die Gesellschaft das denn erkennen würde. Da ist Einiges vorab zu klären. Die Frage ist offenbar unvollständig. Vollständig lautet sie: Woran wird erkannt, dass das Grundeinkommen die Ursache ist  u n d  n i c h t  e i n  z u  n i e d r i g e s  L o h n n i v e a u ? Denn die erste und natürliche Reaktion auf den Arbeitskräftemangel wird darin bestehen, dass die Unternehmen höhere Löhne anbieten. Vielleicht reicht aber auch die Lohnerhöhung nicht aus, um hinreichend viele Grundeinkommens-Bezieher zur Arbeitsaufnahme zu bewegen.

Wir nehmen folgendes Szenario an: Es gibt bereits die auf Grundeinkommen gestützte Lebensführung und daneben die fungierenden Arbeiter, von denen viele deshalb arbeiten, weil sie ihre Qualifikation zur Geltung bringen oder einfach am gesellschaftlichen Zusammenhang teilhaben wollen. Man wird sagen können, alle Menschen, die es aufgrund solcher Motive zur Arbeit treibt, arbeiten bereits, schon wenn wir in das Szenario eintreten. Wenn nun durch höheren Lohn mehr Leute zur Arbeit gereizt werden sollen, kann nur auf solche gehofft werden, die es um des puren Mehrkonsums willen tun. Die wird es auch immer geben. Eine Lohnerhöhung lockt gewiss Leute heran. Wenn nicht genügend viele, muss der Lohn nochmals erhöht werden. Dann kommen Leute, die noch mehr konsumieren wollen. Auch die wird es geben, und so immer weiter. Es ist aber klar, dass es eine Grenze geben wird, über die hinaus der Lohn nicht erhöht werden kann, ohne dass die Wirtschaftlichkeit der Unternehmen leidet.

Dass dies so sei, wird schon heute in jedem Lohnstreit von jedem Unternehmer behauptet, und es muss keineswegs immer stimmen. In der Anderen Gesellschaft muss man wissen können, ob es stimmt oder nicht. Denn wenn es stimmt, ist sie im Ganzen betroffen: Es führt dazu, dass sie, da immer noch nicht genug Arbeit angeboten wird, obwohl die verträgliche Lohnhöhe schon ihr Maximum erreicht hat, nun wirklich zu der Schlussfolgerung gezwungen ist, das Grundeinkommen sei zu hoch. Ich habe damit ein „revolutionäres“ Postulat formuliert. Denn meine Annahme bedeutet, dass in der Anderen Gesellschaft alles Unternehmergebaren, alle Buchhaltungsvorgänge, technischen Möglichkeiten und so weiter, offenzulegen ist. Es gibt keine „Betriebsgeheimnisse“ mehr.

Natürlich ist diese  G l a s n o s t – P r ä m i s s e  ein Thema für sich, das nicht so nebenbei anhand des Grundeinkommens behandelt werden kann. Das heißt, ich werde darauf zurückkommen. Hier nur so viel: Wenn es Unternehmer und Unternehmer-Konkurrenz gibt, leidet weder sie selbst noch die Freiheit der Konkurrierenden darunter, dass es keine ökonomischen Geheimnisse gibt. Es ist auch kein Anspruch auf solche Geheimnisse ausdenkbar. Dass Intimes und „Privates“ geheim bleiben kann, ist zwar gewiss ein Menschenrecht. Ich will das besser formulieren: „Privat“ heißt „abgesondert“, Geheimhaltung  i s t  also bereits Privatheit, sagen wir also eher, dass es das Menschenrecht des Intimen ist, privat bleiben zu können. Die Ökonomie aber, ist sie etwa intim? Sie soll durchaus kein Recht auf Absonderung haben. Wir werden sie so individualistisch wie möglich gestalten, aber privat wird sie nicht sein dürfen. Nachdem wir bereits dem Militär nicht mehr zugestehen, Staat im Staate zu sein, stufen wir die Träger der Ökonomie analog zurück und bringen sie damit nur an ihren natürlichen Ort. Denn Ökonomie ist weiter nichts als Dienst der Gesellschaft an sich selber.

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Man sieht, wie sich unser Thema ausweitet. Wir brauchen eine Systematik, es behandeln zu können. Ich bediene mich einer solchen: Unsere Ausgangsfrage, was geschieht, wenn die Gesellschaft erkennt, das Grundeinkommen sei zu hoch, soll in drei Schritten erörtert werden. Zuerst postulieren wir einen Ausgangszustand, in der Grundeinkommen, Löhne, Unternehmergewinne und Steuern noch zueinander passen. Dann betrachten wir näher und zunächst je einzeln die Minima und Maxima, in deren Zwischenraum sich diese Größen halten, wenn alle mit allen verträglich sind. Schließlich werfen wir einen Blick auf die Verträglichkeit selber, also auf das Zusammenwirken der Bewegungen in den vier Zwischenräumen, und betten dort unsere Frage ein. Die Frage so stellen zu können, verdanke ich einem Aufsatz von Karl-Ernst Lohmann: Begrenzen statt Lindern. Eine ökonomische Phantasie, in kultuRRevolution 59 (2010), S. 20-29, der „das Modell einer Marktwirtschaft“ untersucht, die unter anderm „gekennzeichnet ist“ durch „ein allgemeines, durch Steuern finanziertes gesellschaftliches Grundeinkommen“ (S. 20). Mit allen Überlegungen Lohmanns stimme ich nicht überein, aber mehrere habe ich übernommen, andere übernommen und ergänzt.

Heute gehe ich nur erst auf den Ausgangszustand ein. Es sei also eine Gesellschaft gegeben, die ein hinreichendes Grundeinkommen zahlt. Was ist „hinreichend“? Nichts, was dem Hartz IV-Skandal im Entfernten ähnelte. Ich ziehe das heran, weil es ein gutes Kontrastmittel ist. Vorgestern erst gelang es der Kanzlerin, den Skandal bis zur Kenntlichkeit zuzuspitzen: Hartz IV, sagt sie am 17. Februar 2011 auf einer Wahlkampfveranstaltung, soll eine Brücke in die Arbeit sein „und nicht ein schöner Lebenszustand, in dem man es sich einrichten kann“. Es soll also, anders gesagt, einen  u n s c h ö n e n  L e b e n s z u s t a n d  schaffen, der die Betroffenen quält, um sie jener „Brücke“ zuzutreiben. Angela Merkel weiß natürlich genau, dass viel weniger Arbeit von Unternehmen angeboten wird als unfreiwillig Arbeitslose nachfragen, oder umgekehrt, dass viel mehr Arbeitsplätze von unfreiwillig Arbeitslosen nachgefragt werden als Unternehmen anbieten. Viele unschön lebende Hartz IV-Empfänger werden also nicht auf eine „Brücke“ getrieben, denn da ist keine, sondern an den Rand des Abgrunds.

Im Kontrast dazu sagen wir: Das Grundeinkommen in der Anderen Gesellschaft soll einen schönen Lebenszustand schaffen. Genauer mindestens das Minimum eines solchen. Danach richtet sich seine monetäre Höhe. Zuerst muss sich die Gesellschaft darüber einigen, welche Grundgüter und -leistungen zu einem schönen oder sagen wir würdigen Leben mindestens gehören, dann stellt sie fest, was sie kosten, und setzt entsprechend die Höhe des Grundeinkommens fest. Die Frage, ob sie dazu denn reich genug ist, gebe ich mit Lohmann (S. 23) an die Wirklichkeit weiter. Will sagen, es wird Gesellschaften geben, die kein Grundeinkommen einführen können, und andere, die es können. Wir reden von einer, die es kann.

Diese Gesellschaft muss nun, um den würdigen Lebenszustand aller zu erreichen, sogleich zwischen dem tatsächlichen und dem minimalen Grundeinkommen unterscheiden. Denn sie braucht einen Spielraum für eine etwa notwendig werdende Senkung des Grundeinkommens, die den würdigen Lebenszustand nicht antastet. Die Frage nach der Höhe der Beträge ist hier nicht zu entscheiden, nur eine Größenordnung sei genannt. Ich meine, eine Gesellschaft kann sich als Andere Gesellschaft begreifen, wenn sie zum Zeitpunkt ihrer Entstehung sage 1300 Euro Grundeinkommen tatsächlich auszahlen kann. Das ist nach meiner Erfahrung ein Monatsbetrag, mit dem man bereits „schön“ lebt, obwohl er viele mögliche und durchaus unluxuriöse Bedürfnisse, etwa des Reisens, noch unbefriedigt lässt.

So oder so ähnlich kann diese Gesellschaft starten. Sie wird aber von vornherein das Verhältnis des genannten Betrags zu anderen Größen bedacht haben. Vor allem zum Lohn derer, die gerade arbeiten. Zugleich mit dem Grundeinkommen muss ein Mindestlohn festgesetzt werden, weil andernfalls auf allen Ebenen sofort Debatten und Kämpfe um besseren Lohn ausbrächen, was nicht wünschenswert ist. Denn alle, die arbeiten, sind nun in einer besseren Verhandlungssituation. Die Arbeit hinzuschmeißen, ist zur jedermann möglichen realistischen Drohung geworden. Der Lohn wird daher notwendig überall erhöht. Dies kann aber in der Form geschehen, dass die Gesellschaft zugleich mit der Höhe des Grundeinkommens die uranfängliche Lohnerhöhung festlegt, ein differenziertes System von Mindestlöhnen schafft. Den untersten Mindestlohn wird sie so festlegen, dass er die Aussicht auf spürbar mehr Konsum eröffnet, die Unternehmen aber nicht über Gebühr belastet. Nach meiner Vorstellung, auf der ich nicht beharre, liegt er um 100 oder 200 Euro höher als das Grundeinkommen.

Auf Lohnfragen gehen wir später ein. Hier geht es nur erst ums Grundeinkommen. Es wird gesenkt im Fall eines Arbeitsengpasses, der trotz Lohnerhöhungen fortdauert. Aber nur bis zu seinem Minimum. Das Minimum muss immer noch groß genug sein, um die würdige Lebensführung zu ermöglichen. Die Gesellschaft nähert sich ihm ja nicht, weil sie Schuldige zu bestrafen hätte, sondern weil sie in einen Engpass geraten ist. Es geht nur darum, dass alle helfen müssen, auch die Grundeinkommens-Empfänger, wenn versucht wird, den Engpass zu überwinden. Das Minimum selbst greift die Gesellschaft nicht an. Wäre sie nicht reich genug, das garantieren zu können, wäre es nicht die Andere Gesellschaft, von der wir reden. Was kann sie garantieren? Das vielleicht, was heute schon möglich ist, also wohl etwa 1000 Euro nach Auskunft unserer Sozialverbände (wenn man alle Leistungen zusammenzählt, die sie den Behörden abfordern). Es ist nicht an mir, die Zahlen festzulegen, sondern der ermittelte Wille der Gesellschaft wird es tun.

Wichtig ist mir an dieser Stelle dreierlei. Erstens, es gibt ein minimales Grundeinkommen, das sich vom tatsächlichen unterscheidet. Das minimale ermöglicht bereits den „schönen Lebenszustand“, wenn auch in verknapptester Form. Das tatsächliche ist größer und erlaubt einen schon bequemeren, obgleich immer noch knappen „schönen Lebenszustand“. Zweitens, die Andere Gesellschaft zahlt von Anfang an das höhere, nicht das minimale Grundeinkommen. Diese Dinge werden drittens in einer gesellschaftliche Urwahl beschlossen. Man wird sie abhalten, sobald die Dinge möglich geworden sind in politischer und ökonomischer Hinsicht.